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EZB nähert sich "der Wand" Notenbanker überrascht

Nach der überraschend schwachen Leitzinssenkung der EZB haben Spitzen-Notenbanker am Freitag eine weitere geldpolitische Lockerung in Aussicht gestellt. "Eine weitere Zinssenkung kann nicht ausgeschlossen werden", sagte der niederländische Zentralbankchef Nout Wellink am Rande eines Treffens der europäischen Finanzminister und Notenbankchefs in Prag. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet beließ es dort bei seiner vorsichtigeren Formulierung vom Vortag: "Ich schließe nicht aus, dass wir in sehr maßvoller Weise vom gegenwärtigen Niveau nach unten gehen könnten." Österreichs Zentralbankchef Ewald Nowotny äußerte sich in einem Interview ähnlich.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte am Donnerstag ihren Leitzins überraschend lediglich um einen Viertel-Prozentpunkt auf nur noch 1,25 Prozent gesenkt. Wegen der sich verschärfenden Rezession und der andauernden Finanzkrise hatten Ökonomen mit einem deutlicheren Zinsschritt gerechnet. Auch die Erwartung der Finanzmärkte, die EZB könne nach dem Vorbild der US-Notenbank Fed und anderer Zentralbanken einen Kurswechsel vollziehen und bald zu unorthodoxen geldpolitischen Maßnahmen greifen, wurden enttäuscht.

Umstrittene Alternativen

Wellink sagte, er sei verwundert, dass die Finanzmärkte überrascht auf die Minizinssenkung am Vortag reagiert hätten. "Es liegt auf der Hand, dass man die Geschwindigkeit drosselt, wenn man sich der Wand nähert. Das ist so logisch, dass ich überrascht bin, dass einige Leute überrascht waren... aber es ist gut, die Märkte immer mal wieder zu überraschen, das ist kein Problem."

Trichet setzte bereits am Donnerstag einen Termin für eine Entscheidung über den weiteren geldpolitischen Kurs. Bei der nächsten Sitzung des EZB-Rats am 7. Mai soll nun endgültig Klarheit geschaffen werden über Art und gegebenenfalls auch bereits Umfang der alternativen geldpolitischen Maßnahmen, die die EZB ergreifen wird. In Prag bekräftigte er dies nochmals.

Wellink warnte unterdessen vor den möglichen Folgen einer aktiveren Steuerung der Geldmenge durch den Ankauf von Wertpapieren und damit de facto durch die Notenpresse. Schon die vor Monaten vorgenommene Ausweitung der Liquiditätsversorgung des Bankensystems durch längerfristige Refinanzierungsgeschäfte sei nicht unproblematisch, ebenso wenig die Erweiterung der im Gegenzug akzeptierten Sicherheiten. "Ich bin schon etwas in Sorge darüber, was bereits getan wurde. Die Öffentlichkeit übernimmt damit Risiken der Privatwirtschaft."

Bei 1,0 ist wohl Schluss

Wellink sagte, die Notenbank müsse für den Fall, dass sie ihren geldpolitischen Gestaltungsspielraum in Zukunft noch kreativer nutzen wolle, sicherstellen, dass keine negativen Folgewirkungen wie etwa ein mittelfristiger Anstieg der Teuerung entstünden. "Es ist elementar, nach dem Ende der Krise wieder zu einer normalen Geld-, aber auch Finanzpolitik zurückzukehren", sagte er nicht zuletzt mit Blick auf die milliardenschweren Konjunkturprogramme vieler Länder und die dadurch kräftig steigende Verschuldung.

Nach dem Mini-Zinsschritt vom Donnerstag prognostiziert das Gros der Ökonomen nun für Mai eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte auf 1,0 Prozent. Damit dürfte dann die Untergrenze beim Leitzins für die EZB erreicht sein. Sie reduzierte bereits am Donnerstag den Einlagezins für Bankguthaben, der zuletzt zu einer Art "Schattenleitzins" geworden war, auf 0,25 Prozent und will ihn nach den Worten Trichets auch eine Zeit lang auf diesem sehr niedrigen Niveau belassen.

Quelle: ntv.de

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