Koalition streitet weiter Opel als Wahlkampfthema
12.04.2009, 09:44 UhrDie Zukunft des Autoherstellers Opel bleibt Wahlkampfthema der Großen Koalition. SPD-Chef Franz Müntefering heizte die Diskussion in einem Interview an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde einem Staatseinstieg bei dem Autobauer zustimmen und damit ihre Haltung ändern müssen, sagte er der "Bild am Sonntag".
"Frau Merkel wird es nicht durchhalten, eine Staatsbeteiligung an Opel zu verweigern, wenn dies die einzige Möglichkeit zur Rettung des Unternehmens bedeutet. Dafür geht es um zu viele Arbeitplätze." Zwar sei auch er "dabei", wenn es darum gehe, zunächst einen Investor für Opel zu finden. Aber auch wenn dieser gefunden sei, könne es notwendig sein, dass mindestens für eine Übergangszeit der Staat bei Opel helfe. "Ich halte es jedenfalls für unklug, dass die Kanzlerin und andere sich auf ein Nein dazu festgelegt haben", sagte Müntefering. "Wir sollten nicht ausschließen, was nötig werden könnte."
Schon SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatte bereits mehrfach für einen Staatseinstieg bei Opel plädiert, falls kein Investor gefunden wird. Merkel stellt Staatsbürgschaften für einen privaten Geldgeber in Aussicht, lehnt eine Staatsbeteiligung aber ab. Opel beschäftigt rund 25.000 Menschen in Deutschland und ist eine Tochter des angeschlagenen US-Konzerns General Motors (GM). GM bereitet sich auf eine mögliche Insolvenz vor.
Seehofer skeptisch
Nicht nur bei Merkel, auch bei der CSU stößt ein Staatseinstieg auf wenig Gegenliebe. CSU-Chef Horst Seehofer reagierte am Wochenende zurückhaltend auf die Forderungen der SPD. "Man kann Steuergelder einsetzen für Arbeitsplätze, wenn dahinter ein zukunftsfähiges Unternehmenskonzept steht", sagte Seehofer. Die Politik sei aber auch die Anwältin der Steuerzahler. "Wir dürfen keinesfalls den Holzweg beschreiten, den man mit Holzmann beschritten hat.
Dort waren am Schluss das Geld und die Arbeitsplätze weg", sagte Seehofer zu dem gescheiterten Rettungsversuch des Baukonzerns Holzmann 1999 mit Hilfe des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD). Seehofer sagte, seine Skepsis beziehe sich nicht nur auf Opel. Er schließe auch den bayerischen Autozulieferer Schaeffler und Conti mit ein, "wo es um insgesamt 70.000 Arbeitsplätze geht".
Böhmer gegen Beteiligung
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) wandte sich gegen eine Staatsbeteiligung an Unternehmen, die wegen der Wirtschaftskrise Probleme haben. "Das würde schlicht die Insolvenz zulasten des Staates bedeuten", sagte Böhmer. "Wenn der Betrieb Marktchancen hat, wird sich mit Sicherheit ein Investor finden, der einsteigt. Und dem könnte man dann auch mit Bürgschaften helfen." Wenn private Investoren aber keine Zukunft für Unternehmen wie Opel sähen, würde die Bundesregierung nur Steuergelder verbrennen. "Und daran kann niemand Interesse haben."
Als Ausnahme betrachtet Böhmer die angestrebte Übernahme des strauchelnden Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate, den der Bund bereits mit Milliardensummen unterstützt hat. Dies sei die Bank, bei der die meisten Versicherungen ihre Gelder angelegt hätten. "Wenn jetzt diese ganzen Versicherungen plötzlich notleidend würden, weil die Bank pleitegegangen ist, wäre das ein riesiger Schaden, der dem Staat noch wesentlich mehr kosten würde." Da die Gefahr bestehe, dass Hunderttausende ihre Altersversorgung verlieren könnten, sei die Bank von der Bundesregierung zu Recht als systemrelevant eingestuft worden.
Hilfe für Opelaner
Unterdessen schließt EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla europäische Finanzhilfen für Opel-Mitarbeiter nicht aus. Wenn es bei dem angeschlagenen Autobauer zu Entlassungen komme, könne die Bundesregierung in Brüssel Gelder für Beschäftigungsprogramme beantragen, sagte Spidla. "Wenn Deutschland zu Opel eine Anfrage stellt, ist nicht ausgeschlossen, dass sie beantwortet wird wie alle anderen auch, sagte der tschechische EU-Kommissar. "Das sinkende Boot können wir nicht retten, aber wir können zumindest den Seeleuten helfen", sagte Spidla zu dem jährlich mit 500 Mio. Euro dotierten Globalisierungsfonds der EU. Damit hilft die Europäische Union entlassenen Arbeitnehmern bei der Umschulung und bei der Jobsuche.
Quelle: ntv.de, mit AFP, dpa