Fünf vor Zwölf Opel in Zeitnot
17.05.2009, 13:52 UhrFür den angeschlagenen Autobauer Opel tickt die Uhr. Vor der Kulisse einer drohenden Insolvenz der US-Mutter General Motors müssen alle Kaufinteressenten bis zum Mittwoch ihre Konzepte in Berlin vorlegen. Um auch im Falle einer GM-Insolvenz handlungsfähig zu bleiben, will die Bundesregierung die Opel-Anteile befristet von einem Treuhänder verwalten lassen, um dem Autobauer Zeit für die Investorensuche zu verschaffen. Zugleich beharrt Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) auf einer möglichen Insolvenz von Opel als Ausweg, wenn andere Rettungsversuche scheiterten. "Sollten die Konzepte nicht taugen und stünde Opel vor der Illiquidität, sähe ich kaum eine andere Option als eine geordnete Insolvenz", sagte der CSU- Politiker der "Welt am Sonntag".
Ein Treuhand-Modell solle nicht unter Führung des Staates entstehen, betonte Guttenberg in dem Interview. Auch die staatliche Bankengruppe KfW käme nicht als Treuhänder infrage. "Bei der privat ausgestalteten Treuhänderkonstruktion kann ich mir eine Beteiligung von GM und Vertretern der Gläubiger vorstellen", sagte der Minister. Daneben spielten in den gegenwärtigen Verhandlungen auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder "entsprechend fachlich aufgestellte Kanzleien" eine Rolle.
Das Treuhandmodell kann nach Ansicht von Guttenberg auch im Interesse der US-Regierung liegen. Nach Medienberichten stößt die Idee in den USA jedoch auf Widerstand. General-Motors-Chef Fritz Henderson trete die Eigentumsrechte nicht ab und auch die US- Regierung stelle sich quer, berichtet das Nachrichtenmagazin "Focus" unter Berufung auf deutsche Regierungskreise. Auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht keine Aussichten auf Erfolg. Die Ministerpräsidenten der Länder mit Opel-Werken unterstützen eine Treuhand-Lösung hingegen. Dies ergab eine Umfrage der "Süddeutschen Zeitung". Auch die in Hessen an der Regierung beteiligte FDP signalisierte Zustimmung.
Magna setzt auf Vielfalt
Der kanadisch- österreichische Autozulieferer Magna will im Falle eines Einstieges bei Opel laut einem Magazinbericht in den Werken auch Autos anderer Marken produzieren. "Die Idee bei Magna ist, eine offene Plattform für eine Vielzahl von Autoherstellern zu schaffen, auf der kleinere Modellreihen kosteneffizient über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg produziert werden können", berichtet die "Automobilwoche" unter Berufung auf einen Vertrauten von Magna-Chef Siegfried Wolf. Die Autohersteller PSA und Ford hätten bereits Interesse an einer Beteiligung geäußert.
Unter anderem wegen diesen Plänen wolle Magna alle Opel-Standorte in Deutschland erhalten, berichtet die "Welt am Sonntag". Bochum, Rüsselsheim und Eisenach seien für Magna interessante und effiziente Werke, heißt es unter Berufung auf das Unternehmensumfeld. Auch das Opel-Werk Kaiserslautern solle nach ersten Plänen nicht geschlossen werden. An den Werken in Antwerpen in Belgien und Luton in Großbritannien festzuhalten, werde jedoch schwer. Zudem beinhaltet das Magna-Konzept laut "Automobilwoche" die Erschließung des russischen Marktes.
Italienische Pläne
Der Opel-Interessent Fiat hat mit einer weltweiten Automobilgruppe aus Fiat, Opel und Chrysler dagegen komplett andere Pläne mit dem deutschen Traditionshersteller. "Lancia soll dem Konzept zufolge zugunsten von Opel wegfallen", sagte ein Vertrauter von Fiat-Chef Sergio Marchionne der "Automobilwoche". Saab solle mit Chrysler verschmolzen werden und sportlich ausgerichtete Modelle und Cabrios bauen, Alfa Romeo könnte von der Opel-Technik profitieren und ein weiteres großes Modell bekommen. Der neue Großkonzern solle mehr als fünf Mio. Autos pro Jahr produzieren und neue Märkte über das bisherige GM-Geschäft in Asien und Südamerika erschließen.
SPD-Fraktionschef Peter Struck sprach sich in Berlin direkt für das Magna-Konzept aus. Er warf Guttenberg mangelndes Engagement bei der Rettung von Opel vor. "Ich erwarte vom Bundeswirtschaftsminister, dass er an die Opel-Rettung beherzter rangeht als bisher. Er muss allen Beteiligten mehr Druck machen", sagte Struck der "Bild am Sonntag". Guttenberg warf wiederum der SPD vor, das Thema Opel vorwiegend unter Wahlkampfaspekten zu behandeln. "Ich kann die SPD nur ermuntern, in Sachen Opel auf den Pfad der Vernunft zurückzukehren", sagte der Minister der Nachrichtenagentur Reuters. "Nahezu jede Äußerung (von SPD-Politikern) scheint von Wahlkampfgedanken geprägt zu sein und trägt die Gefahr in sich, die Verhandlungsposition von Opel zu schwächen", warnte er.
Quelle: ntv.de, dpa