Madoff-Skandal Opfer begeht Selbstmord
23.12.2008, 15:59 UhrIn der Affäre um den mutmaßlichen Milliardenschwindel des ehemaligen US-Börsenchefs Bernard Madoff hat sich eines der Betrugsopfer umgebracht. Der Franzose Thierry de La Villehuchet habe sich in seinem New Yorker Büro selbst getötet, wird ein Vertrauter des Fondsmanagers zitiert. Der Manager habe sich die Pulsadern aufgeschnitten. Zudem habe er möglicherweise Schlaftabletten genommen. Einen Abschiedsbrief gebe es nicht. Die Polizei in New York bestätigte lediglich, dass im Büro von Access International ein 65-jähriger Mann tot aufgefunden wurde.
Villehuchet ist Mitgründer von Access, er hatte für europäische Kunden 1,5 Mrd. Euro bei Madoff investiert. Dieser soll Investoren nach seiner Zeit als Chef der US-Technologiebörse Nasdaq mit einem riesigen Schneeball-System, das er als Chef seiner Vermögensberatung betrieben habe, um Milliarden Dollar gebracht haben.
Nach Informationen der Zeitung "La Tribune" hatte der Franzose verzweifelt versucht, einen Teil der Investorengelder zu retten. Er habe diese Last nicht mehr ertragen können, zitierte das Blatt eine diesem nahestehende Person
Madoff kein Einzeltäter
Ermittler fanden mittlerweile nach Komplizen Madoffs. Die US-Finanzaufsicht SEC vernahm nach einem Bericht des "Wall Street Journal" einen engen Mitarbeiter von Madoff. Daneben steht demnach die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft der Madoff-Firma im Visier. Die These vom Einzeltäter Madoff erscheint auch Beobachtern immer unglaubwürdiger.
Die SEC befragte dem Zeitungsbericht zufolge den als "Leutnant" Madoffs geltenden Frank DiPascali. Dieser arbeitete seit 30 Jahren für Madoff und leitete das Büro im 17. Stock von Madoffs Firmensitz, das als Zentrale für den milliardenschweren Anlagebetrug gedient haben soll.
Die Antworten DiPiscalis, der die Konten von Madoffs Kunden verwaltete, werteten die SEC-Ermittler laut "WSJ" als "ausweichend" und "unverständlich". Neben dem Bürochef konzentrieren sich die Ermittler dem Magazin zufolge zudem auf David Friehling, der als Wirtschaftsprüfer nahe New York die Bilanzen Madoffs unter die Lupe nahm. Friehling soll demnach ebenfalls befragt werden.
Madoff nimmt alles auf sich
Madoff soll Investoren nach seiner Zeit als Chef der US-Technologiebörse Nasdaq mit einem riesigen Schneeball-System, das er als Chef seiner Vermögensberatung betrieben habe, um Milliarden gebracht haben. Madoff sagte vor der Bundespolizei FBI laut Anklageschrift aus, dass der Betrug, dessen Volumen er auf 50 Mrd. Dollar beziffert, ganz auf ihn alleine zurückgeht.
Nach dem Bericht des "WSJ" hatte Madoff zunächst eine Anlagestrategie für seine Kundengelder, die dann aber scheiterte. Später führte er demnach dann kaum noch oder sogar gar keine Transaktionen mehr aus, sondern zahlte lediglich das Geld neuer Kunden an seine Bestandskunden als Rendite aus. Das FBI nahm Madoff vor knapp zwei Wochen fest, inzwischen steht er unter Hausarrest.
Auch Beobachter gehen aber davon aus, dass der mutmaßliche Betrug Madoffs zu lange dauerte und zu viel Geld im Spiel war, als dass der Ex-Börsenchef ihn allein hätte bewerkstelligen können. Madoff hätte demnach sämtliche Bilanzen selbst gefälscht, falsche Verzeichnisse erstellen müssen und das gesamte System, das vor allem auf seinem Namen gründete, ohne jede Hilfe aufbauen müssen. "Es ist fast undenkbar, dass er eine derartige Konstruktion ganz alleine führen konnte", sagte Mace Blicksilver, Chef der Vermögensverwaltung Marblehead.
Family-Business?
Auch der Gründer des Fonds Seabreeze Partners, Doug Kass, hält es für undenkbar, "dass ein 70-jähriger Mann das alleine machen kann", sei es auch nur mit Hilfe seiner Buchhalter. "Das ist ein stattlicher Betrug, es ist unmöglich dass alleine oder auch zu fünft aufzuziehen", fügte er hinzu. Im Blick stehen daher etwa die Söhne Madoffs, die eng mit ihrem Vater zusammenarbeiteten, von dem Betrug den Aussagen zufolge aber nichts wussten. Auch die Nichte des Ex-Börsenchefs, Shana Madoff, steht im Blickpunkt. Sie ist mit einem Mitarbeiter der Finanzaufsicht SEC verheiratet.
Die Börsenaufsicht steht in dem mutmaßlichen Betrugsfalls ebenfalls in der Kritik: Bereits Anfang 2006 kamen ihre Kontrolleure einem Medienbericht zufolge fragwürdigen Machenschaften Madoffs auf die Spur. Sie hätten ihre Ermittlungen dann aber wieder eingestellt, weil sie die Unregelmäßigkeiten als nicht schwerwiegend genug gewertet hätten. Nun klagte laut "WSJ" von Dienstag ein Opfer des Finanzjongleurs gegen die SEC. Die New Yorkerin, die zwei Mio. Dollar verloren habe, werfe der Behörde vor, den mutmaßlichen Betrug nicht aufgedeckt zu haben, berichtete die Zeitung. Sie verlangt von der Finanzaufsicht demnach 1,7 Mio. Dollar Schadenersatz.
Quelle: ntv.de