Döpfner hat gerechnet PIN vor dem Aus
08.12.2007, 13:03 UhrNach der Niederlage im Kampf gegen den Post-Mindestlohn bereitet der Axel Springer Verlag Berichten zufolge die Schließung seiner Brieftochter PIN vor. Verlagschef Mathias Döpfner habe sich in den vergangenen Tagen im Aufsichtsrat die Rückendeckung geholt, um die PIN Group, wenn nötig, in die Insolvenz schicken zu können, meldet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Bei der Aufsichtsratssitzung am Montag soll darüber gesprochen werden, ob Springer noch einmal Geld nachschieße, um die PIN Group zu retten. Angeblich fehlen zehn Millionen Euro. PIN den Geldhahn zuzudrehen, wäre die kostengünstigste Art, das Geschäft zu beenden, höre man aus Springer-Kreisen.
Eine Verlagssprecherin verwies auf Aussagen Döpfners, wonach derzeit alle Optionen für die PIN Group geprüft werden. "Als Mehrheitseigentümer der PIN Group müssen wir uns mit allen Optionen ernsthaft auseinandersetzen, eine Entscheidung ist jedoch noch nicht getroffen worden", sagte sie.
Auch das Magazin "Focus" berichtet, Döpfner neige zu einer Schließung von PIN. Damit verlören rund 9000 Mitarbeiter ihre Stelle. PIN-Vorstandschef Günter Thiel kündigte in dem Magazin einen Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht an, sollte der Bundestag den Mindestlohn am Donnerstag beschließen. PIN hat wegen der geplanten Lohnuntergrenze von 9,80 Euro pro Stunde für Briefträger bereits die Entlassung von fast 900 Beschäftigten angekündigt.
Steinbrück spricht von Erpressung
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück griff die Konkurrenten der Deutschen Post scharf an. "Es ist eine Unverschämtheit, jetzt die Politik damit zu erpressen, man würde Leute rausschmeißen", sagte der SPD-Politiker dem "Focus". Das Geschäftsmodell einiger dieser Firmen verletze die guten Sitten. "Sie setzen darauf, Menschen so niedrige Löhne zu zahlen, dass der Staat und damit die Steuerzahler zuzahlen müssen, damit wenigstens ihr Existenzminimum gesichert wird", kritisierte er. Das sei eine systematische Ausbeutung des Steuerzahlers.
Der "Spiegel" berichtet, auch die PIN-Minderheitseigner, vor allem die Verlage WAZ und Holtzbrinck, seien nicht bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Sie halten die PIN Group für sanierungsfähig, sehen die Verantwortung für die Finanzierung aber beim Mehrheitseigentümer Springer. Der Verlag wolle offenbar die Abstimmung über den Mindestlohn im Bundesrat am 20. Dezember abwarten, glaube aber selbst nicht mehr an einen Stopp der Pläne. Die Chancen, einen Käufer für PIN zu finden, scheinen minimal, obwohl sich die Investmentbank JP Morgan darum bemüht. Der Insolvenzexperte Horst Piepenburg prüft bei PIN, ob eine Fortführung der Firma möglich ist.
Beck schürt Hoffnungen
Die Post AG ist laut SPD-Chef Kurt Beck bereit, Mitarbeiter der PIN Group im Falle eines Stellenabbaus bei der Post-Konkurrenz zu übernehmen. Der SPD-Vorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsident sagte der ARD, die Post AG habe ihm zugesichert, entlassene Mitarbeiter der PIN "zu vernünftigen Löhnen" bei der Post AG anstellen zu können.
Die SPD ist indirekt an der PIN Group beteiligt. Über die Medienholding der Partei, die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft, hält die SPD einen Anteil von 23,1 Prozent am Madsack-Verlag, der wiederum mit 5,9 Prozent an PIN beteiligt ist. Mehrheitlich gehört der Konkurrent der Deutschen Post zum Medienkonzern Axel Springer.
Jetzt sieht es Döpfner anders
Springer hatte bereits im November für die PIN Group bis zu 55 Millionen Euro Verlust in diesem Jahr prognostiziert. Nach neun Monaten waren es bereits knapp 50 Millionen Euro. Damals hatte Döpfner den Mindestlohn als Risiko vor allem für kleine und neue Anbieter bezeichnet. Für die großen Post-Konkurrenten wie PIN biete er sogar Wettbewerbsvorteile gegenüber kleineren. Deshalb müsse PIN auch bei einer Einführung des Mindestlohns ab Januar in der Bilanz nichts abschreiben.
Quelle: ntv.de