US-Finanzbranche in Not Paulson verteidigt Härte
15.09.2008, 20:36 UhrDer von der Finanzmarktkrise schwer getroffene US-Versicherungsriese AIG wird bei seiner Suche nach dringend benötigtem frischem Kapital vom Staat unterstützt. Der Konzern dürfe ab sofort Vermögenswerte seiner Töchter in Höhe von 20 Mrd. Dollar als Sicherheiten bei der Aufnahme neuer Darlehen verwenden, sagte der für die behördliche Aufsicht zuständige Gouverneur des Bundesstaates New York, David Paterson. Auf diese Weise könne sich AIG kurzfristig selbst Überbrückungskredite in dieser Höhe verschaffen.
Angesichts eines dramatischen Kursverfalls von AIG forderte Paterson zudem die Regierung in Washington zu zusätzlicher Unterstützung des Konzerns auf. Einem Bericht der "New York Times" zufolge bat die American International Group (AIG) bereits die US-Notenbank um einen Überbrückungskredit von 40 Milliarden Dollar (28 Mrd Euro). Damit solle eine Herabstufung des Kreditratings verhindert werden, das den Versicherer in weitere Finanzierungsschwierigkeiten stürzen würde. AIG zählt zu den weltweiten Branchenführern.
Paterson nannte AIG ein "gesundes Unternehmen", das derzeit allerdings Liquiditätsschwierigkeiten habe. Der Aktienkurs von AIG brach am Montag zeitweise um mehr als 60 Prozent ein. Seit Jahresbeginn verlor die Gesellschaft mehr als 90 Prozent ihres Börsenwerts. AIG erlitt zuletzt Milliardenverluste und wechselte wegen der Probleme den Chef aus.
"Unser Bankensystem ist sicher und gesund"
Angesichts der Turbulenzen bei der New Yorker Investmentbank Lehman Brothers hat US-Finanzminister Henry Paulson für Vertrauen in das US-Bankensystem geworben. "Unser Bankensystem ist sicher und gesund", sagte er vor Journalisten. Die US-Bürger könnten den Kundenbanken vertrauen, ihre Konten seien sicher.
Paulson deutete an, dass Bundeshilfen für AIG eher unwahrscheinlich seien. Die Suche des Versicherers nach Kapital sei "ein Bemühen des privaten Sektors", sagte Paulson. Zugleich verteidigte er seine Entscheidung gegen eine Stützung der Investbank Lehman Brothers.
Die Bank hatte infolge der Bankenkrise einen Konkursantrag gestellt. Weltweit brachen daraufhin die Aktienkurse ein. Der Dax rutschte kurzfristig unter die Marke von 6000 Punkten. Die Zentralbanken in den USA, der Eurozone und in Großbritannien pumpten dutzende Milliarden Euro in den Markt; zehn große internationale Banken legten einen Notfallfonds auf.
Paulson sieht gegenwärtig eine schwierige Phase an den Finanzmärkten, deren Wurzel in der Korrektur am Häusermarkt liege. "Es ist wichtig, dass die Aufsichtsbehörden wachsam bleiben, wir sind sehr wachsam", sagte Paulson im Rahmen einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
Es sei wichtig, die Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten. Seiner Einschätzung nach bedürfe es an den Märkten eines Gleichgewichts zwischen der Marktdisziplin einerseits und der Regulierung andererseits. Das Bankensystem der USA bezeichnete der Finanzminister dennoch als gesund.
"Moralischer Schaden"
Die Lage bei Bear Stearns im März sei anders gewesen als bei Lehman Brothers im September, erklärte der Finanzminister, allerdings ohne auf die Unterschiede näher einzugehen. Er habe niemals erwogen, die Mittel der Steuerzahler für die Rettung von Lehman Brothers einzusetzen, erklärte Paulson weiter. "Ich nehme 'moral hazard' nicht auf die leichte Schulter", sagte er im Hinblick auf frühere Eingriffe der Politik in das Finanzsystem.
Die US-Notenbank hatte im Zuge der Rettungsaktion von Bear Stearns illiquide Wertpapiere der Bank abgesichert und war für diese Rettungsaktion weithin kritisiert worden. Die Notenbank würde durch ihre Interventionen Banken dazu ermutigen, höhere Risiken einzugehen, hatte es geheißen.
Quelle: ntv.de