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Tarifkonflikt im Einzelhandel Pilotabschluss im Südwesten?

Der nach monatelangen Streiks vereinbarte Tarifabschluss für den baden-württembergischen Einzelhandel könnte zum Pilotabschluss für die gesamte Branche in Deutschland werden. Die Gewerkschaft Verdi erklärte, die Einigung sei Messlatte für die noch laufenden Tarifverhandlungen. "Wir betrachten den Abschluss als Grundlage für Vereinbarungen auch in anderen Ländern, die nicht unterschritten wird", sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane. "Wir hoffen, dass wir auch in anderen Ländern ganz schnell Tarifverträge unter Dach und Fach bringen." Die in einigen Ländern erhobenen Forderungen - etwa nach einem Mindesteinkommen, Vereinbarungen für mehr Sicherheit in den Verkaufsräumen oder höhere Nachtarbeitszuschläge - müssten in den weiteren Verhandlungen noch berücksichtigt werden.

Das Arbeitgeberlager plädierte dafür, die Einigung als Pilotabschluss für andere Bezirke zu übernehmen. Der gemeinsame tarifpolitische Ausschuss des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels und des Handelsverbandes BAG empfahl die Übernahme "unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten". Bundesweit sind etwa 2,6 Millionen Menschen im Einzelhandel beschäftigt, rund ein Drittel davon sind gewerkschaftlich organisiert.

Verdi in Nordrhein-Westfalen teilte mit, die Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite für die rund 400.000 Einzelhandelsbeschäftigten am 23. Juli wiederaufzunehmen. Der Abschluss in Baden-Württemberg sei eine "gute Verhandlungsgrundlage", sagte Verdi-Verhandlungsführerin Lieselotte Hinz. "Gleichwohl gibt es regionale Besonderheiten und damit an einigen Stellen durchaus noch Beratungsbedarf." Der Erhalt des Flächentarifs und die bis 2010 festgeschriebene Regelung bei den Zuschlägen seien die wesentlichen Aspekte des Abschlusses. "Damit sind Kernforderungen von Verdi weitgehend umgesetzt worden", sagte Hinz, die sich optimistisch für einen Durchbruch in NRW zeigte, wo Handelskonzerne wie Rewe, Metro oder Arcandor ansässig sind.

Zähe Verhandlungen bringen erstes Ergebnis

Die Gewerkschaft hatte am Donnerstag mit dem Einzelhandelsverband Baden-Württemberg nach mehr als ein Jahr dauernden Verhandlungen einen neuen Tarifvertrag abgeschlossen. Der rückwirkend von April 2007 bis Ende März 2009 laufende Vertrag sichert den Beschäftigten nach Berechnungen der Gewerkschaft einen Einkommenszuwachs "von knapp drei Prozent" pro Jahr zu. Damit bekämen die Beschäftigten einen "gewissen Inflationsausgleich", sagte Verdi-Verhandlungsführer Werner Wild. "Das ist das Volumen, was mindestens in anderen Ländern durchgesetzt werden muss", sagte der Gewerkschafter. Die von den Arbeitgebern auf breiter Front verlangte Streichung der Zuschläge für Spät- und Nachtarbeit sei verhindert worden.

Ihre Forderungen nach 5,5 Prozent mehr Lohn und einem tariflichen Mindesteinkommen von 1500 Euro konnte die Gewerkschaft in Baden-Württemberg für die rund 220.000 Einzelhandels-Beschäftigten allerdings nicht durchsetzen. "Wir verfolgen das Ziel Mindesteinkommen weiter", sagte Mönig-Raane. "Wir wollen mit dem Einzelhandel in das Entsende-Gesetz aufgenommen werden, um einen Mindestlohn festzuschreiben". Es dürfe in Deutschland im Handel keinen Wettbewerb zwischen den Unternehmen über die Einkommen und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten geben. Handelshäuser wie Ikea oder die Modekette Zara (Inditex), die nicht tarifgebunden seien, wolle Verdi zur Anerkennung der Tarifverträge zwingen.

Im kommenden Jahr fallen nach Verdi-Angaben die Tarifrunden im Einzel- und im Großhandel zusammen. Die Gewerkschaft wertet dies als "außerordentlichen Vorteil" für sich, da beispielsweise dem Großhandel zuzurechnende Lager von Einzelhändlern effektiver bestreikt werden könnten. Für die Beschäftigten im Großhandel war für dieses Jahr eine Tariferhöhung um 2,95 Prozent vereinbart worden.

Quelle: ntv.de

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