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Übernahme ja oder nein? Porsche stockt bei VW auf

Nach wochenlangen Gerüchten will der Stuttgarter Sportwagenbauer seine Beteiligung an Europas größten Autokonzern VW nun doch aufstocken. Als Übernahmeangebot will Porsche den Schritt jedoch nicht verstanden wissen. Porsche wolle bei VW lediglich die Beteiligungsschwelle von 30 Prozent überschreiten, um damit ein Pflichtangebot zur Übernahme auszulösen und "von dem Moment an jede Freiheit haben, zu reagieren." Erstmal dürfte das Pflichtangebot reine Formsache bleiben – denn für Anleger sind die Kurse an der Börse derzeit attraktiver.

Zuvor war bekannt geworden, dass der Aufsichtsrat der Porsche AG den Vorstand in seiner außerordentlichen Sitzung ermächtigt hat, die Beteiligung an der Volkswagen AG von derzeit 27,3 Prozent auf bis zu 31 Prozent der Stammaktien zu erhöhen und damit ein Pflichtangebot für Volkswagen abzugeben. "Der Vorstand beabsichtigt, diese Ermächtigung kurzfristig auszunutzen", hieß es weiter. Meldungen, wonach Porsche VW nun übernehmen wolle, wurden in Stuttgart als "Fehlinterpretation" bezeichnet. Aus Wolfsburg gab es zunächst keinen Kommentar zum angekündigten Pflichtangebot.

Ein Porsche-Sprecher widersprach zudem Spekulationen am Aktienmarkt, die Familien Porsche und Pich kauften seit Monaten VW- Aktien, um einen gemeinsamen Autokonzern zu schmieden. Diese Gerüchte stimmten "absolut nicht", sagte er. "Die Familien Porsche und Pich haben im Vorfeld weder Vorzugs- noch Stammaktien gekauft."

Hintergrund für die Aufstockung sei Porsche unter anderem der erwartete Fall des VW-Gesetzes, dass Porsche wegen der darin enthaltenen Stimmrechtsbeschränkungen für Großaktionäre ein Dorn im Auge ist - und voraussichtlich vom Europäischen Gerichtshof gekippt werden wird. Zudem sei der Schritt logisch, "um die weltweiten Herausforderungen im hart umkämpften Automobilmarkt noch besser bewältigen zu können".

Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking hatte noch Anfang März auf dem Genfer Autosalon bekräftigt, dass ein solcher Schritt nicht geplant sei und die Beteiligung unter der 30-Prozent-Marke gehalten werden soll. "Es gibt zurzeit keine Pläne, die darüber hinausgehen", hatte Wiedeking gesagt. Porsche war im September 2005 bei VW eingestiegen und hatte damals zunächst maximal 20 Prozent des stimmberechtigten Kapitals angepeilt. Auch damals war schon betont worden, dass die Beteiligung "auf keinen Fall" die Schwelle erreichen werde, bei der ein öffentliches Übernahmeangebot nötig sei.

Reine Formsache

Sobald Porsche mehr als 30 Prozent an VW besitzt, muss der Autokonzern formal ein Pflichtangebot abgeben. Porsche will jedoch lediglich den gesetzlichen vorgeschriebenen Mindestpreis anbieten. Dieser beläuft sich für die VW-Stammaktien voraussichtlich auf 100,92 Euro. Ein Aufschlag sei nicht angemessen, "da sich der Kurs der VW-Stammaktien seit Einstieg des Stuttgarter Sportwagenherstellers bereits mehr als verdoppelt und der der VW-Vorzugsaktien annähernd vervierfacht hat".

Mit dem Mindestpreis wird das Pflichtangebot von Porsche wohl ein formales bleiben, denn die Übernahmespekulationen haben alleine am Freitag den VW-Kurs um mehr als sechs Prozent auf 117,70 Euro nach oben getrieben und damit das Mindestangebot unattraktiv für die Aktionäre gemacht. Experten halten es aber nicht für ausgeschlossen, dass der Porsche-Anteil an VW noch über 50 Prozent steigt. "Ob, wann und zu welchen Konditionen weitere Erhöhungen erfolgen werden, steht gegenwärtig noch nicht fest", heißt es dazu in der Porsche-Mitteilung.

Niedersachsen bleibt Hauptaktionär

Einen Absage hat Porsche schon eingefahren: Das Land Niedersachsen will das angekündigte Pflichtangebot ablehnen und Hauptaktionär des Wolfsburger Konzerns bleiben. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüßte jedoch die Pläne von Porsche. "Angesichts der weltweiten Herausforderungen ist es ein Segen, dass die Volkswagen AG mit der Porsche AG und dem Land Niedersachsen zwei verlässliche Partner hat", sagte Wulff. Diese Partner hätten eine gemeinsame Vision für VW im weltweiten Wettbewerb der großen Automobil- Unternehmen. Das Land Niedersachsen hält knapp 21 Prozent der VW- Aktien.

Auch der VW-Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn äußerte sich zufrieden. "Eine stabile Aktionärsstruktur ist für das langfristig angelegte Automobilgeschäft sehr wichtig", erklärte er. Die erhöhte Beteiligung diene auch der weiteren Absicherung der weiteren Kooperation auf der Basis des bestehenden Grundlagenvertrages. "Der VW-Konzern und seine acht Marken haben noch großes Potenzial. Ich bin sicher, dass Porsche wie jeder Investor in die VW-Aktie damit ein gutes Investment tätigt", führte Winterkorn aus. Zum Pflichtangebot selbst bzw. zum Angebotspreis werde VW eine Stellungnahme abgeben, sobald das Angebot vorliegt.

Der VW-Betriebsrat begrüßte ebenfalls die von Porsche angekündigte Aufstockung der Beteiligung. Angesichts eines möglichen Wegfalls des VW-Gesetzes seien die beiden Großaktionäre Porsche und Niedersachsen extrem wichtig, um VW vor einer feindlichen Übernahme zu schützen, erklärte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh. "Porsche ist ein Unternehmen, das sich zum Standort Deutschland und seiner Verpflichtung zur Beschäftigungssicherung bekennt", fügte er hinzu.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der VW-Beteiligung baut Porsche auch seine Konzernstruktur um: Künftig sollen die Beteiligungen von einer Holding geführt werden, die zudem in eine europäische Aktiengesellschaft ("Societas Europaea"/SE) mit Sitz im Großraum Stuttgart umgewandelt werden soll. Das operative Geschäft werde in eine 100-prozentige Tochtergesellschaft mit Sitz in Stuttgart ausgegliedert, hieß es. Der Vorstand betonte in diesem Zusammenhang: "Porsche bleibt Porsche." Sowohl an der Struktur der Werke, den Zulieferern, Händlern und Partnern werde sich nichts ändern. "Die bestehenden Geschäftsverbindungen und Rechtsverhältnisse bleiben durch die Transaktion unberührt." Die Entscheidung über den gesellschaftsrechtlichen Umbau soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung voraussichtlich im Juni fallen.

Quelle: ntv.de

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