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Investitionsstopp bei Immobilien Preise in Berlin sinken

"Die Finanzkrise erreicht Berlin – Immobilienpreise stürzen ab", so titelt der "Tagesspiegel". Die Preise von Bürohäusern und Wohnimmobilien seien bereits in den vergangenen Monaten um 30 bis 50 Prozent gesunken.

Das klingt für Hausbesitzer erschreckend. Doch es ist wichtig zu differenzieren, wo die Finanzkrise in welchem Umfang zuschlägt. Denn nicht auf dem ganzen Immobilienmarkt sind die Zahlen so mies.

"Die Zahlen sind vollkommen übertrieben", sagt Thomas Rücker, Sprecher von Berlins größter Wohnungsbaugesellschaft GSW. In Wahrheit seien beispielsweise die Preise für Eigentumswohnungen vom zweiten Halbjahr 2007 zum ersten Halbjahr 2008 um 7,7 Prozent gesunken. Durchschnittlich kostete ein Quadratmeter rund 1200 statt zuvor 1300 Euro. Beim Gesamtverkauf der Einfamilienhäuser sank der Preis von 1052 Euro auf 1004 Euro – das ist ein Rückgang von 4,6 Prozent.

Mietshäuser sind das Problem

"50 Prozent, das ist definitiv zu hoch angesetzt", sagt auch Hans-Peter-Plettner, Vorstandschef der Deutschen Grundstücksauktionen. Die Preise für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser seien relativ konstant. "Nur bei den Mietshäusern ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen", so Plettner. "Wir haben beobachtet, dass dort die Preise um rund 30 Prozent zurückgehen."

Die Gründe dafür seien einfach, sagt der Experte. Seit 2003 explodierten die Kaufpreise für Mietshäuser in Berlin, weil ausländische Großinvestoren auf den Markt drängten. "Während dieser Zeit haben sich viele Investoren hier eingekauft, mit dem Geld von Lehman Brothers oder anderen Banken, die jetzt in die Bredouille geraten sind."

Die Preise seien in den letzten fünf Jahren "vollkommen unverhältnismäßig" um 50 bis 70 Prozent gestiegen. "Jetzt platzt diese Blase eben und die Investoren ziehen sich wieder zurück. Die Preise für Mietshäuser werden sich langsam wieder auf ein normales Maß einpendeln", sagt Plettner.

Die Nachfrage bleibt gesund

Plettner weist aber auch darauf hin, dass die Preise von Eigentumswohnungen im kommenden Jahr teilweise drastisch sinken könnten. Das habe aber einen ganz anderen Hintergrund als die reale Finanzkrise. "Hier kommt eher das psychologische Moment in den Köpfen der Menschen ins Spiel. Die Leute sind ob der aktuellen Hiobsbotschaften eben nicht bereit, so tief ins Portemonnaie zu greifen."

Trotzdem werde es wohl Ende 2008 oder Anfang 2009 eine verstärkte Nachfrage geben, denn Immobilien in Deutschland respektive in Berlin seien immer noch eine "relativ krisensichere Anlage". Die Nachfrage von Einzelpersonen aus In- und Ausland bleibe gesund, nur auf einem anderen Preisniveau, blickt Plettner voraus.

Nachfrageeinsturz bei Bürohäusern

Bleibt noch zu klären, wie es um die Bürohäuser bestellt ist. Hier kann Frank Orthen, geschäftsführender Gesellschafter der Berliner Beraterfirma City-Report, mit Zahlen weiterhelfen. "In- und ausländische Investoren haben 2007 für insgesamt 55 Milliarden Euro deutsche Gewerbeimmobilien gekauft. In diesem Jahr rechnen wir maximal mit 30 Milliarden, eher weniger", so Orthen.

Die Nachfrage ist also um 45 Prozent gesunken, nicht die Preise. Aus der Sicht der Verkäufer seien die Preise in Berlin um bis zu 20 Prozent gefallen, sagt Orthen.

Warum die Blase platzt

Wie aber kommt es eigentlich dazu, dass die Investitionen so stark zurückgehen, dass die von Hans-Peter Pletten angesprochene Blase platzt? Frank Orthen erklärt das so: "Die Vorteile der Investoren verteilten sich bei ihrem Markteinstieg auf vier Säulen." Zunächst wäre da der niedrige Einkaufspreis zu nennen, verglichen mit Objekten im Ausland. "Berlin ist im europäischen Vergleich immer noch sehr günstig", weiß Orthen.

An zweiter Stelle steht ein "gesicherter Cash Flow", sprich stabile wirtschaftliche Verhältnisse und eine gute Mieterschaft. Die dritte Säule bilden "gute wirtschaftliche Perspektiven", also Renditechancen. Und zu guter letzt kommt etwas ins Spiel, was die Fachleute "gute Exit-Möglichkeiten" nennen. Die Investoren versprachen sich große Gewinne über den Wiederverkauf der Immobilien.

Die vierte Säule wankt

"Die Finanzkrise bringt besonders die vierte Säule ins Wanken", sagt Orthen. Die Investoren haben große Probleme, neue Projekte zu finanzieren. Denn die Banken sind zurzeit einfach nicht mehr fähig oder bereit, das nötige Geld dafür zur Verfügung zu stellen. Also bleiben die anderen Investoren auf ihren Immobilien sitzen oder müssen diese unter Wert verkaufen.

Dass sie dies tun müssen, dafür sorgt ein zweites Problem die schwächelnden Renditen. Je fortgeschrittener der Boom war, desto mehr explodierten auch die Preise. Investoren, die spät auf den Zug aufsprangen, mussten hohe Kaufpreise abdrücken. Das funktioniert nur, wenn die Renditechancen entsprechend hoch sind. Oder im Klartext: Wenn die Mieten hoch genug sind.

Da dies aber in vielen strukturschwachen Gegenden wo häufig auch Leerstände zu beklagen sind - einfach nicht möglich ist, reichen die Mieteinnahmen nicht, um die Bankkredite zu tilgen. Auch deshalb müssen einige Investoren unter Wert ihre Immobilien auf den Markt werfen.

Der Pleitegeier kreist über die Investoren

Wegen Fehlspekulationen musste Anfang September der erste Großinvestor Insolvenz anmelden. Die Firma Level One hatte sich mit rund 30.000 Wohnungen unter anderem Plattenbauten in Berlin und Ostdeutschland eingedeckt. Dafür bezahlte sie in Deutschland seit 2005 rund 1,85 Milliarden Euro.

Zwar werden weitere Pleiten la Level One erwartet, Frank Orthen versucht aber, zu beruhigen: "Wir gehen davon aus, dass der Teufelskreis aus rückläufigen Investments und fallenden Preisen schon Mitte 2009 vorbei ist." Kapitalinvestoren aus Bereichen der Versicherungen und Pensionskassen könnten die sich nun bietenden günstigen Einstiegsmöglichkeiten schon bald nutzen.

Quelle: ntv.de

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