Kooperation mit Siemens Putin bietet Atom-Partnerschaft
03.02.2009, 20:09 UhrRussland hat dem Siemens-Konzern wenige Tage nach dessen Ausstieg beim französischen Nuklear-Unternehmen Areva eine "vollwertige Partnerschaft" im Atomenergie-Bereich angeboten. "Die Praxis hat gezeigt, dass die Zeit für eine vollwertige Partnerschaft zwischen Siemens und (der russischen Atomenergie-Behörde) Rosatom reif ist", sagte Russlands Regierungschef Wladimir Putin bei einem Treffen mit dem Siemens-Vorstand in Moskau.
Russland stehe bereit, um bei Atomenergie-Projekten auf dem eigenen Markt, in Deutschland und in Drittländern mit Siemens zu kooperieren. Es blieb unklar, ob sich beide Seiten eine Beteiligung von Siemens am russischen Nuklear-Konzern Atomenergoprom zum Ziel gesetzt haben.
"Wir freuen uns über die Einladung zu Gesprächen, unsere bestehende Zusammenarbeit in der Energietechnik auf das Feld der Kernkraft auszuweiten", sagte Siemens-Vorstandschef Peter Löscher in Moskau. Das deutsche Unternehmen hatte bereits Ende 2007 mit Rosatom eine Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit bei Nuklearprojekten getroffen. Löscher zufolge soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe bereits am Mittwoch die Arbeit aufnehmen und erste Ergebnisse bis Ende April vorlegen.
Tschernobyls langer Schatten
Auch 23 Jahre nach der Atomreaktor-Katastrophe von Tschernobyl hat die russische Nuklear-Technologie im Westen weiter mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Siemens betont dagegen, dass die modernen russischen Kernkraftwerke mittlerweile zu den zuverlässigsten weltweit gehörten, was auch von unabhängigen Experten aus den USA bestätigt worden sei.
Putin sagte bei dem Treffen, die bisherige Zusammenarbeit könne "womöglich eine neue Ausrichtung" bekommen. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete in dieser Woche, dass neben einigen Mitgliedern im Siemens-Aufsichtsrat auch die Bundesregierung Bedenken gegen eine enge Kooperation mit dem vom Kreml kontrollierten Konzern hege. Die frühere rot-grüne Bundesregierung hatte 2000 den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Die große Koalition aus SPD und CDU/CSU vereinbarte 2005 eine Fortsetzung der Regelung. Atomkraft-Befürworter fordern angesichts strenger Klimaschutz-Vorgaben und der zunehmenden Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen eine Abkehr vom Ausstieg.
Der Chef der russischen Atomenergie-Behörde Rosatom, Sergej Kirijenko, sagte, die Zusammenarbeit mit Siemens trage "zur Wiedergeburt der Atomkraft weltweit" bei. "Wir wollen beide eine größere Rolle auf dem Weltmarkt spielen, und die Vereinigung unserer Potenziale kann dazu beitragen", kündigte der frühere Regierungschef an. Beide Seiten betonten, man habe bei der Modernisierung von Atomkraftwerken sowjetischer Bauart durch Siemens in der Slowakei sowie bei den gemeinsamen Arbeiten zur Fertigstellung des bulgarischen Meilers in Belene "sehr gute Erfahrungen" gemacht und Vertrauen zueinander gefunden.
Der Siemens-Konzern setzt über die Atom-Kooperation hinaus im Russland-Geschäft trotz Finanzkrise auf umfangreiche Modernisierungsprojekte wie Energie-Einsparung, Verkehr und die Vorbereitung der Olympischen Winterspiele 2014. "Wir wollen große Infrastrukturlösungen für Russland anbieten", kündigte Löscher auf der auswärtigen Vorstandssitzung in Moskau an. Zu den wichtigsten Projekten zähle auch der erste russische Hochgeschwindigkeitszug, der ab Ende 2009 zwischen den größten Städten Moskau und St. Petersburg pendeln soll.
Die Siemens-Führung vereinbarte in Moskau den Bau eines Transformatorenwerks im südrussischen Gebiet Woronesch mit einer Investitionssumme von 35 Mio. Euro. Man sehe zudem "große Chancen", zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi Aufträge in den Bereichen Energie, Verkehr und Sicherheitstechnologie zu erhalten. Das Russland-Geschäft machte 2008 mit 1,2 Mrd. Euro zwei Prozent des gesamten Konzernumsatzes bei Siemens aus.
Quelle: ntv.de