Produktion von Solarzellen Qimonda setzt auf Sonne
05.05.2008, 22:12 UhrDer angeschlagene Speicherchip-Hersteller Qimonda baut sich ein zweites Standbein auf. Gemeinsam mit Centrosolar steige der Konzern in die Solarzellen-Fertigung ein, kündigte die Infineon- Tochter an. Dadurch werde Qimonda "künftig Zugang zu einem attraktiven Markt mit stabilen und hohen Wachstumsraten haben", sagte Konzernchef Kin Wah Loh. Im ureigenen Geschäft mit Speicherchips schreiben die Münchner aufgrund des starken Preisverfalls seit einem Jahr hohe Verluste, die auch die Mutter belasteten. "Wir wollen uns ein Geschäft aufbauen, dass unabhängig von unserem Kerngeschäft ist", sagte der fürs Tagesgeschäft zuständige Qimonda-Vorstand Thomas Seifert in einer Analystenkonferenz. "Speicherchips sind und bleiben aber unser Hauptprodukt."
Analysten zeigten sich skeptisch. Ihrer Ansicht nach droht ab dem kommenden Jahr ein Überangebot bei Solarzellen. Mit diesem Problem hat Qimonda bereits bei Speicherchips zu kämpfen. Seifert zeigte sich dennoch optimistisch angesichts weiter steigender Preise für fossile Brennstoffe, der anhaltenden Klimadiskussion sowie staatlicher Beihilfen für Solaranlagen. Gegen die etablierten Wettbewerber im Photovoltaik-Markt will er mit der Forschungs- und Entwicklungsleistung von Qimonda punkten; das Gemeinschaftsunternehmen selbst ist ein reiner Produktionsbetrieb.
Technische Ähnlichkeiten
Die Produktion von Solarzellen und Speicherchips ist technisch sehr ähnlich. Grundstoff ist in beiden Fällen Silizium. Bei den Speicherchips sind allerdings mehr Arbeitsschritte bis zum fertigen Produkt erforderlich. Auch die Entwicklung ist aufwendiger. Entsprechend höher sind die Gesamtkosten. Ein neues Werk kostet schnell einen Milliardenbetrag. Im Bezug auf den Bau der Solarzellen- Fabrik im portugiesischen Vila do Conde sprach Qimonda-Chef Loh von einem "günstigen Kapitaleinsatz". Die Anfangsinvestition beträgt 70 Millionen Euro, die zu großen Teilen über Kredite und staatliche Beihilfen bestritten wird. An dem Gemeinschaftsunternehmen wird Qimonda mit 51 Prozent die Mehrheit halten. Der Bau des Werks soll im Sommer beginnen und in der zweiten Jahreshälfte 2009 beendet sein. Am Standort betreibt Qimonda bereits eine Speicherchip-Fabrik.
"Wir haben in Centrosolar einen Partner gefunden, der uns Zugang zu den Märkten verschafft", begründete Vorstand Seifert die Wahl. Qimonda dagegen habe einen günstigen Zugang zum Silizium und besitze das nötige Know-how für die Verarbeitung. Bislang stellt Centrosolar keine eigenen Solarzellen her, sondern kauft fremde zu, um sie in Module zu verbauen. In der Anfangszeit wird die komplette Produktion des Gemeinschaftsunternehmens an Centrosolar gehen, erst später soll die Hälfte am Markt verkauft werden. Centrosolar beschäftigt 500 Mitarbeiter und gehört nach eigenen Angaben zu den führenden Herstellern von Photovoltaik-Systemen für Dächer.
Umsatz von 200 Millionen im Visier
150 Mitarbeiter in Portugal sollen schon bald jährlich bis zu 30 Millionen Solarzellen herstellen. Sobald die Produktion ab 2010 voll hochgelaufen ist, erwartet Vorstand Seifert einen Umsatz von 200 Millionen Euro. Für Qimonda wäre dies ein kräftiger Zugewinn. Von Januar bis März war der Umsatz wegen des Preisverfalls bei Speicherchips auf 412 Millionen Euro zusammengeschmolzen; unterm Strich stand ein Verlust von 482 Millionen Euro. Jeder zehnte der 13500 Mitarbeiter soll angesichts der dramatischen Lage nun gehen. Größter Standort ist Dresden.
Qimonda hatte zum Jahresanfang schon einmal versucht, durch den Vorstoß auf einen neuen Markt den Preisrutsch im Kerngeschäft abzufedern. Die Partnerschaft mit dem taiwanesischen Wettbewerber Macronix bei der Entwicklung von Flash-Speichern, wie er etwa in Digitalkameras eingesetzt wird, beendeten die Münchner jedoch nach nur vier Monaten. Nun hat sich Qimonda dem japanischen Wettbewerber Elpida zugewandt. Die beiden wollen gemeinsam Speicherchips entwickeln. Auch ein Einstieg von Elpida bei Qimonda ist nicht ausgeschlossen. Infineon sucht seit Monaten einen Käufer für den 77,5-Prozent-Anteil an der Tochter.
Quelle: ntv.de