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Bush und Paulson drängeln Rettungspaket hängt fest

In den USA dürften sich die Beratungen über das milliardenschwere Rettungspaket für die kriselnde Finanzbranche bis in die kommende Woche hinziehen. Um Details des Rettungsplans zur Stabilisierung der Finanzmärkte ist in Washington ein erbitterter Streit entbrannt. Eine rasche Einigung scheint nicht in Sicht.

Angesichts des politischen Gerangels macht die US-Regierung jetzt Tempo. Von Dienstag an wollen US-Finanzminister Henry Paulson und Notenbankchef Ben Bernanke die Kongressabgeordneten in einer zweitägigen Anhörung zu einer schnellen Zustimmung bewegen. Trotzdem rechnete kaum noch jemand mit einer Einigung in dieser Woche, so dass die Ungewissheit über den Rettungsplan weiter auf der Finanzwelt lasten dürfte.

Das größte Finanzmarktdebakel seit der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren hat die Märkte weltweit erschüttert und die Wall Street dramatisch verändert. Am Finanzmarkt nahm die Skepsis über das Rettungspaket zu: Die Wall Street hatte am Montag kräftige Verluste verbucht und auch der Dax in Frankfurt notierte deshalb am Dienstag rund ein Prozent schwächer.

"Sehr ernsthafte Folgen"

US-Notenbankchef Ben Bernanke zufolge befinden sich die Finanzmärkte immer noch in extremen Turbulenzen. Deshalb rief Bernanke den Kongress dazu auf, das geplante Kreditpaket rasch voranzutreiben, um die Situation zu stabilisieren und "sehr ernsthafte Folgen" zu verhindern.

Die Notenbank stehe hinter den Vorschlägen des Finanzministeriums, den angeschlagenen Banken ihre faulen Kredite für insgesamt bis 700 Mrd. Dollar abzukaufen, hieß es einer Stellungnahme Bernankes vor dem Kongress, die vorab verbreitet wurde.

Wahlkampfthema Nr. 1

Der Streit zwischen US-Regierung und Kongress um Details des Rettungsplans steht nicht zuletzt im Zeichen der Präsidentenwahl in den USA in rund sechs Wochen.

Mit der Wirtschaft als dominierendem Wahlkampfthema streben die Politiker in Washington zwar eine schnelle Rettung der Finanzbranche an, um weitere Marktturbulenzen zu verhindern.

Zugleich wollen die Kongressabgeordneten den Plan der scheidenden Regierung George W. Bushs nicht einfach durchwinken, weil sich viele von ihnen am 4. November ebenfalls zur Wahl stellen müssen.

"Kein Blanko-Scheck"

"Wir stellen der Wall Street keinen Blanko-Scheck aus", sagte zum Beispiel die demokratische Präsidentin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi. Die Demokraten, die im Repräsentantenhaus und Senat die Mehrheit haben, erklärten, sie hätten bei der Bush-Regierung eine ihrer Hauptforderungen durchgesetzt: die Schaffung einer Kontrollbehörde für den Rettungsplan.

Der einflussreiche Republikaner im Bankenausschuss des Senats, Richard Shelby, lehnte die jetzige Fassung des Plans ab und forderte die Prüfung von Alternativen. "Ich fürchte, dass der Vorschlag des Finanzministeriums weder durchführbar noch umfassend genug ist", teilte Shelby mit. "Meiner Meinung nach wäre es dumm, riesige Summen an Steuergeldern an einer Idee zu verschwenden, die hastig zusammengeschustert wurde."

Gibt es eine Alternative?

Erbittert gerungen wurde auch um Höchstgrenzen für die Abfindungen für Manager der geretteten Unternehmen. Aus dem Finanzministerium verlautete zudem, dass die Regierung entgegen dem Vorschlag der Demokraten keine Anteile der Unternehmen übernehmen wolle.

Die demokratische Senatorin von New York, Hillary Clinton, forderte zudem die Schaffung einer Einrichtung, wie sie auch zur Bekämpfung der Großen Depression eingesetzt worden war. Diese soll den amerikanischen Bürgern zunächst ihre Hypotheken abkaufen und dann später weiterverkaufen, sagte Clinton.

Die Regierung wies ihrerseits Kreisen zufolge Forderungen aus dem Kongress zurück, wonach sie sich an Unternehmen beteiligen soll, denen sie Problemkredite abgekauft hat. Zugleich unterstrich die Regierung die Notwendigkeit einer schnellen Zustimmung zu ihren Vorschlägen. Nur so könne Schaden von der Gesamtwirtschaft abgewendet werden, teilte das Weiße Haus mit.

Risiko verstaatlichen

Die US-Regierung will jene Problemkredite aufkaufen, die den Finanzinstituten in der jüngsten Krise zum Verhängnis geworden sind. Die Bundesregierung erteilte einem vergleichbaren Plan für die deutsche Bankenbranche eine Absage. Auch die anderen G7-Staaten planten keine ähnlichen Maßnahmen.

Gemeinsam sicherten die sieben führenden Industrienationen (G7) aber zu, angesichts der Krise verstärkt zum Schutz der Weltwirtschaft zusammenzuarbeiten. Die Ungewissheit über den Rettungsplan lastete am Dienstag auf den Börsen in Asien und Australien und hatte bereits am Montag an den US-Aktienmärkten zu kräftigen Verlusten geführt.

OECD dafür

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat den Rettungsplan der US-Regierung zur Stabilisierung der Finanzmärkte ausdrücklich gelobt. "Diese Maßnahme wird die Voraussetzungen für die so nötige Rekapitalisierung der Finanzinstitute schaffen", erklärte OECD- Generalsekretär Angel Gurra.

Die Geldinstitute könnten belastete Hypothekarprodukte abstoßen, neues Kapital aufnehmen, das Vertrauen ihrer Partner wiedergewinnen und damit den Kreditmarkt wieder liquider machen, beschrieb Gurra das Konzept. Der Plan stabilisiere die Weltwirtschaft und bewahre Beschäftigung und Wirtschaftstätigkeit, erklärte Gurra.

Alleine die Ankündigung habe bereits "eine teilweise Rückkehr zur Normalität auf den amerikanischen und Weltfinanzmärkten ausgelöst". Diese Erholung dürfte im Zuge der Ausarbeitung und Umsetzung des Plans weitergehen. Die OECD werde eng mit den Zentralbanken und Regierungen bei den Reformen der Marktaufsicht zusammenarbeiten.

Ende einer Ära

Mit der dramatischen Zuspitzung der Finanzmarktkrise in der vergangenen Woche sehen Beobachter eine Ära an der Wall Street zu Ende gehen. Mit Goldman Sachs und Morgan Stanley warfen am Montag die beiden letzten großen US-Investmentbanken ihr Geschäftsmodell über Bord und gaben ihre Umwandlung in gewöhnliche Geschäftsbanken bekannt.

Zu Jahresanfang gab es in den USA noch fünf große Investmentbanken. Bear Stearns und Merrill Lynch retteten sich seither in die Arme der breiter aufgestellten Häuser JPMorgan und Bank of America, Lehman Brothers musste Insolvenz anmelden.

Quelle: ntv.de

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