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Staatsanwalt fordert Siemens soll zahlen

Im Prozess um korrupte Kraftwerksgeschäfte der Siemens AG in Italien hat die Staatsanwaltschaft Haftstrafen für die Verantwortlichen und eine Abschöpfung des Millionengewinns verlangt. Der Münchner Konzern solle 97,7 Mio. Euro als Abschöpfung des entstandenen Gewinns (so genannter "Verfall") an die Staatskasse zahlen, verlangte Oberstaatsanwalt Ulrich Busch in seinem Plädoyer vor dem Landgericht Darmstadt. Siemens-Manager hatten ihrem Unternehmen mit der Zahlung von über 6 Mio. Euro Schmiergeld zwei Aufträge des italienischen Energie-Konzerns Enel im Gesamtwert von 450 Mio. Euro gesichert, von dem 346 Mio. auf den Münchner Konzern entfielen.

Der frühere Finanzchef der Kraftwerkssparte, Andreas K., habe sich der internationalen Bestechung von Amtsträgern, der Bestechung im geschäftlichen Wettbewerb und der Untreue in jeweils zwei schweren Fällen schuldig gemacht. Für den 63-Jährigen forderte Busch drei Jahre und sechs Monate Haft. Der ebenfalls angeklagte Ingenieur und vormalige Verhandlungsführer Horst V. solle wegen der Korruptionsanklagepunkte zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt werden. Dem 73-Jährigen könne im Gegensatz zu K. keine Untreue des Siemens-Vermögens vorgeworfen werden.

Die Verteidiger des Finanzchefs verlangten Freispruch für ihren Mandanten. Rechtsanwalt Eberhard Kempf stellte schon die Zuständigkeit des Gerichts in Frage, da der Ort der Anklage nicht über die europäische Clearingstelle Eurojus abgestimmt worden sei. Der Vorwurf der Untreue greife nicht, da der Siemens AG durch das Verhalten K.s kein Schaden entstanden sei. Auch die Enel sei nicht geschädigt worden, da die Bestechungssumme nicht in die Aufträge hineingerechnet worden sei. Die beiden bestochenen Enel-Manager seien zudem nicht als Amtsträger zu bezeichnen.

Der Verteidiger von Horst V. verlangte, seinen bei dem Geschäft nur auf Weisung tätigen Mandanten als Gehilfen zu höchstens zwölf Monaten Haft zu verurteilen.

Den Brutto-Gewinn der Siemens AG aus den zwei Turbinen-Lieferungen an den italienischen Konzern in den Jahren 1999 und 2000 bezifferte Ankläger Busch auf 103,8 Mio. Euro. Davon seien lediglich 6,12 Mio. Euro abzuziehen, die Siemens bereits nach einem ersten Prozess in dieser Sache in Mailand an den italienischen Staat gezahlt hat. Damals waren die beiden Italiener und zwei weitere Siemens-Angestellte verurteilt worden. Eine privatrechtliche Vereinbarung, bei der Siemens Enel Ende 2003 Leistungen über 112 Mio. Euro zugesagt hatte, sei hingegen nicht anzurechnen.

Siemens-Anwalt Martin Reymann-Brauer lehnte die Forderung der Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf das rechtskräftige Urteil aus Mailand ab. Es sei rechtlich nicht möglich, ein zweites Mal einen "Verfall" gegen Siemens anzuordnen. Unter dem Strich habe die Siemens AG zudem keinen Gewinn erzielt, der noch abgeschöpft werden könnte. Unter anderem müssten die späteren Zahlungen an Enel und die Bestechungsgelder angerechnet werden.

Oberstaatsanwalt Busch sparte nicht mit Kritik an dem Unternehmen. Das zumindest beim ersten Geschäft verwendete System von Firmen und Stiftungen unter anderem in Liechtenstein kenne er sonst nur aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität, meinte der Ankläger. Auch der Umstand, dass Bereichsvorstand K. bei seinem Ausscheiden noch eine Abfindungszahlung von 1,7 Mio. Euro erhalten habe, lasse keine besondere Distanzierung des Konzerns zu seinem Handeln erkennen. Das Gericht will sein Urteil am kommenden Montag verkünden.

Quelle: ntv.de

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