800 Millionen Dollar US-Strafe Siemens vor Vergleich
13.12.2008, 17:34 UhrSiemens steht in der Korruptionsaffäre offenbar kurz vor einem Vergleich mit der US-Börsenaufsicht SEC sowie den deutschen Justizbehörden. Medienberichten zufolge einigte sich das Unternehmen mit den US-Behörden auf eine Strafzahlung von 800 Mio. US-Dollar (rund 600 Mio. Euro). Die Münchner Staatsanwaltschaft wollte demnach in den kommenden Tagen eine weitere Geldbuße von 400 Mio. Euro verhängen.
Ein Unternehmenssprecher teilte am Samstag mit, man stehe "kurz vor dem Abschluss der Untersuchungen durch die SEC und das US-Justizministerium". Ein Aufsichtsratsmitglied sagte der "Süddeutschen Zeitung", das Verhandlungsergebnis solle bereits am Montag bei einer Sondersitzung des Aufsichtsrates in München angenommen werden.
Der Vergleich sieht demnach vor, dass Siemens wegen mangelnder interner Kontrollen und Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften 800 Mio. US-Dollar an die US-Behörden zahlt, im Gegenzug aber nicht wegen Bestechung verurteilt wird. In den Ermittlungsunterlagen werden Siemens mehr als 4000 Zahlungen von insgesamt mehr als einer Milliarde Euro zur Last gelegt.
Siemens-Mitarbeiter hatten in der Vergangenheit weltweit Zahlungen für Beraterverträge angewiesen, ohne dass entsprechende Gegenleistungen erbracht wurden. Die SEC spricht von 1,4 Mrd. US-Dollar, die zwischen 2001 und 2007 geflossen sein sollen. Wenn der Aufsichtsrat dem Vergleich zustimmt und die Vereinbarung vor Gericht besiegelt wird, könnten die Verfahren in den USA postwendend eingestellt werden.
Auch die noch laufenden Ermittlungen in Deutschland könnten mit einem Vergleich enden. Die Entscheidung steht nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" in einem "zeitlichen Zusammenhang" mit den Strafen in den USA. Wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Unternehmenskreise berichtete, wird "in den nächsten Tagen" mit einer Entscheidung der Münchner Staatsanwaltschaft gerechnet.
Die Zahlung werde rund 400 Mio. Euro betragen, berichtete die "WamS". Damit würde eine von Siemens gebildete Rückstellung für die zu erwarteten Geldstrafen von einer Milliarde Euro genau ausreichen. Im vergangenen Jahr war Siemens bereits zu einer Geldbuße von 201 Mio. Euro verurteilt worden. Diese wurde aber nur für schwarze Kassen in der früheren Kommunikationssparte Com verhängt - für Schmiergeldzahlungen in anderen Sparten stand eine Strafe bislang noch aus.
Um sich einen Teil des Geldes zurückzuholen, verklagt Siemens frühere Manager auf Schadensersatz. Das Unternehmen bestätigte einen Bericht der "SZ", wonach der Konzern gegen ehemalige Führungskräfte der Siemens-Landesgesellschaft in Griechenland vorgehen wird. Namen nannte das Unternehmen der "SZ" zufolge nicht. Nach Informationen des Blattes handelt es sich um den Ex-Chef von Siemens-Griechenland und einen früheren Generaldirektor in Athen.
Unterdessen wurde bekannt, dass IG-Metall-Chef Berthold Huber Vize-Vorsitzender des Siemens-Aufsichtsrats werden soll. Wie die "SZ" berichtete, will die Arbeitnehmerseite Huber im Anschluss an die Siemens-Hauptversammlung am 27. Januar für den Posten vorschlagen. Damit würde erstmals ein Gewerkschaftsfunktionär ein so hohes Kontrollamt bei Siemens ausüben.
Quelle: ntv.de