Finanzmarkt-Desaster Staat muss regulieren
17.11.2008, 12:35 UhrDer Staat sollte als Lehre aus der Finanzkrise nach Ansicht von Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen auch weiterhin stärker regulierend in die Finanzmärkte eingreifen. "Es hat sich in der Krise gezeigt, dass Selbstregulierung nicht ausreicht, um Finanzstabilität zu gewährleisten. Wir brauchen die ordnende Hand der Staaten, die Regeln setzen und auch durchsetzen", sagte Asmussen auf der Bankentagung "Euro Finance Week" in Frankfurt am Main. Er betonte jedoch: "Blindes Marktvertrauen führt ebenso in die Irre, wie blindes Staatsvertrauen."
Den bislang weitgehend freien Markt für Kreditversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS), will das Bundesfinanzministerium nach den Worten von Asmussen künftig stärker regulieren. Wichtig wäre dazu beispielsweise der Aufbau eines zentralen Handelsplatzes, wie ihn die Deutsche Börse für Kreditderivate angeboten habe.
Er begrüße die von Brüssel geplante Registrierung und Überwachung von Rating-Agenturen in der Europäischen Union, sagte Asmussen. Europa solle in diesem Punkt Vorreiter sein und weltweit Standards setzen. Rating-Agenturen wurden als Mitverursacher der Finanzmarktkrise scharf kritisiert: Sie hatten Ramschkredite ungeachtet der Risiken mit Höchstnoten versehen. Mit Blick auf die Banken bekräftigte Asmussen, das Niveau der Kapitalausstattung müsse mittelfristig grundsätzlich überdacht werden. Es sei sinnvoll, "zusätzliche Sicherheitsschwellen" einzubauen.
"Regierungen dankbar sein"
Nach Angaben des Wirtschaftsweisen Bert Rürup stand das globale Finanzsystem Mitte September vor einem Kollaps. "Man kann den Regierungen nur dankbar sein, dass sie diesen Kollaps verhindert haben", sagte er bei n-tv.
Ursache der Finanzkrise ist laut Rürup ein Zusammenwirken mehrerer Faktoren. "Die Basis wurde gelegt durch eine viel zu lange, zu expansive Geldpolitik unter Greenspan (ehemaliger US-Notenbankchef - d.R.). Dann kamen neue Verbriefungen, Strukturierungstechniken hinzu nach dem Motto: Wie macht man aus Wasser Wein? Dann glaube ich, hatten wir ein Versagen der Rating-Agenturen, die Produkte geratet hatten, die man eigentlich noch nicht hätte raten können. Für Rating sind lange Biografien erforderlich. Die gab es nicht."
Weber will mehr Kompetenzen
Bundesbank-Chef Axel Weber forderte eine deutliche Stärkung der Kompetenzen der Bundesbank. "Zur Finanzstabilität beizutragen sollte (...) in das gesetzliche Mandat der Deutschen Bundesbank aufgenommen werden und in unserem Zielkatalog eine exponierte Stellung erhalten", sagte Weber auf der Konferenz. Die Zentralbanken trügen eine besondere Verantwortung für die Sicherung stabiler Finanzmärkte. Dies habe sich besonders in der aktuellen Krise gezeigt.
Trotz vielfacher Kritik an der deutschen Bankenaufsicht habe sich die Aufteilung zwischen der Bundesbank und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Grundsatz bewährt. "In derart turbulenten Zeiten wird die Zusammenarbeit von Zentralbanken und Bankenaufsehern zwangsläufig auf die Probe gestellt. Das deutsche Modell einer Allfinanzaufsicht mit maßgeblicher Beteiligung der Bundesbank in der Bankenaufsicht hat sich als tragfähig erwiesen."
Deutschland wäre der Finanzkrise "auch mit einer anderen Aufsichtsstruktur nicht entkommen", sagte Weber. "Die Lehre aus der Finanzkrise ist meines Erachtens eine andere: Fehlentwicklungen im Finanzsystem sollten von der Aufsicht weltweit künftig früher und beherzter angegangen werden." Der Weltfinanzgipfel in Washington habe hier erste Weichen gestellt.
Weber warnte jedoch vor überzogenen Erwartungen. Auch dürfe die Kontrolle des Finanzsystems nicht zu weit gehen. "Mehr Regulierung ist (...) nicht zwangsläufig gleichbedeutend mit besserer Regulierung. So sehr der derzeitige Reformeifer auch gerechtfertigt und begrüßenswert ist - er sollte nicht in eine Überregulierungswut umschlagen.
Quelle: ntv.de