"Das ist reine Geldschöpfung" Stark kritisiert G20-Hilfe
07.04.2009, 13:35 UhrDie vom Weltfinanzgipfel beschlossene Verdreifachung der Mittel des Internationalen Währungsfonds sorgt für Streit über die Folgen für die globale Konjunktur. Während der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, Kritik übte und vor Inflationsgefahren warnte, erklärte der Wirtschaftsberater des Kreml, Arkadi Dworkowitsch, er könne keine Gefahr eines globalen Preisauftriebs infolge der Beschlüsse erkennen.
Die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) hatten vergangene Woche in London beschlossen, die Finanzausstattung des IWF um rund 750 Mrd. US-Dollar aufzustocken. Mit dem Geld soll den von der Wirtschaftskrise besonders hart getroffenen Ländern geholfen werden. Ein Drittel der Summe sollen durch die Zuteilung weiterer Sonderziehungsrechte, der Kunstwährung des IWF, aufgebracht werden.
Helikopter-Geld
An diesen Punkt entzündet sich nun die Kritik Starks: "Das ist reine Geldschöpfung. Das ist Helikopter-Geld für den Globus", sagte er dem "Handelsblatt". "Es hat keine Prüfung darüber gegeben, ob es einen globalen Bedarf an zusätzlicher Liquidität überhaupt gibt." Früher habe man sich viel Zeit genommen, um derart weitreichende Entscheidungen zu prüfen, kritisierte das deutsche Mitglied im EZB-Direktorium.
Die Sonderziehungsrechte des IWF wurden 1969 eingeführt und sind eine Art Kunstwährung. Sie basiert einerseits auf einem Währungskorb aus Dollar, Euro, Yen und Pfund. Andererseits ist sie das Maß für den jeweiligen Einfluss der 185 Mitgliedsstaaten beim IWF, weil diese Sonderziehungsrechte (SZR) gemäß ihres Anteils an der Weltwirtschaft zugeteilt bekommen.
Die SZR waren unlängst wieder ins Gespräch gekommen, als Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan sie als Ersatz für den Dollar als bisherige Weltleitwährung vorgeschlagen hatte. Dieser Vorstoß hatte international Widerspruch hervor gerufen. Kreml-Berater Dworkowitsch sagte nun, er wolle beim IWF eine Studie in Auftrag geben, damit geprüft werde, ob die SZR nicht doch eine solche Funktion übernehmen könnten.
Die von EZB-Chefvolkswirt Stark zitierte Wortschöpfung "Helikopter-Geld" geht auf Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman zurück und meint die massive Ausweitung der Geldmenge durch die Notenbank, die im Bild quasi Geld aus dem Hubschrauber abwirft. Dass sich der heutige Chef der US-Notenbank Ben Bernanke vor seinem Amtsantritt 2002 in einer Rede auf Friedman bezog, brachte ihm den Spitznamen "Helikopter-Ben". Die Fed hat im Kampf gegen die schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten mittlerweile die Notenpresse angeworfen.
Starks Vorgänger als EZB-Chefökonom, der Wirtschaftsprofessor Otmar Issing, verteidigte derweil die expansive Geldpolitik der Notenbanken im Kampf gegen die Rezession. "Wenn die Krise da ist, müssen die Notenbanken die Schleusen öffnen", sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit". Allerdings sei es wichtig, dass das zusätzliche Geld bei einem Konjunkturaufschwung rechtzeitig wieder aus dem Wirtschaftskreislauf abgezogen werde, damit es nicht zu einem Inflationsschub komme. "Wenn man das Feuer löscht, muss man aufpassen, dass der Wasserschaden am Ende nicht größer ist als der Schaden, den der Brand angerichtet hat."
Quelle: ntv.de