Wütende Aktionäre Stimmung bei der Coba
16.05.2009, 10:04 UhrDie Debatte über den Staatseinstieg bei der angeschlagenen Commerzbank wird am heutigen Samstag fortgesetzt. Angesichts einer langen Rednerliste aufgebrachter Aktionäre vertagte Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller den Abstimmungsprozess bei der gestrigen Hauptversammlung.
Die Commerzbank will sich von ihren Anteilseignern die Zustimmung holen für die zehn Mrd. Euro, die der Staat ihr Anfang des Jahres zuschießen musste. Der Bund erhält dafür eine Beteiligung von 25 Prozent plus eine Aktie und steigt zum größten Anteilseigner des Instituts auf. Bereits im Herbst 2008 hatte sie vom Staat 8,2 Mrd. Euro Eigenkapital in Form einer Stillen Einlage bekommen.
Eine Zustimmung zu dem Einstieg ist so gut wie sicher. Zwei Drittel des bei der Hauptversammlung anwesenden Kapitals sind dafür notwendig. Angesichts der niedrigen Präsenz von zuletzt knapp über 38 Prozent kommen allein schon die beiden Großaktionäre Allianz und Generali zusammen auf etwa zwei Drittel. Die Allianz hält knapp 19 Prozent, Generali gut sechs Prozent.
Blessing verteidigt sich
Zuvor hatte Vorstandschef Martin Blessing den Kauf der angeschlagenen Dresdner Bank verteidigt und für den Einstieg des Staates geworben. "Aus unserer Sicht ist der Zusammenschluss von Commerzbank und Dresdner Bank nach wie vor strategisch sinnvoll", sagte Commerzbank-Chef Martin Blessing auf der Hauptversammlung des Dax-Konzerns in Frankfurt am Main.
Mittelfristig erwarte die zweitgrößte deutsche Privatbank aus der größten Fusion in der Finanzbranche seit Jahren Synergien in Höhe von fünf Mrd. Euro. Auf der Kostenseite werde die Fusion schon in diesem Jahr rund 200 Mio. Euro bringen, 2010 dann rund 800 Mio. Euro.
Dass die Übernahme der Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise letztlich durch den Staat mit 18,2 Mrd. Euro Kapitalhilfe abgesichert werden musste, sei auch für die Commerzbank unerwartet gekommen, sagte Blessing. Er räumte ein, trotz intensiver Prüfung sei nicht vorhersehbar gewesen, "in welch einem Ausmaß und in welcher Geschwindigkeit sich die in den Büchern der Dresdner Bank enthaltenen Risiken realisieren würden". In der Finanzkrise insgesamt habe auch die Commerzbank Fehler gemacht.
"Von Nummer zwei zum Sanierungsfall"
Der Vorstandschef warb um Zustimmung für die Kapitalerhöhung, die den Bund im Gegenzug für die Milliardenhilfe mit 25 Prozent plus einer Aktie zum größten Einzelaktionär machen soll. Die Mittel aus dem Rettungsfonds SoFFin stabilisierten die Bank nachhaltig, sagte Blessing. "Wir würden uns freuen, wenn Sie durch Ihre Zustimmung zu der Maßnahme Ihre Rückendeckung für den von uns eingeschlagenen Weg zum Ausdruck bringen würden und bitten Sie, dessen sichere Umsetzung zu ermöglichen."
Doch viele Aktionäre zeigten sich verärgert, dass das Management die angeschlagene Dresdner Bank ohne ihre Zustimmung gekauft und dem Konzern damit erhebliche Probleme beschert hat. "Unsere Bank hat sich von der Nummer zwei in Deutschland zum Sanierungsfall entwickelt", kritisierte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Die EU-Kommission hatte die staatliche Hilfe nur unter strengen Auflagen genehmigt. So muss die Commerzbank sich stark verschlanken, die Immobilientochter Eurohypo muss verkauft werden. "Es gibt keine Pläne oder Überlegungen, die Eurohypo mit einer anderen Bank zusammenzubringen", sagte Blessing.
Rote Zahlen 2009
Blessing räumte ein, die Dresdner-Integration mit ihrem Rekordverlust von 6,3 Mrd. Euro im vergangenen Jahr werde auch 2009 das Ergebnis belasten. "Das Jahr wird schwierig werden - und für uns im Zeichen der Doppelbelastung aus Wirtschafts- und Finanzkrise sowie der Integration der Dresdner Bank stehen", sagte er. "Allein die Restrukturierungskosten für die Integration dürften bei rund zwei Mrd. Euro liegen."
Insgesamt erwartet die Commerzbank in diesem Jahr rote Zahlen, nachdem 2008 dank eines Steuereffekts gerade noch ein Mini-Gewinn von drei Millionen Euro erreicht worden war. Ab 2011 strebt der Konzern wieder Gewinne an, ab 2012 soll jährlich ein operatives Ergebnis von mehr als vier Milliarden Euro erzielt werden. Weitere Staatshilfe zur Überwindung der Krise sei nach derzeitigem Stand nicht nötig, bekräftigte Blessing.
Quelle: ntv.de, dpa, rts