Zweiter Ifo-Rückgang in Folge Stimmung leicht eingetrübt
23.02.2007, 10:13 UhrDie Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar auch wegen der höheren Mehrwertsteuer erneut leicht eingetrübt. Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 107,0 von 107,9 von Punkten im Januar, wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag mitteilte. Das war der zweite Rückgang in Folge. Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt nur ein geringes Absacken auf 107,5 Punkte erwartet. Die meisten Experten erwarten, dass der kräftige Aufschwung in Deutschland allmählich an Schwung verliert.
Die Eintrübung der Stimmung zog sich durch alle von der Umfrage erfassten Sparten. Die Industriefirmen blickten zwar positiver auf ihre aktuelle Geschäftslage, aber zurückhaltender auf die Aussichten für die nächsten sechs Monate. "Weniger optimistisch als im Vormonat beurteilen sie auch ihre Perspektiven im Exportgeschäft", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn.
Mehrwertsteuer hinterlässt vorübergehend Spuren
Die Mehrwertsteuererhöhung belastete die Wirtschaft und vor allem den Einzelhandel nach Ifo-Einschätzung zuletzt deutlich. "Im Frühjahr dürfte die Durststrecke aber überwunden sein", sagte Ifo-Experte Klaus Abberger zu Reuters. Die Grundtendenz der Wirtschaft sei allerdings weiter positiv und die Steuererhöhung um drei Punkte auf 19 Prozent belaste nur temporär. Einzelhändler berichteten dem Ifo zufolge von deutlich schwächeren Geschäften, erwarteten aber eine Belebung im nächsten halben Jahr. "Allerdings sind die befragten Unternehmen außerhalb des Einzelhandels nicht mehr gar so zuversichtlich für die nächsten Monate wie zuvor", sagte Ifo-Chef Sinn.
Die 7000 befragten Unternehmen beurteilten ihre Geschäftserwartungen erstmals seit September schlechter. Der Teilindex sank auf 102,6 von 103,2 Punkten im Januar. Der Lageindex fiel auf 111,6 von 112,8 Zählern. Von Reuters befragte Analysten hatten einen Rückgang des Lageindex auf 112,1 Punkte und ein Verharren des Barometers für die Erwartungen prognostiziert. Die Finanzmärkte reagierten kaum auf die Daten.
Die meisten Fachleute rechnen mit einer abflauenden Dynamik für die Wirtschaft.
ANALYSTENSTIMMEN:
Dirk Schumacher, Goldman Sachs:
"Bei einem so hohen Niveau steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit, dass es auch mal wieder nach unten geht. Dennoch deuten die Zahlen weiter auf ein starkes Wachstum hin.
Etwas betrüblich ist, dass sich das Klima in allen Sektoren verschlechtert hat. Den Scheitelpunkt beim Wachstum haben wir wahrscheinlich hinter uns. Die Mehrwertsteuererhöhung war sicher nicht hilfreich. Aber die Wirtschaft bleibt sehr robust. Das Wachstumstempo dürfte sich aber verlangsamen."
Ralph Solveen, Commerzbank:
"Das zeigt, dass die Konjunktur etwas an Fahrt verliert. Das liegt an der höheren Mehrwertsteuer. Auch die Weltwirtschaft läuft schwächer. Und irgendwann werden sich die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank bemerkbar machen.
Die Wirtschaftsdynamik wird auch in den kommenden Monaten weiter zurückgehen. Wir denken, dass die Lage noch etwas stärker fallen wird als die Erwartungen.
Lutz Karpowitz, Bayerische Landesbank:
"Der Index liegt etwas unter den Erwartungen. Es überrascht nicht, dass die Lage zurückging, vor allem im Einzelhandel. Erstaunlich ist der Bau, der insgesamt deutlich im Minus ist. Möglicherweise werden wir in ein paar Monaten sagen, die Belebung war nur ein Strohfeuer. Der Rückgang bei den Erwartungen zeigt, dass wir nicht mehr die euphorische Stimmung haben wie zum Jahresende. Gerade der Rückgang der Erwartungen bei den Exporten zeigt, wie gefährlich es ist, wenn die Konjunktur nur auf einem Bein steht. Die aktuellen BIP-Daten bestätigen die eklatante Konsumschwäche in Deutschland.
Jürgen Michels, Citigroup:
"Der Rückgang ist nicht Besorgnis erregend. Deutschland steht keine dramatische Konjunkturabkühlung bevor. Die Daten deuten an, dass die Wirtschaft nach einer wegen der Mehrwertsteuererhöhung bedingten Abschwächung im Laufe des Jahres wieder an Tempo zulegen wird. Die starken Investitionen dürften das Wachstum treiben, ebenso die weiterhin sehr dynamischen Exporte."
Quelle: ntv.de