USA knacken Bankgeheimnis UBS verrät Namen
19.02.2009, 16:30 UhrDie USA haben die größte Bank der Schweiz, die UBS, die Schweizer Finanzmarktaufsicht sowie die Regierung des Landes in die Knie gezwungen: Die UBS will in einer Steueraffäre eine millionenschwere Geldsumme an die US-Justiz zahlen und die Namen von rund 300 US-Kunden nennen, denen sie bei Steuerhinterziehungen geholfen haben soll. Das ist das erste Mal, dass eine Schweizer Bank Kundendaten an eine ausländische Regierung weitergibt, ohne dass die Betroffenen sich rechtlich dagegen wehren können. Das schweizerische Bankgeheimnis bleibe aber trotzdem "intakt", versicherte der Schweizer Finanzminister Hans-Rudolf Merz. Zehntausende andere Daten will die UBS nämlich nicht liefern.
Die UBS stimmte nach Angaben der US-Justiz einer Zahlung von insgesamt 780 Mio. Dollar (622 Mio. Euro) zu. Laut US-Gerichtsunterlagen nutzte die Bank verdeckte Konten dazu, das Geld und die Identität von US-Kunden zu verbergen. Die UBS bedaure die Fehler und übernehme für die Unregelmäßigkeiten die "volle Verantwortung", erklärte UBS-Chef Peter Kurer. Das Institut verweigerte allerdings die Herausgabe der Daten von 52.000 US-Kunden. Dabei geht es um Einlagen in Höhe von zig Milliarden Euro.
Die Affäre war durch einen ehemaligen US-Mitarbeiter der UBS ins Rollen gekommen, der sich in einer Anklage wegen Steuerhinterziehung zur Zusammenarbeit mit den Ermittlern bereit erklärt hatte. Ihm zufolge hatte die UBS insgesamt 20 Mrd. Dollar von wohlhabenden US-Bürgern vor dem Fiskus in die Schweiz geschafft.
Die schweizerische Finanzaufsicht FINMA hatte die Bank dazu aufgefordert, den US-Behörden die Namen der Kontoinhaber zu nennen. Die Vorwürfe hätten für die Zahlungsfähigkeit der UBS "drastische Konsequenzen" haben und deren Existenz gefährden können, begründete die FINMA ihre Entscheidung. Damit wäre "die Stabilität des Schweizer Finanzsystems" riskiert worden.
Das US-Justizministerium erklärte nach der Bekanntgabe der Einigung über die Zahlung der knapp 620 Mio. Euro, die UBS müsse die Identität von 52.000 Kontoinhabern preisgeben. Diese Daten sollten den Verbleib von 14,8 Mrd. Dollar aufklären helfen, die am US-Fiskus vorbeigelenkt wurden. Das US-Justizministerium reichte nach eigenen Angaben in Miami eine Klage ein, um die Herausgabe der Daten zu erzwingen.
UBS teilte hingegen am Abend mit, es werde die Daten nicht herausgeben und gegen diese Forderung juristisch vorgehen. Die Schweizer Großbank kämpft derzeit an vielen Fronten - sie hatte im vergangenen Jahr Milliarden-Verluste gemacht und Hilfe vom Staat erhalten.
Der kleine Unterschied
Schweizer Gesetze "schützen keine Steuerbetrüger", erklärte Finanzminister und Bundespräsident Merz. Seine Regierung habe "die Entscheidung nicht getroffen, unterstützt aber die FINMA". Dennoch erklärte Merz: "Das Bankgeheimnis bleibt intakt." Die Schweiz unterscheidet seit den 30er Jahren zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Wer gefälschte Daten vorlegt, der betrügt. Wer etwa "vergisst" fällige Steuern zu zahlen, hinterzieht.
Bei Betrug, wenn er denn nachgewiesen wird, gibt es wie bei Geldwäsche Amtshilfe. Bei Hinterziehung in der Regeln nicht. Dagegen laufen die EU aber auch die USA seit Jahren Sturm. Begründet wird die Unterscheidung immer mit der Freiheit der Bürger. Dass dies aber massiv missbraucht wird, geben mittlerweile immer mehr Banker zu.
Das Bankgeheimnis wird seit den 60er Jahren im In- und Ausland, besonders von Deutschland und Frankreich, kritisiert, auch wegen des Auftauchens von Diktatorengeldern auf Konten in der Schweiz oder im Zusammenhang mit nicht zurechenbarem Vermögen von Holocaust-Opfern oder mit der internationalen Terrorfinanzierung. Dass das Bankgeheimnis aus humanitären Gründen eingeführt worden sei, um jüdische Vermögen vor den Nationalsozialisten zu schützen, wird heute von Historikern als Mythos bezeichnet. Versuche, es einzuschränken, schlugen bisher fehl. Es soll sogar in der Verfassung verankert werden.
Gäbe es in der Schweiz nur das Bankgeheimnis, nicht aber die Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung, wäre alles nicht ganz so schlimm. Denn das Bankgeheimnis ist ein Berufsgeheimnis, das aber bei kriminellen Verstößen aufgehoben werden kann. Somit müsse die Schweiz nun ihr Bankgeheimnis neu definieren, erklärten Fachleute.
Andererseits muss nun jeder Kunde einer Schweizer Bank damit rechnen, dass seine Daten weitergegeben werden, wenn er denn eine kriminellen Hintergrund, was Steuerhinterziehung etwa sei, aufweise. Somit sei das Bankgeheimnis nach Schweizer Art nun durch die USA geknackt.
Quelle: ntv.de