Bernanke überrascht Warnung vor Dollarschwäche
03.06.2008, 16:43 UhrUS-Notenbankchef Ben Bernanke hat erstmals vor den negativen Folgen der anhaltenden Talfahrt des Dollar gewarnt. Sie habe zu einem Anstieg der Importpreise und der Lebenshaltungskosten in den USA geführt, sagte Bernanke am Dienstag. "Wir achten aufmerksam auf die Folgen der Wechselkursschwankungen des Dollar für die Inflation", sagte der Notenbankchef, der per Videokonferenz einer geldpolitischen Tagung in Barcelona zugeschaltet war.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet ging unmittelbar nach Bernankes Rede in Barcelona zunächst nicht auf den Wechselkurs ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte bisher stets darauf verwiesen, dass die USA nach ihrer Einschätzung an einem starken Dollar interessiert seien.
Überraschte Experten
Die Finanzmärkte reagierten überrascht auf die Rede Bernankes. "Die Fed spricht normalerweise gar nicht über den Dollar", sagte SEB-Chefanalyst Robert Bergquist. Die Politik des starken Dollar werde normalerweise vom US-Finanzministerium vertreten. "Es ist meines Wissens nach das erste Mal, dass Bernanke die steigenden Importpreise mit dem schwachen Dollar in Zusammenhang bringt", sagte der Chefanlagestratege von Clearbrook Financial, Tom Sowanick.
Der steigende Rohölpreis trifft die USA härter als die Euro-Länder. Weil Öl wie die meisten anderen Rohstoffe in Dollar abgerechnet wird, dämpft der starke Euro den Preisauftrieb. Die Amerikaner bekommen die Rechnung dagegen eins zu eins präsentiert. Der schwache Dollar gilt außerdem als mitverantwortlich für die rasant steigenden Ölpreise, weil Produzenten so den Wertverlust auffangen wollen. Ende Mai hatte sich bereits andere Fed-Vertreter besorgt über die anhaltende Dollar-Schwäche geäußert.
Ende der US-Zinssenkungen?
Bernanke deutet außerdem an, dass die Notenbank ihren Leitzins zunächst nicht weiter senken werde. "Vorerst dürfte die Geldpolitik zur Förderung von Wachstum und Preisstabilität gut positioniert sein", sagte er. Analysten werteten dies als Hinweis auf vorerst unveränderte Zinsen. "Das ist ein klares Signal dafür, dass die Zinsen vorerst stabil bleiben werden", sagte Wassily Serebriakow von Wells Fargo.
Wegen der Finanzkrise hatte die Fed ihren Leitzins von 5,25 auf derzeit 2,0 Prozent gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. In der Euro-Zone liegt der Leitzins mit 4,0 Prozent doppelt so hoch. Der Zinsvorsprung gilt als Hauptgrund für den Höhenflug des Euro, weil er Anlagen in Euro für Investoren attraktiver macht. Der EZB-Rat entscheidet am Donnerstag in Frankfurt über den Leitzins für die Euro-Zone. Beobachter erwarten keine Veränderung.
Quelle: ntv.de