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Nach Pich-Attacke Wiedeking gelassen

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking will sich durch die jüngsten Angriffe von Aufsichtsratsmitglied und Großaktionär Ferdinand Pich nicht aus dem Tritt bringen lassen. Bei seiner ersten Begegnung mit Pich nach dessen Demontageversuch reagierte Wiedeking auf der Hauptversammlung der VW-Tochter Audi betont gelassen und scherzte: "Heute kann scharf geschossen werden."

Pich, der mit Wiedeking im Audi-Aufsichtsrat sitzt, vermied während der Aktionärsversammlung in Neckarsulm den Blickkontakt mit ihm. Eine direkte Auseinandersetzung fand vor den Aktionären nicht statt.

Deutlich gereizter als Wiedeking reagierte Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück auf Pichs Aussagen. Er sieht in den Aussagen des VW-Aufsichtsratschefs zur Fusion des Sportwagenherstellers mit VW mögliche Verstöße gegen das Aktienrecht. Er lasse von Juristen prüfen, ob Pich die Aufsichtsräten auferlegten Treue-, Sorgfalts- und Verschwiegenheitspflichten verletzt habe, sagte Hück, der stellvertretender Aufsichtsratschef ist, am Rande einer Veranstaltung der IG Metall in Stuttgart.

Pich hatte bei der Vorstellung des neuen VW Polo auf Sardinien von Schwierigkeiten der Stuttgarter gesprochen, Geld aufzutreiben. VW könne dagegen leichter Kredite bekommen. Daher sei auch eine Übernahme und anschließende Integration von Porsche bei VW denkbar. Zudem hatte er signalisiert, der Sitz des neuen Unternehmens solle Wolfsburg sein.

Hück sagte, Porsche befinde sich keineswegs in einer Schieflage. Schulden von neun Mrd. Euro stehe ein Vermögen von 40 Mrd. Euro gegenüber. "Das Unternehmen erwirtschaftet Gewinne. Es stimmt nicht, dass es uns schlecht geht", fügte er hinzu. Wenn anderes berichtet werde, gehe es "vielleicht um einen Machtkampf". Es gebe auch keine Fusionsgespräche, sondern nur Sondierungen zu dem Thema. Porsche-Chef Wendelin Wiedeking müsse seinen Vertrag voll erfüllen. Die Belegschaft stehe hinter ihm.

Stadler will nicht

Audi-Chef Rupert Stadler sagte bei der Hauptversammlung in Neckarsulm, er habe keine Ambitionen auf den Chefposten beim Autoimperium VW/Porsche. Er sei bis 2015 bei Audi gebunden. Er galt bislang neben Wiedeking und VW-Chef Martin Winterkorn als heißer Kandidat für den Chefsessel beim neuen VW/Porsche-Konzern.

Hück sprach sich dafür aus, dass Porsche eigenständig und mit dem Sitz in Stuttgart bleibe. Letzteres sei im Aufsichtsrat beschlossen worden. Dass Porsche eigenständig bleibe, habe ihm Porsche- Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche versichert. Auf die Frage zu einem Verhältnis zu Ferdinand Pich sagte Hück: "Dazu möchte ich heute überhaupt nichts sagen. Sonst müsste ich lügen."

Bei der Audi-Hauptversammlung äußerte sich Wolfgang Porsche nicht zur Debatte um die Zukunft von VW/Porsche. "Diese Diskussion führen wir nicht in der Öffentlichkeit", sagte er in Neckarsulm. Auch sein Cousin Ferdinand Pich sagte dazu kein Wort mehr.

BaFin ermittelt gegen Porsche

Porsche hat unterdessen die in einem Medienbericht erhobenen Vorwürfe der Marktmanipulation zurückgewiesen. Die "WirtschaftsWoche" hatte berichtet, Porsche-Vertreter hätten schon Mitte Februar 2008 gegenüber der niedersächsischen Landesregierung die Absicht geäußert, Volkswagen beherrschen zu wollen. "Diese Behauptung ist falsch", teilte Porsche nun mit. Öffentlich gemacht hatte Porsche sein Ansinnen erst im Oktober. Daraufhin waren all jene Anleger unter Druck geraten, die auf fallende VW-Kurse gesetzt hatten.

Die Finanzaufsicht BaFin hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet, denn Porsche hatte noch am 10. März 2008 per Pressemitteilung dementiert, den Anteil an Volkswagen auf 75 Prozent aufstocken und damit Europas größten Autobauer kontrollieren zu wollen. Sollte sich der Verdacht der Marktmanipulation bestätigen, wird die BaFin Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft stellen. Porsche verwies jedoch auf ein Schreiben der niedersächsischen Staatskanzlei, das das Unternehmen entlaste. Gegenüber der BaFin sei der Sachverhalt klargestellt worden, hieß es.

Porsche hat sich bei seinen Plänen für eine Übernahme von VW verhoben. Vor einer Woche hatten sich die Porsche-Eigentümerfamilien auf einen Zusammenschluss mit dem VW-Konzern geeinigt. Die Details sollen in den nächsten Wochen ausgearbeitet werden.

Mit dem mächtigen VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und dem Sprecher der niedersächsischen Staatskanzlei im Schlepptau demonstrierte Pich in Olbia seine Macht. Das Land Niedersachsen ist mit gut 20 Prozent zweitgrößter VW-Aktionär und unterstützt Pichs Kurs. Zusammen mit der durch das VW-Gesetz bei VW besonders einflussreichen Arbeitnehmervertretung kann Pich in Wolfsburg praktisch alles durchsetzen.

Drei Wege führen zum Zusammenschluss

Pich stellte klar, dass er eine Integration von Porsche in den VW-Konzern favorisiert. Insgesamt gebe es drei Wege für einen Zusammenschluss, darunter "zwei Fusionswege". Die Beteiligung eines arabischen Großinvestors, um die Finanzprobleme von Porsche zu lösen, lehnte Pich ab.

Damit erhöht er den Druck auf das Porsche-Management. Die Porsche-Eigner, die Familien Porsche und Pich, hatten sich vergangene Woche auf einen Zusammenschluss mit Europas größtem Autohersteller verständigt, um die durch die VW-Übernahme entstandene Finanzlücke zu schließen. Auf Porsche lasten durch den Kauf von 51 Prozent an VW Nettoschulden von neun Milliarden Euro. Dagegen verfügt VW im Automobilgeschäft über Barmittel von fast elf Milliarden Euro. Aus VW und Porsche soll nun ein integrierter Autokonzern mit zehn Marken entstehen.

Quelle: ntv.de

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