Wirtschaft

Wenn der IWF nicht mehr zahlt … zahlen wir noch immer

Dieses Jahr wird Griechenland aller Voraussicht nach bei Refinanzierungen durch eine konzertierte Aktion von IWF und EU gestützt. Aber was passiert in den Jahren darauf? Eine überraschende Gesundung des Staatshaushalts im Turboverfahren ist nicht zu erwarten. Und schon werden neue Rechnungen aufgemacht.

In Athen wird wieder gestreikt. Betroffen sind vor allem die Bereiche Fährverkehr, die Krankenhäuser und Ministerien und andere staatliche Behörden.

In Athen wird wieder gestreikt. Betroffen sind vor allem die Bereiche Fährverkehr, die Krankenhäuser und Ministerien und andere staatliche Behörden.

(Foto: REUTERS)

Die deutschen Kredithilfen für Griechenland könnten am Ende deutlich höher ausfallen als bisher veranschlagt. Sollte das Mittelmeer-Land auch 2011 und 2012 weitere Finanzspritzen benötigen, müssten dies die Euro-Länder voraussichtlich allein stemmen - ohne zusätzliches Kapital vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

Hintergrund ist, dass der IWF stets eine Obergrenze für einen mehrjährigen Kredit einhalten muss. Der Anteil Deutschlands an einem möglichen Hilfspaket über drei Jahre könnte daher auf bis zu 18 Mrd. Euro steigen, bestätigten Koalitionskreise Medienberichte in Berlin: "Das kann ein Fass ohne Boden werden."

Berlin muss sich mit Gesetz sputen

Unterdessen bleibt unklar, wie Berlin die für dieses Jahr in Aussicht gestellten Notfall-Kredite von bis zu 8,4 Mrd. Euro für Athen rasch umsetzt. Nachdem Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in der Unions-Fraktionsspitze mit seinem Plan abgeblitzt war, die möglichen Hilfen an ein anderes Gesetzesvorhaben anzukoppeln, wird nun ein eigenes Gesetz für die Griechenland-Kredite angestrebt.

Sollte Athen also die Notfall-Kredite der Euro-Partner beantragen, müsste das Gesetz dazu in kürzester Zeit vom Bundestag verabschiedet werden. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) soll nach Angaben aus Teilnehmerkreisen zugesagt haben, das Gesetz innerhalb von zehn Tagen durch die parlamentarischen Beratungen zu bringen. Für eine Fristverkürzung ist allerdings die Zustimmung auch der SPD nötig.

Eine IWF-Sprecherin sagte der "Financial Times Deutschland", dass bei den Gesprächen zu einer einmaligen Hilfsaktion über eines der "üblichen" Programme des Fonds verhandelt werde. Der IWF hat die Höhe seines Beitrags noch nicht endgültig festgelegt. Die EU rechnet aber damit, dass insgesamt etwa 15 Mrd. Euro fließen werden. Die 16 Euro-Länder wollen in diesem Jahr Notfall-Kredite von bis zu 30 Mrd. Euro beisteuern.

18 Mrd. Euro für Athen?

Inzwischen wird als Hausnummer bei der griechischen Finanzlücke für die kommenden Jahre die Summe von 80 Mrd. Euro genannt. Angaben von FDP-Abgeordneten, wonach Bundesbankpräsident Axel Weber diese Summe genannt haben soll, wies dieser zwar zurück. Allerdings mit der Bemerkung, dass die Griechen selbst diese Zahl kürzlich für die nächsten drei Jahre genannt haben. Für das laufende Jahr gingen sie offenbar von einem deutlich höheren Finanzbedarf aus als die bislang genannten 30 Mrd. Euro. Sollte sich diese Lücke tatsächlich auftun, müssten nach Angaben der "FTD" die Euro-Länder die Differenz - also weitere 35 Mrd. Euro - allein tragen. Auf Deutschland würden dann nochmals 9,8 Mrd. Euro entfallen. Der Gesamtkredit aus Deutschland würde sich auf 18 Mrd. summieren.

Schäuble wollte unter anderem den Finanzausschuss des Bundestages über die Griechenland-Hilfen informieren. Zwar könnte die Bundesregierung die Staatsbank KfW anweisen und den möglichen Kredit mit bereits genehmigten Garantien absichern. Schäuble will bei der Entscheidung über die Hilfen jedoch den Bundestag einbeziehen.

Zunächst hatte er geplant, die Hilfen an das Gesetz zur Abschaffung des Finanzplanungsrats anzudocken. Dieses Gesetz enthält auch die neuen Härtefall-Regeln für Hartz-IV-Empfänger sowie Lockerungen für kommunale Investitionen aus dem Konjunkturpaket II. Dafür wäre allerdings auch die Zustimmung des Bundesrates nötig.

Da die Unions-Fraktionsspitze dieses Vorgehen ablehnt, soll es nun ein eigenes Gesetz geben. In Frankreich soll eine entsprechende Gesetzesvorlage schon in Kürze eingebracht werden. In den Euro-Ländern gibt es unterschiedliche Vorgaben für die Zustimmung des Parlaments und dessen die Beteiligung am Etat der Regierung.

Hoher Besuch von IWF und EZB

In Athen beginnen heute die verspäteten Gespräche über das EU-Hilfspaket für Griechenland. Angereist sind dafür 20 Experten der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds.

Die Athener Regierung, hier Finanzminister Papakonstantinou, emfpängt heute eine 20-köpfige Delegation der EU und des IWF.

Die Athener Regierung, hier Finanzminister Papakonstantinou, emfpängt heute eine 20-köpfige Delegation der EU und des IWF.

(Foto: REUTERS)

Sie wollen in den kommenden zwei Wochen die Feinheiten des Notfallplans mit Vertretern der Regierung in Athen abstimmen. So bald alle Details geklärt sind, kann Athen den Notfallknopf drücken. "Wir werden im Mai nicht auf dem Trockenen sitzen. Entweder leihen wir uns das Geld am Markt oder bei unseren Partnern", kündigte Finanzminister Giorgos Papakonstantinou in Athen.

Unterdessen wird in Griechenland nach einer längeren Ruhepause wieder gestreikt. Betroffen sind vor allem die Bereiche Fährverkehr, die Krankenhäuser und Ministerien und andere staatliche Behörden. Die Streikenden protestieren gegen Lohnkürzungen und Sparmaßnahmen der sozialistischen Regierung.

Ministerpräsident Giorgos Papandreou versucht mit einem Schock-Sparprogramm das mit mehr als 300 Mrd. Euro verschuldete Land vom Bankrott zu retten.

Quelle: ntv.de, ddi/rts

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