Kein Mutter-Gen Chinesische Forscher züchten Mäuse mit zwei Vätern
29.01.2025, 15:50 Uhr Artikel anhören
In den Versuchen waren die Mäuse mit zwei Vätern deutlich größer als ihre Artgenossen.
(Foto: picture alliance / imageBROKER | Jochen Tack)
Zwei Väter, keine Mutter: Forschern gelingt es, aus dem Erbgut zweier männlicher Mäuse Nachkommen zu züchten. Einige der Tiere überleben bis ins Erwachsenenalter. Ziel der Studie war, mit gezielter Genmanipulation die Natur auszutricksen.
Chinesischen Forschern ist es mithilfe von Stammzellentechnologie gelungen, Mäuse mit zwei Vätern, aber ohne mütterliches Erbgut zu züchten. Wie die Forschungsgruppe im Fachblatt "Cell Stem Cell" berichtet, lebten einige der Versuchstiere bis ins Erwachsenenalter. Es ist indes nicht das erste Mal, dass Mäuse mit gleichgeschlechtlichen Eltern geschaffen wurden.
Versuche dieser Art werden durchgeführt, um die sogenannte genomische Prägung zu umgehen. Diese Prägung - im Englischen "Genomic Imprinting" - bezeichnet ein biologisches Phänomen, bei dem es darauf ankommt, von welchem Elternteil ein bestimmtes Gen stammt. Normalerweise kommt ein Gen in zweifacher Ausführung vor, eine Kopie von der Mutter und eine vom Vater. Beim "Genomic Imprinting" ist jedoch nur eine der zwei Kopien angeschaltet, die andere bleibt "stumm".
Verantwortlich dafür sind chemische Markierungen auf der DNA, die wie kleine Schalter wirken und bereits in den Ei- und Samenzellen gesetzt werden. Entsprechend spielt die genomische Prägung eine wichtige Rolle bei der Entwicklung, besonders während der Schwangerschaft, und beeinflusst, wie der Körper wächst und funktioniert. Fehlerhafte Prägungen können zu Krankheiten führen.
Natürliches Gen-Hindernis
Die Gruppe unter Leitung von Wei Li von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften konzentrierte sich genau auf diese Imprinting-Gene - von denen vermutet wird, dass sie bei Säugetieren ein Hindernis für die gleichgeschlechtliche Fortpflanzung darstellen.
Die Forschenden gewannen embryonale Stammzellen aus dem Sperma von Mäusen. Das Team nutzte verschiedene genetische Methoden, um 20 wichtige Imprinting-Gene in diesen Zellen einzeln zu verändern. Diese brachten sie dann wiederum mit dem Sperma einer anderen Maus in entkernte Eizellen ein, um embryonale Stammzellen und schließlich Embryonen zweier Väter zu erzeugen.
Fortschritte fürs Klonen erhofft
Tatsächlich lebten einige der auf diese Weise erschaffenen Tiere bis ins Erwachsenenalter - für die Forschungsgruppe ein klarer Hinweis darauf, dass Anomalien in der Prägung das Haupthindernis für die eingeschlechtliche Fortpflanzung bei Säugetieren sind. Entsprechend könnte ihr Ansatz der gezielten Veränderung bestimmter Imprinting-Gene die Entwicklungsergebnisse von embryonalen Stammzellen und geklonten Tieren erheblich verbessern.
Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg: Wie in der Studie berichtet wird, entwickelten sich nur 11,8 Prozent der lebensfähigen Embryonen bis zur Geburt durch eine Leihmutter. Von diesen erreichte mehr als die Hälfte nicht das Erwachsenenalter. Die überlebenden Individuen zeigten Anomalien wie ein übergroßes Erscheinungsbild und eine verkürzte Lebenserwartung. Darüber hinaus waren alle Mäuse, die das Erwachsenenalter erreichten, unfruchtbar.
Tests an Affen sollen folgen
Ob diese Technologie jemals gegen genetische Erkrankungen beim Menschen eingesetzt werden kann, ist laut den Studienautoren unklar. Zudem gibt es erhebliche ethische Bedenken. Dennoch wollen die Forscher ihre experimentellen Ansätze als Nächstes auf größere Tiere wie etwa Affen ausweiten.
Die chinesische Arbeit ist nicht die erste ihrer Art: Schon 2023 hatte eine japanische Forschungsgruppe im Fachblatt "Nature" über die Erzeugung von Mäuse-Babys mit zwei Vätern berichtet. Anders als in der aktuellen Studie hatte das Team um Katsuhiko Hayashi von der Osaka-Universität Hautzellen männlicher Mäuse in Eizellen umgewandelt und diese dann befruchtet. Alle derart geschaffenen Tiere wurden erwachsen, ein weibliches und ein männliches Exemplar waren sogar fortpflanzungsfähig.
Quelle: ntv.de, Alice Lanzke, dpa