Schon 2029 erster Start geplant Der Mars-Plan - neues Zuhause im All?
10.06.2023, 11:21 Uhr Artikel anhörenEisige Temperaturen, Luft, die man nicht atmen kann, tobende Stürme und tödliche Strahlung - die Bedingungen auf dem Mars klingen wenig einladend. Trotzdem arbeiten Weltraumbehörden und Milliardäre mit Hochdruck an einer Besiedlung. Könnte es bald so weit sein?
Schon die Reise dürfte kein Zuckerschlecken werden: Sechs bis acht Monate dauert es mit heutigen Raumschiffen, von der Erde zum Mars zu fliegen. Unser Nachbarplanet ist rund 56 Millionen Kilometer von uns entfernt, wenn er uns am nächsten ist. Zum Vergleich: Auf dieselbe Kilometerzahl kommt man, wenn man 1400 Mal die Erde umrundet. Nur müsste man die Reise zum Mars in einer engen Raumkapsel aussitzen. In der es keine Schwerkraft gibt, kein Sonnenlicht, keine Dusche, kein großes Speisenangebot und im Ernstfall auch keine Hilfe von außen. Dafür aber mehrere Mitreisende, die hoffentlich eine stabile Psyche haben und ein sozialverträgliches Wesen.

SpaceX-Chef Elon Musk träumt von einer dauerhaften Besiedlung - für andere Forscher ist diese Vorstellung jedoch "ein Horror".
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Der monatelange Flug könnte auch dauerhafte gesundheitliche Schäden hinterlassen, denn die Raumkapsel wird im All konstant mit kosmischer Strahlung bombardiert. Die besteht aus energiereichen Teilchen, die von sterbenden Sternen stammen. In menschlichen Körpern können sie Krebs auslösen. Auch die Gefahr durch Sonneneruptionen ist nicht zu vernachlässigen. Die Hüllen von Raumkapseln schirmen zwar bestmöglich vor Strahlung ab, alles können aber auch sie nicht abhalten.
Leben auf dem Mars ist große Herausforderung
Insgesamt ist es also ein sehr riskantes Unterfangen, Menschen zum Mars zu schicken. Vor allem, wenn sie sich auch noch längere Zeit aufhalten sollen. Viele Probleme müssen vorher gelöst werden: etwa welche Behausungen den Bedingungen auf dem Mars standhalten, wie man auf dem Planeten Wasser gewinnt und wie man dort Nahrung anbaut. Doch für all das wird es bald Lösungen geben, sind sich Experten sicher. Wie bald? Das kommt darauf an, wen man fragt.
Einer, der besonders optimistisch ist und glaubt, das Ziel sei bereits 2029 zu erreichen, ist der zweitreichste Mensch der Welt, Elon Musk. Mit seinem Raumfahrtunternehmen SpaceX beteiligt sich Musk beim internationalen Wettrennen zum Mars. Wie gut seine Chancen sind, ist schwer zu sagen. Fest steht, dass SpaceX sich in den gut 20 Jahren seit der Gründung zu einem wichtigen Player im Raumfahrtgeschäft gemausert hat. Selbst die US-amerikanische Weltraumagentur NASA nutzt mittlerweile SpaceX-Raketen, um ihre Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS zu bringen.
Riesen-Rakete soll Menschen umsiedeln
Für den Flug zum Mars tüftelt Elon Musk seit einigen Jahren an der bislang größten Rakete aller Zeiten, der "Starship". Diese könnte, so der Plan, nach dem Start zunächst in der Erdumlaufbahn aufgetankt werden und dann innerhalb von sechs Monaten zum Mars fliegen. Da SpaceX sich auf wiederverwendbare Raketen spezialisiert hat, sei auch ein zweiter Start, dann vom Mars aus, und ein anschließender Rückflug Richtung Erde kein Problem.
Was allerdings schon ein Problem ist: der enge Zeitplan, den Musk für die Entwicklung der "Starship"-Rakete veranschlagt hat. Den jüngsten Rückschlag erlitt er Ende April, als ein Prototyp zum ersten Orbitalflug aufbrach und dann wenige Minuten nach dem Start explodierte.
Musk: Menschheit wird auf Erde ausgelöscht
Aufgeben wird der Multimilliardär, der für seine revolutionären Ideen bekannt ist, wahrscheinlich nicht. Denn Musk hält die Besiedlung des Mars für alternativlos. Er glaubt, die Menschheit werde auf der Erde früher oder später von der Auslöschung bedroht sein. Wahlweise durch sinkende Geburtenraten, einen Meteoriteneinschlag oder menschengemachtes Artensterben.
Die Lösung für das drohende Desaster: Die Menschheit muss eine "multiplanetare Spezies" werden, die auf mehreren Himmelskörpern zu Hause ist. So predigt es Musk seit Jahren. Und die Besiedlung des Mars sei der erste Schritt dafür. Man müsste den Planeten nur ein bisschen an unsere Bedürfnisse anpassen: "Wenn wir den Mars erwärmen, hätten wir dort wieder eine dicke Atmosphäre und Meere", äußerte der Visionär vor einigen Jahren in einem Interview. Technisch hält er das für machbar. Auch Pflanzen ließen sich dann auf dem derzeit noch lebensfeindlichen Planeten anbauen. Musk stellt sich das Leben dort sogar ganz angenehm vor: "Die Schwerkraft beträgt nur 37 Prozent von der auf der Erde. Man könnte also schwere Dinge heben und durch die Gegend hüpfen."
NASA plant bemannte Marsmission für 2040
Etwas weniger ambitioniert in ihrer Zeitplanung sind die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA und ihr europäischer Partner, die ESA. Auch sie haben den Mars als Ziel fest im Blick, allerdings ist eine bemannte Mission dorthin erst für 2040 geplant. Und der Grund, warum man überhaupt zum Mars fliegen will, ist auch ein anderer: NASA und ESA sehen den Planeten vor allem als Schatzgrube an Informationen. "Da kann man unglaublich viel lernen. Ich bin sehr dafür, dass wir eine bemannte Basis auf dem Mars errichten", erklärt Michael Khan, Missionsanalytiker bei der ESA. Man könnte dann zum Beispiel erforschen, wie der Mars so karg geworden ist, wie er sich heute präsentiert. Und ob es einst Leben auf dem Planeten gab - oder sogar heute noch gibt.
Als dauerhaftes Zuhause für die Menschheit kann sich Khan den Roten Planeten jedoch nicht vorstellen: "Man muss sich mal vergegenwärtigen, wie die Menschen dort leben würden: Auf dem Mars mit seiner dünnen Atmosphäre wird man niemals die Freiheit genießen können wie auf der Erde. Man wird niemals draußen herumlaufen können ohne Raumanzug. Man wird sich immer wie eine Ratte im Tunnel unter der Oberfläche verkriechen müssen. Man wird nie den Wind in den Haaren spüren, man wird nie Vögel singen hören am Morgen. Das ist ein Horror. Dazu würde ich meinen schlimmsten Feind nicht verurteilen wollen."
Mondbasis als nächster Schritt
Technisch sei eine dauerhafte Präsenz auf unserem Nachbarplaneten aber durchaus im Rahmen des Möglichen, schätzt der Experte. Voraussetzung sei, dass wir am Anfang viel Equipment von der Erde dorthin bringen. Damit könnte man dann die nötigen Strukturen aufbauen, um dort als Selbstversorger zu leben.
Allerdings wäre es am besten, eine solche Präsenz zuerst auf dem Erdmond zu errichten, sozusagen als Übungslauf. Der Mond könnte dann auch ein Umschlagbahnhof für den Mars werden. Der Plan der NASA für ein kleines Basislager auf dem Mond steht immerhin schon: Ende 2025 soll dieser erste Schritt auf dem Weg zum Mars gelingen.
Quelle: ntv.de