So schnell wie die Großen Winzige Käfer haben Flugtrick auf Lager
25.01.2022, 12:52 Uhr (aktualisiert)
Der Zwergkäfer Paratuposa placentis ist gerade mal so groß wie eine einzellige Amöbe (v.l.).
(Foto: Alexey A. Polilov, Universität Moskau)
Mit bloßem Auge sind sie kaum zu erkennen: Mini-Käfer sind jedoch zu erstaunlichen Flugleistungen fähig. Forscher finden nun heraus, was ihr Geheimnis ist. Es hat mit ihren Flügeln zu tun, die eigentlich nur aus Borsten bestehen.
Zwergkäfer fliegen anders als ihre größeren Verwandten - und vollbringen so erstaunliche Leistungen: Denn eigentlich fliegen Fluginsekten umso schneller, je größer sie sind. Doch das Kleinstinsekt Paratuposa placentis, das nicht einmal einen halben Millimeter misst, erreicht mit seinen Federflügeln eine Geschwindigkeit wie Käfer, die dreimal so groß sind. Was seinen Flug so effizient macht, beschreibt ein internationales Team um Alexey Polilov von der Lomonossow-Universität Moskau in der Fachzeitschrift "Nature".
Aus der Familie der Zwergkäfer oder Federflügler (Ptiliidae) sind weltweit rund 500 Arten beschrieben. Sie zählen zu den kleinsten Insekten, die nicht als Parasiten leben. Der untersuchte Käfer P. placentis ist mit 0,4 Millimetern Länge kleiner als manche einzellige Amöbe, und er wiegt nur 0,0024 Milligramm. Seine Flügel bestehen nicht aus Membranen, wie bei größeren Käfern, sondern aus federförmig angeordneten, verzweigten Borsten.

3D-Visualisierung der Luftströme während des Flügelschlags beim Käfer Paratuposa placentis.
(Foto: Modified from Farisenkov et al. (2022))
Die Gruppe um Polilov sammelte die Käfer in Vietnam ein und steckte sie in durchsichtige Kästen. So konnten sie den Flug mit Kameras filmen, die fast 4000 Bilder pro Sekunde aufnehmen. Mithilfe von Computersimulationen klärten sie so den Flugmechanismus. "Da das größenspezifische Flugmuskel-Volumen bei Ptiliidae kleiner ist als bei größeren Käfern, muss ihre hervorragende Flugleistung aus der besonderen Struktur ihrer Flügel und ihrer Flugweise resultieren", schreiben die Autoren.
"Die Hinterflügel des Käfers bewegen sich in besonderer Art und Weise, nämlich im Sinne einer liegenden Acht", erläutert Co-Autor Fritz-Olaf Lehmann von der Universität Rostock, ein Spezialist für die Aerodynamik des Insektenflugs. Bei der Abwärtsbewegung sind diese Flügel ausgebreitet, während bei der Aufwärtsbewegung die schmale Seite in Bewegungsrichtung gedreht ist. Über und unter dem Körper des Käfers klatschen die Flügel aneinander, bevor sich ihre Bewegungsrichtung umkehrt.
Luft verhält sich wie Flüssigkeit
Diese sehr dynamische Flügelbewegung würde das Insekt stark taumeln lassen, wenn nicht die Deckflügel dem entgegenwirken würden: Sie schwingen im Flug hin und her und dämpfen so übermäßige Vibrationen des Insektenkörpers, wie Lehmann in einer Mitteilung seines Instituts betont. Bei anderen Käfern dienen diese schalenartigen Deckflügel eigentlich nur dem Schutz der Hinterflügel im ruhenden Tier.
"Die Luftbewegung in der Nähe einer einzelnen Borste eines federähnlichen Flügels ist extrem zähflüssig, ähnlich wie die Flüssigkeitsbewegung in der Nähe der Geißel eines Einzellers", wird Co-Autor Dmitry Kolomenskiy vom Skolkovo Institute of Science and Technology in Moskau in einer Mitteilung seines Instituts zitiert. Es sei fast so, als würden die Luftteilchen an den Borsten haften. Dadurch werden die lückenhaften Federflügel weitgehend luftundurchlässig und können Auftrieb erzeugen.
Die Forschergruppe untersuchen nun auch die Flugeigenschaften anderer Kleinstinsekten. "Wenn dieser Flugstil für Miniaturkäfer üblich ist, erklärt dies möglicherweise weitgehend ihre weltweite Häufigkeit", schreiben sie.
(Dieser Artikel wurde am Samstag, 22. Januar 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa