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Zu wenig Schnee im Winter Gletscher schmelzen in diesem Jahr besonders früh

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Trübe Aussichten: Eine Wanderin blickt im Herbst 2023 auf den Schweizer Aletschgletscher oberhalb der Bettmeralp im Wallis.

Trübe Aussichten: Eine Wanderin blickt im Herbst 2023 auf den Schweizer Aletschgletscher oberhalb der Bettmeralp im Wallis.

(Foto: dpa)

Es ist ein Riesenproblem für die Alpen - und ein Alarmzeichen: Die Gletscherschmelze beginnt immer früher. Mehr noch: Seit mehr als 20 Jahren gibt es in der Schweiz kein Gletscherwachstum mehr.

Es sieht nicht gut aus für die Alpengletscher in diesem Jahr: Das legt der Gletscherschwundtag nahe. Es ist der Tag, an dem der Winterschnee geschmolzen ist und es an die Substanz der Gletscher geht. Der Tag lag in der Schweiz in diesem Jahr vergleichsweise sehr früh, wie Gletscherforscher Andreas Bauder von der ETH Zürich berichtet. Er geschah je nach Gletscher bereits Ende Juni/Anfang Juli. "Die Situation dürfte in den gesamten Alpen ähnlich sein", sagte Bauder.

Angesichts des kühlen und vielerorts regnerischen Julis mag das Datum verwundern. Allerdings war im Juli der Schaden bereits angerichtet, wie Bauder erklärt. "Weil wir im Winter so wenig Schnee hatten", sagt er. "In einigen Regionen im Nordosten der Schweiz hatten wir am Ende des Winters noch nie so eine geringe Schneemenge auf den Gletschern." Die sei sehr schnell geschmolzen.

"Solange Schnee liegt, schmilzt kein Eis", sagt Bauder. Aber so habe das Abschmelzen der Schnee- und Eisdecke bereits Ende Mai begonnen und sich durch den Juni rasant bis in den Juli fortgesetzt.

Die Schweizer messen Schnee und Eis detailliert jeweils im Frühjahr und im Herbst an rund 20 der insgesamt rund 1400 Schweizer Gletscher. An 10 bis 15 werden über den Sommer weitere Messungen durchgeführt. Auf dieser Basis beruht die Bestimmung des Gletscherschwundtages. Zu den größten Schweizer Gletschern gehören der Aletsch- und der Gornergletscher.

Mehr Schnee im vergangenen Jahr

Im vergangenen Jahr fing der Sommer nach Angaben von Bauder mit viel größeren Schneemengen an. Dennoch verloren die Gletscher auch 2024 mehr, als sie im Winter gewonnen hatten.

"Früher lag der Gletscherschwundtag eher Ende August/Anfang September, aber das haben wir in den vergangenen 20 Jahren schon nicht mehr erlebt", sagt Bauder. Mit dem Klimawandel gab es seit mehr als 20 Jahren in der Schweiz kein Jahr mehr mit Gletscherwachstum.

Nach Angaben des Gletschermessnetzes Glamos hat sich das Volumen seit 1950 praktisch halbiert, von 92,3 auf 46,5 Kubikkilometer im vergangenen Jahr. Ein Kubikkilometer entspricht einem Eiswürfel mit einer Seitenlänge von 1000 Metern oder einer Milliarde Eiswürfeln mit einem Meter Seitenlänge.

Selbst ein kalter August mit Schneefall in hohen Höhen könne kaum noch etwas ändern, sagt Bauder. Sommerschnee sei nicht so dicht wie der Winterschnee und schmelze schnell. "Ein Gletscher ist wie eine zähflüssige Masse Honig auf einer schiefen Ebene, er fließt nach unten", erklärt er. Wenn der Schneenachschub oben fehle, fließe zu wenig nach. Dann könne sich die Gletscherzunge unten nicht halten und schwinde.

Quelle: ntv.de, ghö/dpa

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