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Rätsel um Risiko bei Herzleiden Studie: Übergewichtige haben keinen Überlebensvorteil

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Was gibt am besten Auskunft über eine mögliche Fettleibigkeit? Laut den Forschern nicht der BMI, sondern das Verhältnis zwischen Taille und Körpergröße.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

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Das Adipositas-Paradoxon verblüfft lange Zeit die Fachwelt: Demnach haben fettleibige Menschen bessere Chancen, Herzkrankheiten zu überleben als normalgewichtige. Wie kann das sein? Eine neue Studie erklärt den scheinbaren Widerspruch - dabei kommt der Body-Mass-Index (BMI) nicht gut weg.

Menschen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit haben bei einer Herzschwäche anscheinend doch keinen Vorteil beim Überleben. Schottische Mediziner berichten nach einer Studie im "European Heart Journal", dass ihre Ergebnisse das sogenannte Adipositas-Paradoxon widerlegen, das Experten lange Zeit verblüfft hatte. Die Studie stellt auch den verbreiteten Body-Mass-Index (BMI) als Anzeiger für den Gesundheitszustand infrage. Überschüssiges Körperfett könne besser über das Verhältnis von Taillenumfang zu Körpergröße erkannt werden, betonen die Forscher.

Das Adipositas-Paradoxon besagt, dass übergewichtige oder fettleibige Menschen zwar ein höheres Risiko haben, Herzprobleme zu entwickeln, aber bei solchen Krankheiten eher überleben als normalgewichtige Patienten. Um dies zu begründen, mussten Ärzte Vermutungen anstellen, etwa dass zusätzliches Fett bei Herzbeschwerden einen Schutz vor weiteren gesundheitlichen Problemen bieten könnte.

"Wussten, dass es nicht stimmen konnte"

Ein Team um den Herzspezialisten John McMurray von der Universität Glasgow vermutete jedoch, dass der BMI eher ein schwacher Hinweis darauf sei, wie viel Fettgewebe ein Patient hat. "Wir wussten, dass dies nicht stimmen konnte, und dass Fettleibigkeit eher schlecht als gut sein musste", sagt er in Bezug auf das Adipositas-Paradoxon.

Der BMI setzt das Gewicht eines Menschen in Relation zur Größe. Er berücksichtigt jedoch nicht die Zusammensetzung von Fett, Muskeln und Knochen oder die Verteilung von Fett im Körper. Darauf weisen Stephan von Haehling und Ryosuke Sato vom Universitätsklinikum Göttingen in einem Kommentar zur Studie hin. "Wäre es plausibel anzunehmen, dass ein amerikanischer Profi-Ringer (mehr Muskeln) und ein japanischer Sumo-Ringer (mehr Fett) mit demselben BMI ein ähnliches Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hätten?" Das gelte auch für Menschen wie den Schauspieler Arnold Schwarzenegger, der in jüngeren Jahren wahrscheinlich einen BMI um 30 hatte - was eigentlich starkem Übergewicht entspricht.

In der Studie analysierte das Team Daten von 1832 Frauen und 6567 Männern mit einer bestimmten Form von Herzschwäche. Ärzte untersuchten dabei etwa Werte zum BMI, Körpermaßen und Blutdruck sowie Ergebnisse von Bluttests und Krankengeschichte. Dabei wurde auch erfasst, welche Patienten mit Herzversagen ins Krankenhaus kamen und welche daran verstarben.

Forscher: Paradoxon verschwand nach Korrektur

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Fettleibige Patienten mit einem BMI ab 25 hatten tatsächlich weniger Todesfälle. Dieses Ergebnis löste sich jedoch auf, als das Team auch andere Faktoren berücksichtigte. "Das Paradoxon war weit weniger offensichtlich, als wir das Verhältnis von Taille zu Körpergröße untersuchten, und es verschwand nach der Korrektur in Bezug auf die prognostischen Variablen", sagt Erstautor Jawad Butt vom Kopenhagener Universitätsklinikum Rigshospitalet.

Nach dieser Korrektur hätten sowohl der BMI als auch das Verhältnis von Taille zu Größe gezeigt, dass mehr Körperfett mit einem höheren Risiko für Tod oder Krankenhausaufenthalt in Verbindung stehe. Beim Verhältnis zwischen Taille und Größe sei dieser Zusammenhang aber noch deutlicher gewesen: "Jene 20 Prozent der Menschen mit dem meisten Fett hatten ein um 39 Prozent höheres Risiko, bei einem Herzversagen ins Krankenhaus eingeliefert zu werden, als jene Teilnehmer, die in Bezug auf das Fett zu den unteren 20 Prozent der Patienten gehörten." Wenn bessere Methoden zur Messung des Körperfetts verwendet würden, das zeige die Studie, gebe es kein Adipositas-Paradoxon, so McMurray.

Quelle: ntv.de, kst/dpa

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