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Ausbruch in der Spätantike Ilopango begrub große Teile Mittelamerikas

Anhand der Bodenschichten konnten die Forscher die Abläufe rekonstruieren.

Anhand der Bodenschichten konnten die Forscher die Abläufe rekonstruieren.

(Foto: Gerardo Aguirre-Díaz)

Der Ausbruch des Ilopango in Mittelamerika gilt als Ursache einer antiken Kältephase in Europa und soll zur Pest beigetragen haben. Forscher sprechen von einer der größten Eruptionen der letzten Jahrtausende. Doch bei den Folgen sind sie zurückhaltender.

Es war einer der heftigsten Vulkanausbrüche der vergangenen Jahrtausende: In der Spätantike schüttete der Vulkan Ilopango im heutigen El Salvador einer Studie zufolge Asche über ein Areal von zwei Millionen Quadratkilometern - das entspricht fast der sechsfachen Fläche Deutschlands. Im Umkreis von 80 Kilometern wurde das Umland demnach unter einer so dicken Schicht begraben, dass sich die Vegetation erst nach vielen Jahren bis Jahrzehnten davon erholte, wie Forscher um Victoria Smith von der University of Oxford berichten. In den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") rekonstruieren sie die Naturkatastrophe samt ihrer Auswirkungen.

Vulkanausbrüche zählen, so betont das Team, neben Erdbeben, Tsunamis, Flächenbränden und tropischen Wirbelstürmen zu den schlimmsten Naturkatastrophen. In den vergangenen 200 Jahren gab es demnach nur zwei gut dokumentierte Vulkanausbrüche, die einen Explosivitätsindex ab sechs auf der achtstufigen Skala erreichten: 1815 überzog der Ausbruch des in Indonesien gelegenen Tambora die Erde mit einem Ascheschleier, der sogar im fernen Europa zu Abkühlung und Hungersnöten führte. Und 1991 ließ der Pinatubo auf den Philippinen die Temperaturen weltweit sinken.

Der nun untersuchte Ausbruch liegt viel weiter zurück: In Teilen Mittelamerikas zeugt eine mehrere Meter dicke helle Bodenschicht, die sogenannte Tierra Blanca Joven (Junge Weiße Erde), von einer gewaltigen Eruption. Im Zentrum davon liegt der Ilopango nahe San Salvador mit einem Kratersee von 13 mal 17 Kilometern Größe.

Ausbruch vordatiert

Frühere Studien hatten die Eruption auf die Jahre zwischen 270 und 562 eingegrenzt. Voriges Jahr datierten Forscher sie im Fachblatt "Quaternary Science Reviews" auf etwa das Jahr 540 - und sahen darin eine Ursache einer damaligen Kältephase in Europa. Die habe durch Missernten zu Mangelernährung beigetragen und so möglicherweise sogar die Ausbreitung der Pest begünstigt. Allerdings war diese Datierung umstritten.

Nun datiert das Team um Smith, dem Forscher aus neun Ländern angehören, den Ausbruch vor allem anhand der Analysen von Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis auf das Jahr 431 - also mehr als 100 Jahre vor Beginn der spätantiken Kältephase in Europa.

Zudem rekonstruierten die Wissenschaftler die Eruption durch Bodenuntersuchungen in der Umgebung des Vulkans. Dort enthalten manche Täler um die Caldera bis zu 70 Meter dicke Ablagerungen. Aus Untersuchungen an 72 Orten berechnet das Team, dass die Aschewolke damals bis in 45 Kilometer aufstieg und "binnen weniger Tage etwa zwei Millionen Quadratkilometer mit einer mindestens 5 Millimeter dicken Ascheschicht bedeckte". Betroffen war unter anderem ein Areal, das das heutige El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Teile des Pazifiks umfasste.

Das Volumen des ausgeworfenen Materials schätzen die Forscher unter Berücksichtigung seiner Dichte (DRE; Dense-Rock Equivalent) auf 50 bis 95 Kubikkilometer. Das sei etwa das 10- bis 20-Fache des Pinatubo, dessen Auswurfvolumen sie Dichte-bereinigt mit 3 bis 5 Kubikkilometer DRE angeben. Auf dem Explosivitätsindex ordnen sie den Ilopango-Ausbruch der Stärke 6,9 bis 7,3 zu.

Klimatische Auswirkungen?

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Demnach spuckte der Vulkan 14 Megatonnen Schwefel in die Stratosphäre. Die feinen Partikel lagerten sich zwar noch im mehr als 7000 Kilometern entfernten Grönland ab, zogen jedoch hauptsächlich nach Süden. Auf der Südhalbkugel sei die Temperatur vermutlich für ein paar Jahre um 0,5 bis 1 Grad Celsius gesunken, schreibt das Team.

Die klimatischen Auswirkungen der Eruption in Mittelamerika lassen sich dem Team zufolge nur schwer ermitteln. Im Flachland von Mexiko und Guatemala steuerte die Maya-Kultur damals, in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, auf ihre Blütephase zu: "Im mehr als 450 Kilometer vom Ilopango entfernten tropischen Maya-Tiefland, wo nur Millimeter Asche abgelagert wurden, scheinen die Folgen begrenzt gewesen zu sein", betonen die Forscher. "Archäologische Funden deuten darauf hin, dass die Maya-Monumente zu jener Zeit zunahmen, ebenso wie die Bevölkerung."

Quelle: ntv.de, Walter Willems, dpa

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