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122-Meter-Wal aus USA Neue Luftschiff-Generation soll Himmel erobern

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Die Pathfinder 1 von Lighter Than Air (LTA), angebunden an Betonballastblöcken in Vorbereitung auf Tests.

Die Pathfinder 1 von Lighter Than Air (LTA), angebunden an Betonballastblöcken in Vorbereitung auf Tests.

(Foto: LTA Research)

Fast 90 Jahre nach dem Ende der großen Luftschiffe könnten diese ein Comeback erleben. Das US-Unternehmen Lighter Than Air baut ein starres Luftschiff mit einer Länge von mehr als 120 Metern. Doch wofür braucht man so etwas?

Nach der Explosion des deutschen Zeppelins Hindenburg 1937 endet die Ära der gigantischen Luftschiffe abrupt. Doch könnte nun ein neues Kapitel aufgeschlagen werden: In den USA hat das Unternehmen Lighter Than Air (LTA) Research ein Luftschiff mit starrer Struktur gebaut, das größte, das es derzeit gibt: die 122 Meter lange Pathfinder 1. Laut dem Unternehmen hat sie bereits ihren ersten Flugversuch hinter sich, bisher jedoch nur in einem überdachten Hangar.

Besiegelte das vorläufige Ende der Mega-Luftschiffe: der Absturz der 245 Meter langen Hindenburg 1937 in Lakehurst, New Jersey.

Besiegelte das vorläufige Ende der Mega-Luftschiffe: der Absturz der 245 Meter langen Hindenburg 1937 in Lakehurst, New Jersey.

(Foto: dpa)

Die Hindenburg war mit 245 Metern zwar doppelt so lang wie Pathfinder 1 und spielte in einer ganz anderen Liga. Doch Alan Weston, der das Unternehmen LTA 2015 gegründet hat, ist der Überzeugung, dass Luftschiffe zwar nicht den Himmel zurückerobern werden, aber eine neue Nische finden können. Ein finanzstarker Unterstützer von LTA und Westons Vision ist Google-Mitgründer Sergey Brin.

'Zwitter' zwischen See und Luft

Welche Pläne verfolgt LTA mit dem Bau des größten starren Luftschiffs seit den 1930er-Jahren? Eine Idee: Das Luftfahrzeug soll nach Katastrophen schnell helfen können. "Bei der Ankunft an einem Katastrophenort ist die Infrastruktur häufig zerstört", so Weston gegenüber Bloomberg, was bedeute, dass herkömmliche Zugangswege wie Häfen, Flughäfen und Straßen unpassierbar sein könnten. "In solchen Situationen kann ein Luftschiff besonders nützlich sein."

Aber auch im Transportwesen könnten Luftschiffe künftig eine Rolle spielen. "Ein Luftschiff ist eine Art 'Zwitter' zwischen Seefracht und Luftfracht", sagte Carl Taussig, technischer Leiter bei LTA, dem IEEE Spectrum. Für das Nachfolgemodell von Pathfinder 1 sind bereits eine Länge von 185 Metern, eine erhöhte Geschwindigkeit, eine größere Reichweite und eine gesteigerte Frachtkapazität vorgesehen. Weston vermutet, dass die zukünftigen Luftschiffe seiner Firma LTA bis zu 200 Tonnen Ladung befördern könnten, was fast das Zehnfache einer Boeing 737 wäre.

Pathfinder 1 soll zunächst bis zu vier Tonnen Fracht befördern können, zusätzlich zur Crew, Wasserballast und Treibstoff. Die Spitzengeschwindigkeit soll bei 120 km/h liegen, im Normalfall aber bei 65 bis 75 km/h. Das Luftschiff sei dazu ausgelegt, eine Strecke von mindestens 2000 Seemeilen (3700 Kilometer) ohne Halt zu bewältigen, sagt Weston.

Leichter und stärker zugleich

Das 92 Meter lange Hybridluftschiff Airlander 10 der britischen Firma HAV war lange Zeit das größte Luftschiff - allerdings hat es kein starres Gerüst. Der Prototyp war nach einem Sturm 2017 nicht mehr einsatzfähig.

Das 92 Meter lange Hybridluftschiff Airlander 10 der britischen Firma HAV war lange Zeit das größte Luftschiff - allerdings hat es kein starres Gerüst. Der Prototyp war nach einem Sturm 2017 nicht mehr einsatzfähig.

(Foto: picture alliance / empics)

Was Pathfinder 1 von früheren Riesen-Luftschiffen wie der Hindenburg unterscheidet: Das innere Gerüst besteht nicht mehr aus Aluminiumträgern, sondern Kohlefaser-Röhren, die mit Titan-Verbindungsstücken zusammengehalten werden. Das soll die Struktur stärker und gleichzeitig leichter machen. Auch bei der Außenhülle gibt es Neuerungen: Waren es bei der Hindenburg noch gestrichene Leinen, kommt bei Pathfinder 1 ein dreilagiges, feuerresistentes Verbundmaterial aus Kunststoffen zum Einsatz.

Der entscheidende Unterschied ist laut den Machern jedoch, dass Pathfinder 1 komplett elektrisch fliegt - etwas, was früher undenkbar war. Angetrieben wird das Luftschiff durch zwölf Elektromotoren, die an der Seite und am Heck des Luftschiffs angebracht sind. Allerdings werden die Akkus dafür bisher noch wenig umweltschonend mit Dieselgeneratoren aufgeladen. Das soll jedoch auf Wasserstoff und Brennstoffzelle umgestellt werden. Die weiteren Perspektiven? Weston strebt die Massenproduktion an. Seine Luftschiffe könnten - im Gegensatz zu früher - mit einem kleineren Team und mit günstigen Materialien gebaut werden, sagt er.

Deutscher Luftschiff-Traum ging baden

Die gigantische, für den Cargolifter in Brandenburg gebaute Halle ist heute ein Freizeit- und Badeparadies.

Die gigantische, für den Cargolifter in Brandenburg gebaute Halle ist heute ein Freizeit- und Badeparadies.

(Foto: picture alliance / dpa)

Nicht nur in den USA, auch andernorts wird mehr oder weniger erfolgreich an neuen Luftschiffen geforscht: Hybrid Air Vehicles (HAV) aus Großbritannien hat ein Hybridluftschiff entwickelt, das Helium als Hebegas in einer aufblasbaren Hülle verwendet. Die 92 Meter lange Airlander 10, die bereits 2016 ihren Erstflug hatte, soll 2026 in den Dienst gestellt werden und Passagiere auf Kurzstrecken befördern.

Eher unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit sind in Süddeutschland bis heute die halbstarren Zeppelin NT des Unternehmens Zeppelin Luftschifftechnik unterwegs. Sie wurden in den 1990er-Jahren entwickelt und sind 75 Meter lang. Nur eine Handvoll von ihnen ist heute unter anderem als Werbefläche und für Rundflüge im Einsatz: 90 Minuten Flug kosten 750 Euro.

In Deutschland verbinden viele das Thema moderne Luftschiffe aber wohl zuerst mit dem Desaster um Cargolifter vor mehr als 20 Jahren. Damals wurde in Brandenburg für den Bau eines 260 Meter langen Transportluftschiffs Cargolifter CL 160 eine gigantische Halle errichtet. Cargolifter sollte in der Lage sein, bis zu 160 Tonnen Fracht praktisch an jeden Winkel der Erde zu transportieren. Es blieb beim Entwurf. Nach einem anfänglichen Hype ging die Cargolifter AG pleite. Heute beherbergt die Luftschiffhalle einen Freizeit- und Badepark.

Quelle: ntv.de

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