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Bizarres Phänomen ist zurück Orcas tragen tote Lachse als "Hüte" auf dem Kopf

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Orcas sind soziale Tiere, die eine komplexe Populationsstruktur aufweisen.

Orcas sind soziale Tiere, die eine komplexe Populationsstruktur aufweisen.

(Foto: picture alliance / Cover Images)

Schwertwale sind soziale Tiere mit einem ausgeprägten Spieltrieb - und anscheinend einem Gespür für Mode: Wie Hüte tragen einige Orcas vor der US-Westküste tote Lachse auf dem Kopf. Ein Trend, der erstmals in den 1980ern aufgetaucht ist und Forschern Rätsel aufgibt.

Hüte liegen wieder im Trend - zumindest bei Orcas: Forscher haben vor der Westküste der USA mehrere der Meeressäuger beobachtet, wie diese mit einem toten Lachs auf dem Kopf herumschwammen, als wäre der Fisch ein Hut. "Der Anblick war lustig", erzählt Deborah Giles, Wissenschafts- und Forschungsdirektorin der gemeinnützigen Organisation Wild Orca, dem Wissenschaftsmagazin "New Scientist". "So etwas habe ich schon eine Weile nicht mehr gesehen."

Tatsächlich ist der bizarre Trend nicht neu. Bereits Ende der 1980er Jahre haben Schwertwale im Nordpazifik solche "Lachshüte" getragen. Damals galt ein Weibchen als Trendsetterin. Nach und nach übernahmen immer mehr Tiere ihrer Gruppe die Mode, sie schwappte auch in zwei benachbarte Orca-Gruppen hinüber. Etwa ein Jahr später war die Kopfbedeckung aber plötzlich wieder aus der Mode. Fast 40 Jahre lang wurde kein Orca mehr mit einem Lachskadaver auf dem Kopf gesichtet - bis heute.

Biologe Andrew Foote von der Universität Oslo geht davon aus, dass ältere Tiere den Trend jetzt wieder aufleben lassen. Das Phänomen scheint ausschließlich an der US-Westküste aufzutreten. Zudem können Orcas sehr alt werden, teilweise bis zu 90 Jahre. "Es scheint daher möglich, dass einige Individuen, die [das Verhalten] damals zum ersten Mal erlebt haben, es nun wiederbelebt haben", sagt Foote dem Magazin.

Wenn sich Orcas langweilen ...

Aber warum tragen Orcas überhaupt "Lachshüte"? Schwertwale sind hochintelligente und vor allem verspielte Tiere. Mit Spieltrieb erklärten Forschende bereits ein anderes ungewöhnliches Orca-Phänomen: die Angriffe auf Segelboote vor der iberischen Atlantikküste. Langeweile habe hierbei möglicherweise eine Rolle gespielt. Experten vermuteten, dass Orcas die Boote angegriffen haben, weil es durch Fischereiverbote reichlich Thunfisch gab. Da sie weniger Zeit für die Futtersuche gebraucht haben, hatten sie wohl mehr "Freizeit" und "spielten" mit den Schiffen.

Langeweile könnte auch ein Grund für die "Lachshüte" sein, vermuten Meeresbiologin Giles und ihre Kollegen. Womöglich langweilen sich die Jäger, weil sie aktuell im südlichen Puget Sound an der Küste Washingtons reichlich Lachs vorfinden. Da sie längst wohlgenährt und satt sind, spielen sie mit ihrer Beute.

Eine andere Theorie, die ebenfalls mit dem Überangebot an Nahrung zusammenhängt, besagt, dass die Orcas sich nach der Mahlzeit einen Snack für später aufheben wollen. Statt in die Tupperdose wandert der Lachs bei den Meeressäugern auf den Kopf. Laut Giles passt das auch zu einem anderen Verhalten, das bei Orca-Populationen beobachtet wurde. "Wir haben gesehen, wie Schwertwale große Brocken Futter unter ihrer Brustflosse transportierten", sagt Giles. Lachse seien möglicherweise zu klein, um sicher unter der Flosse verstaut zu werden, sodass Orcas die Nahrung stattdessen auf dem Kopf transportierten.

Drohnen sollen das Rätsel lösen

Giles und ihr Team wollen den Orca-Trend nun genauer untersuchen. Im Vergleich zu den 1980ern haben sie heute einen entscheidenden Vorteil, um das Rätsel endgültig zu lüften: neue Technologien. Mithilfe von Drohnen könne man mit den Schwertwalen Schritt halten und ihr Verhalten genauer beobachten, so Giles. "Mit der Zeit können wir vielleicht genug Informationen sammeln, um die Frage nach dem Warum eindeutig zu beantworten."

"Vielleicht sehen wir dann, dass ein Tier beispielsweise etwa 30 Minuten lang einen 'Lachshut' trägt, bevor er den Fisch schließlich frisst", sagt die Wissenschaftlerin. Natürlich könne das Drohnenmaterial auch zeigen, dass die Orcas die Fische eine Weile auf dem Kopf tragen und sie dann einfach wieder ablegen. In diesem Fall müssten die Forscher wieder von vorn anfangen und eine andere Erklärung für dieses merkwürdige Verhalten finden.

Quelle: ntv.de

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