Studie zu Corona-Mittel Paxlovid kann Long Covid vorbeugen
10.11.2022, 17:06 Uhr
Paxlovid hemmt die Virusvermehrung im Körper.
(Foto: picture alliance/dpa)
Selbst nach einem milden Corona-Verlauf leiden manche Menschen noch lange Zeit unter Erschöpfung und anderen Symptomen. Laut einer neuen Studie könnte das Medikament Paxlovid viele Fälle verhindern.
Erschöpfung, Kopfschmerzen, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme: Das sind nur einige der vielfältigen Symptome von Long Covid. Etwa jeder Zehnte leidet unter den Spätfolgen einer Corona-Infektion. Einige dieser Fälle könnte das Medikament Paxlovid laut einer neuen Studie verhindern. Ein Forschungsteam um den Epidemiologen Yan Xie untersuchte die Wirksamkeit des Wirkstoffs Nirmatrelvir, der in den Corona-Tabletten enthalten ist. Diese wurden bislang vor allem zur Prävention von schweren Covid-Verläufen verabreicht.
In ihrer Studie, die noch von Fachleuten geprüft werden muss, griffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Gesundheitsdaten des US Department of Veteran Affairs zurück, einer Behörde, die sich um die Belange von Kriegsveteranen kümmert. Sie wählten diejenigen positiv getesteten Personen aus, die mindestens einen Risikofaktor für eine schwere Erkrankung hatten und zu Beginn der Infektion nicht in einer Klinik behandelt wurden. Zu den Risikofaktoren zählten etwa ein Alter von mindestens 60 Jahren, Übergewicht, Herz- und Kreislauferkrankungen sowie Diabetes mellitus.
Unter den 56.000 Patientinnen und Patienten hatten mehr als 9000 Menschen innerhalb von fünf Tagen nach dem positiven Test den Paxlovid-Wirkstoff Nirmatrelvir verabreicht bekommen. Der Rest hatte in den ersten 30 Tagen nach ihrer Infektion kein antivirales Medikament erhalten. Anhand von zwölf ausgewählten Symptomen, die typische Langzeit-Beschwerden von Covid-19 darstellen, wurden die Daten zu den Gesundheitszuständen beider Gruppen nach 90 Tagen miteinander verglichen.
Das Ergebnis: Nirmatrelvir senkte das Risiko für Long Covid um 26 Prozent. Bei zehn von zwölf untersuchten Beschwerden schnitten die Teilnehmenden, die nicht mit Nirmatrelvir behandelt wurden, schlechter ab - dazu gehörten etwa Kurzatmigkeit, Erschöpfung oder Herzrhythmusstörungen. Ebenso hatten Menschen aus dieser Gruppe ein größeres Risiko im Beobachtungszeitraum zu versterben oder in eine Klinik eingeliefert zu werden. Der Impf- beziehungsweise Genesenenstatus spielte bei der Wirksamkeit des Medikamentes keine Rolle.
"Wichtige Hilfe bei Long Covid"
"Paxlovid verringert das Risiko einer schweren Covid-19-Infektion in der akuten Phase, und jetzt haben wir Beweise dafür, dass es auch das Risiko für Long Covid verringern kann", wird Studienautor Ziyad Al-Aly in einer Pressemitteilung zitiert. "Diese Behandlung könnte eine wichtige Hilfe sein, um das ernste Problem Long Covid zu lösen."
Christian Karagiannidis, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DIVI) bezeichnete die Daten auf Twitter als sehr zuverlässig. Und auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach äußerte sich positiv: "Diese neue US Studie zeigt, dass die Gabe von Paxlovid nach COVID Infektion das Risiko von #LongCovid um 25% senkt. Gilt für Geimpfte, Ungeimpfte und für Geboosterte."
Allerdings gibt es auch Einschränkungen der Studie, auf die die Forschenden hinweisen: Bei den untersuchten Patienten handelt es sich um Veteranen der US-Armee, also vornehmlich um Männer im fortgeschrittenen Alter. Ob auch jüngere Menschen oder Senioren ohne bekannte Risikofaktoren von einer Behandlung mit Paxlovid profitieren, kann die Studie nicht beantworten. Zudem müsse noch untersucht werden, was passiert, wenn Nirmatrelvir erst nach der akuten Erkrankungsphase verabreicht wird, denn der Zeitpunkt der Gabe könnte ebenfalls Einfluss auf die Wirksamkeit des Mittels haben.
In Europa ist Paxlovid für Menschen ab 18 Jahren zugelassen. Voraussetzung dafür, dass sie das Medikament erhalten, ist, dass sie ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, aber keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen. Auch europäische Gesundheitsbehörden raten, eine Behandlung möglichst frühzeitig zu beginnen, spätestens fünf Tage nach dem Einsetzen erster Symptome.
Quelle: ntv.de, hny