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Skurrile Sexpraktik Rentner lüftet Penis-Geheimnis der Breitflügelfledermaus

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Die sechs bis acht Zentimeter großen Breitflügelfledermäuse kommen auch in Mitteleuropa vor.

Die sechs bis acht Zentimeter großen Breitflügelfledermäuse kommen auch in Mitteleuropa vor.

(Foto: picture alliance / blickwinkel/AGAMI/T. Douma)

Normalerweise zeugen Säugetiere ihren Nachwuchs durch penetrativen Geschlechtsverkehr. Doch der Penis der Breitflügelfledermaus ist viel zu groß für die Vagina des Weibchens. Wie paaren sich die kleinen Tiere also? Ein Rentner liefert nun überraschend Antworten.

Der übergroße Penis der Breitflügelfledermaus gibt Forscherinnen und Forschern seit Langem ein Rätsel auf: Im erigierten Zustand ist er siebenmal größer als die Vagina der Fledermausweibchen. Zudem ist die herzförmig verdickte Spitze viel zu dick für die nur rund 1,1 Millimeter kleine Vaginalöffnung. Normalerweise zeugen Säugetiere ihren Nachwuchs durch penetrativen Geschlechtsverkehr. Doch angesichts der Penis-Ausmaße scheint ein Eindringen des Breitflügelfledermausmännchens in seine Partnerin unmöglich. Wie paaren sich die Tiere dennoch?

Der Penis des Breitflügelfledermausmännchens

Der Penis des Breitflügelfledermausmännchens

(Foto: Fasel et al., Current Biology, 2023)

Die Antwort liefert ein niederländischer Rentner. Jan Jeucken filmte über viele Monate eine Gruppe Breitflügelfledermäuse auf dem Dachboden seiner Dorfkirche. Die Aufnahmen schickte er dem Biologen Nicolas Fasel und seinem Team von der Universität Lausanne in der Schweiz. Die Forschenden konnten so zum ersten Mal beobachten, dass die Fledermausmännchen ihren Penis als zusätzlichen Arm benutzen, um eine Paarung nur über den bloßen Kontakt der Geschlechtsteile zu ermöglichen, wie sie in der Fachzeitschrift "Current Biology" schreiben.

Das Besondere an den Aufnahmen: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zum ersten Mal die Genitalien der beiden Fledermäuse während des Aktes sehen. Möglich wurde das durch ein Gitter, auf dem die Tiere Sex hatten. Der Geschlechtsakt dauerte zwischen 53 Minuten und 12,7 Stunden.

Erste Kopulation durch bloßen Kontakt

Weitere Echtzeit-Beobachtungen von fast 100 Fledermaus-Paaren bei der Paarung hätten bestätigt, dass die Männchen ihren Penis nicht "als intromittierendes Organ benutzten", erklärten auch die an der Forschung beteiligten Wissenschaftler Susanne Holtze vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung und Marcus Fritze von der Universität Greifswald.

Vielmehr "bestieg" das Männchen demnach das Weibchen auf dem Rücken, wie es auch viele andere Säugetiere tun, und nutzte seinen langen Penis wie einen Arm, um die Flughaut zu umgehen, mit dem das Weibchen seinen Genitaltrakt schützen kann. Es folgte eine lange reglose Umklammerung, die auch als "Kontaktpaarung" bezeichnet wird. "Nach der Kopulation erschien das Fell am Hinterleib des Weibchens nass, was auf die Präsenz von Ejakulat und Spermien hindeutet", so die Biologen.

Diese Form der Fortpflanzung ist zwar bei Vögeln üblich, bei einem Säugetier wurde sie aber bisher noch nicht beobachtet. Somit könnten die Breitflügelfledermäuse die erste bekannte Säugetierart sein, für die eine Paarung ohne Penetration dokumentiert ist. "Unter der Annahme, dass während dieser Paarungen tatsächlich Spermien übertragen wurden, enthüllt unsere Studie damit ein für Säugetiere völlig neues Kopulationsmuster", konstatieren Fasel und sein Team. Ob es diese Form der nicht-penetrierenden Paarung auch bei anderen Fledermausarten gibt, muss nun noch untersucht werden.

Die Entdeckung hat das Forschungsteam nach eigenen Worten dem Fledermausenthusiasten Jeucken zu verdanken. Dieser sei "aufgrund seiner Leidenschaft der beste Mann", um die Fledermäuse zu verstehen, sagt Fasel. Obwohl der Rentner keinen wissenschaftlichen Hintergrund hat, wird er in der Studie als Mitautor genannt.

Quelle: ntv.de, hny

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