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Kritisches Kontaktverhalten "Super Spreader"-Gefahr steigt zuletzt an

Vor allem an Wochenenden kommen wieder mehr Menschen an einem Ort zusammen.

Vor allem an Wochenenden kommen wieder mehr Menschen an einem Ort zusammen.

(Foto: imago images/PA Images)

Um die vierte Corona-Welle zu brechen, werden erneut Kontaktbeschränkungen ins Spiel gebracht. Bewegungsdaten bestätigen, dass Menschen sich vor allem an Wochenenden wieder in größeren Gruppen treffen. Besonders bei einer niedrigen Impfquote ist das bedenklich.

Immer neue Höchstwerte markieren zuletzt die Neuinfektionen in Deutschland. Auch die Zahl der Intensivpatienten steigt mancherorts bedenklich an. Um dem Infektionsgeschehen Einhalt zu gebieten, dringt Charité-Virologe Christian Drosten unter anderem auf erneute Kontaktbeschränkungen. Aus wissenschaftlicher Sicht seien diese dringend erforderlich, um "die wirklich erschreckend hohe Inzidenz zu drücken", sagte Drosten dem "Spiegel".

Sars-CoV-2 breitet sich vor allem dann aus, wenn Menschen aufeinander treffen. Wie häufig das geschieht, ermittelt das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeinsam mit Forschern der Humboldt-Universität Berlin. Dafür werden die anonymisierten GPS-Daten von täglich etwa 600.000 Mobiltelefonen ausgewertet - nähern sich zwei Geräte auf etwa acht Meter, gilt das als Kontakt. Veröffentlicht werden diese Daten jede Woche im Kontakt-Monitor.

Mehr Menschen treffen sich in großen Gruppen

Was der Kontakt-Monitor offenbart: Ende September ging mit Beginn der Herbstwelle die Zahl der durchschnittlichen Kontakte pro Person spürbar zurück, was zunächst gut ist. Die Bewegungsdaten zeigen aber auch, dass ab Ende Oktober die Variation der Kontakte spürbar zunahm, vor allem an Wochenenden. Je höher dieser Wert, desto mehr Menschen treffen sich in großen Gruppen. Dies kann jedoch besonders zur Ausbreitung des Virus beitragen - es besteht die Gefahr von sogenannten "Super Spreader"-Ereignissen.

Der Anstieg der Variation deute darauf hin, dass "private Wochenendveranstaltungen größer werden", während Alltagsversammlungen, wie etwa Arbeitstreffen, in ihrer Größe stagnierten, schreibt Physiker Pascal Klamser auf Anfrage von ntv.de in einer Mail. Gemeinsam mit Florian Krammer erforscht er im Rahmen des Covid-19 Mobility Projects das Kontaktverhalten von Menschen in der Pandemie.

Die steigende Variation könnte somit Ursache für die jüngst rasant zunehmenden Infektionszahlen sein. Allerdings spiele dabei auch die Impfquote eine Rolle, betont Klamser. "Wenn die Variation in Bremen oder dem Saarland steigt, sollte das einen geringen Einfluss auf das Pandemiegeschehen haben, da beide hohe Impfquoten haben", schreibt der Physiker. Anders sei es jedoch, wenn die Impfquote geringer ist, wie etwa in Sachsen oder Thüringen. In diesen Fällen sollte die Variation der Kontakte "eine große Auswirkung auf die Infektionszahlen haben". Sprich, die Fallzahlen ziehen an.

Niedrige Impfquote, hohe Inzidenz

Der Kontakt-Monitor schlüsselt zwar nicht genau auf, in welchen Bundesländern sich das Kontaktverhalten ändert - er bildet lediglich den deutschlandweiten Trend ab. Was jedoch auffällt: Die Bundesländer mit den niedrigsten Impfquoten verzeichnen zuletzt ein intensives Infektionsgeschehen. Sachsen mit der deutschlandweit niedrigsten Impfquote von 57,4 Prozent etwa weist gleichzeitig die höchste Sieben-Tage-Inzidenz auf.

Charité-Virologe Drosten glaubt, dass Länder mit höherer Impfquote wie Spanien oder Portugal die Pandemie im Frühjahr wohl endgültig hinter sich lassen können. In Deutschland sieht er derzeit vor allem in Boosterimpfungen, dem Schließen von Impflücken und eben Kontaktbeschränkungen die Mittel der Wahl. Bei Letzteren setzt er auch auf Eigenverantwortung: Jeder solle überprüfen, ob man die eigenen Kontakte nicht wieder für ein paar Wochen bewusst einschränken könne. "Das eigenverantwortliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger hat uns schon in den vorherigen Wellen aus der Patsche geholfen", sagte Drosten dem "Spiegel". "Ich hoffe, dass das wieder gelingt."

Quelle: ntv.de

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