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Nicht nur zum Fressen gern Tiefseekraken mögen Glibbertiere

Absolute Dunkelheit, Kälte und ungewöhnliche Lebewesen: Die Tiefsee hält noch einiges an Überraschungen bereit. Forschern gelingt es nun, Tiefseekraken zu filmen, die Quallen mit allen Armen festhalten.

Die Tiefsee nimmt den größten Teil auf der Erde ein. Dennoch weiß man weniger über sie als über die Oberfläche des Mondes. Die unbekannten Regionen in den Tiefen der Meere sind sehr schwer erreichbar. Nur mit Hilfe von moderner und kostenintensiver Technik können dort Beobachtungen und Untersuchungen gemacht werden.

Haliphron atlanticus hält eine Qualle mit allen sieben Armen fest.

Haliphron atlanticus hält eine Qualle mit allen sieben Armen fest.

(Foto: MBARI)

Umso mehr freuten sich die Forscher um Henk-Jan Hoving vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel und Steve Haddock vom Monterey Bay Aquarium Research Institut über die Filme, die den sonst schwer auffindbaren Kraken mit dem lateinischen Namen Haliphron atlanticus zeigen.

Man weiß fast nichts über sie

"Diese Tiere gehören zu den größten bekannten Krakenarten" erklärt Hoving. Die weiblichen Tiere können bis zu vier Meter lang und bis zu 75 Kilogramm schwer werden. Die Männchen bleiben mit 30 Zentimetern wesentlich kleiner. Da diese Kraken in der Tiefsee leben, sei über ihre Lebensweise bisher nichts bekannt gewesen, so der Meeresbiologe. Über Größe und Gewicht weiß man nur Bescheid, weil einige tote Exemplare in Fischernetzen gefunden wurden. Forschern des Monterey Bay Aquarium Research Instituts ist es in den vergangenen 27 Jahren lediglich drei Mal geglückt, diese Krakenart lebend zu sehen.

Auch wenn nicht gut zu erkennen, aber auch dieser Haliphron atlanticus hält eine Qualle fest.

Auch wenn nicht gut zu erkennen, aber auch dieser Haliphron atlanticus hält eine Qualle fest.

(Foto: MBARI)

Das Forscherteam entdeckte nun einen solchen Tiefseekraken auf den Bildern eines ferngesteuerten Unterwasserroboters während einer Expedition in der kalifornischen Monterey Bay und vor Hawaii. Das Tier hielt eine große Qualle mit allen Armen fest. Grund genug für die Forscher, auf Bilder von zwei vorherigen Begegnungen mit der Art zu schauen. Und tatsächlich fanden sie ein anderes Exemplar, das eine Qualle in seinen Fangarmen hielt. "Als wir anschließend den Mageninhalt von fünf toten Exemplaren unter die Lupe nahmen, konnten wir erkennen, dass sie ebenfalls Quallen und andere gelatinöse Beute gefressen hatten", berichtet Dr. Hoving. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Quallen für den Tiefseekraken einen wichtigen Teil des Speisezettels ausmachen.

Schutz mit Nesselzellen

Quallen sind in der Tiefsee weit verbreitet und bieten dem eher langsamen Kraken eine einfach zu fangende Beute. Die Abwehrmechanismen der Quallen sind für einen großen aber langsamen Räuber wie den Tiefseekraken wohl verhältnismäßig einfach zu überwinden. Möglicherweise kann das Kraken-Weibchen nach dem Verspeisen der nährstoffreichen Teile den Schirm der Qualle mit den Nesselzellen sogar als Abwehr zu eigenen Zwecken nutzen.

Da Haliphron atlanticus seinerseits Beute für Pottwale, Blauhaie und Schwertfische ist, lässt die Entdeckung auch Schlüsse auf das gesamte Ökosystem der Tiefsee zu. "Gelatinöses Plankton wie Quallen und ähnliche Organismen wird bisher in seiner Funktion als Nahrung für viele andere Meeresbewohner und damit als Teil der gesamten Nahrungskette unterschätzt", betont Hoving.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift "Scientific Reports".

Quelle: ntv.de, jaz

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