"Fried Rice Syndrome" erklärt Wann Reste-Nudeln krank machen
02.11.2023, 17:50 Uhr Artikel anhören
Reste von gekochten Nudeln und Reis sollten schnellstmöglich im Kühlschrank landen, sonst droht eine Lebensmittelvergiftung.
(Foto: picture alliance / PantherMedia)
Ein junger Student stirbt 2008, nachdem er fünf Tage alte, ungekühlte Pasta-Reste gegessen hatte. Jetzt taucht der Fall in den Sozialen Medien auf und sorgt für Verunsicherung. Wann wird der Verzehr von Speiseresten tatsächlich gefährlich?
Wer kennt es nicht: Oft kocht man mehr Reis oder Nudeln, als man essen kann. Die Reste bleiben dann versehentlich über Nacht auf dem Küchentresen stehen. Doch kein Problem, ab in die Mikrowelle damit und zum Mittag gibt es Reste-Essen. Oder besser nicht? Glaubt man dem Internet, kann das nämlich fatale Folgen haben.
Durch die sozialen Medien geistert derzeit der Fall eines 20-jährigen Studenten, der 2008 starb, nachdem er aufgewärmte Pasta gegessen hatte, die zuvor fünf Tage bei Zimmertemperatur aufbewahrt wurde. Selbsterklärte Ärzte und Influencer warnen in diesem Zusammenhang vor dem "Fried Rice Syndrome" (übersetzt: "Gebratener-Reis-Syndrom"). Doch was ist das? Und wie gefährlich ist die Krankheit tatsächlich?
B. cereus bildet giftige Toxine
Das "Fried Rice Syndrome" bezeichnet eine Lebensmittelvergiftung, die durch Bakterien namens Bacillus cereus verursacht werden. Diese kommen besonders häufig in stärkehaltigen Lebensmitteln wie Reis und Nudeln vor - daher auch der Name. Aber auch andere Lebensmittel wie gekochte Kartoffeln oder Fleischgerichte können betroffen sein. "Durch die Verschmutzung mit sporenhaltigen Erdbodenpartikeln oder Staub kann B. cereus leicht auf Lebensmittel übertragen werden", erklärt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR).
In der Regel werden bakterielle Krankheitserreger bei ausreichender Erhitzung von Speisen abgetötet. B. cereus hat jedoch im Vergleich zu den meisten anderen Bakterien einen Trick auf Lager: Es bildet laut BfR Sporen, die sehr hitzeresistent sind. Das bedeutet: Selbst wenn die vegetativen Zellen durch Kochen, Braten und Backen abgetötet werden, können die Sporen auch hohe Temperaturen überleben.
"Diese Sporen sind im Grunde schlafend", erklärt Mikrobiologe Enzo Palombo von der Swinburne University of Technology im "Conversation". "Wenn sie aber die richtige Temperatur und die richtigen Bedingungen vorfinden, können sie aktiv werden, sich vermehren und Giftstoffe bilden." Je länger Lebensmittel, die gekühlt werden sollten, bei Raumtemperatur lagern, desto wahrscheinlicher ist es Palombo zufolge, dass sich diese Toxine entwickeln, die Magen-Darm-Erkrankungen auslösen.
"Todesfälle sind sehr selten"
B. cereus vermehrt sich laut Studien in einem Temperaturbereich von 10 bis 50 Grad Celsius. Am wohlsten fühlen sich die Bakterien jedoch zwischen 30 und 40 Grad. Sporen bilden sich meist ab 20 Grad aus - also bei Zimmertemperatur. Lässt man Nudeln oder Reis nun über Nacht draußen stehen, haben die Sporen ausreichend Zeit, wachstumsfähige Bakterien zu entwickeln. Diese bilden dann krank machende Toxine. Ein kurzes Erwärmen am nächsten Tag - beispielsweise in der Mikrowelle - kann dagegen kaum etwas ausrichten.
Zu den typischen Symptomen einer Infektion mit B. cereus gehören Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Die Beschwerden treten laut BfR bereits kurze Zeit nach dem Verzehr auf und klingen in der Regel innerhalb weniger Tage von selbst wieder ab. "Todesfälle sind sehr selten", sagt Mikrobiologe Palombo. Dafür müsse schon eine große Menge an Bakterien auf ein geschwächtes Immunsystem treffen. Ebenfalls sehr selten komme es zu schweren Krankheitsverläufen durch Leber- und Hirnschäden. Kinder, ältere und immungeschwächte Menschen haben dabei ein erhöhtes Risiko.
Da die Symptome anderen Magen-Darm-Erkrankungen ähneln und meist rasch abklingen, suchen Betroffene nur in seltenen Fällen einen Arzt auf. Daher gibt es Palombo zufolge keine genauen Zahlen darüber, wie häufig B. cereus auftritt. Das Bakterium sei allerdings nicht die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen. Andere Keime wie E.coli, Salmonellen und Campylobacter seien häufiger, ebenso wie virale Ursachen für Gastroerkrankungen wie das Norovirus. Dennoch sollte man sich laut Experten so gut es geht vor B. cereus schützen. Doch wie?
Auch Kühlschrank-Reste haben Ablaufdatum
"Man sollte die Zeit minimieren, die Lebensmittel in der Gefahrenzone verbringen", rät Palombo. Mit Gefahrenzone meint der Experte Temperaturen zwischen Kühlschranktemperatur und 60 Grad. "Wenn man nach der Zubereitung einer Mahlzeit einen Teil davon für die nächsten Tage aufbewahren möchte, sollte man die Reste sofort in den Kühlschrank stellen." Man müsse auch nicht unbedingt warten, bis die Nudeln oder der Reis vollständig ausgekühlt seien.
Eine gute Richtlinie ist laut Palombo die Zwei-Stunden/Vier-Stunden-Regel: "Wenn etwas bis zu zwei Stunden aus dem Kühlschrank genommen wurde, können Sie es ohne Bedenken wieder hineinstellen. Wenn es länger draußen war, verzehren Sie es und werfen Sie die Reste dann weg. Wenn es länger als vier Stunden draußen war, wird es zu einem Risiko."
Doch auch im Kühlschrank halten die Reste nicht ewig. Denn einzelne kältetolerierende Stämme von B. cereus können sich auch bei Temperaturen von vier bis sechs Grad vermehren, allerdings deutlich langsamer, wie das BfR schreibt. Daher sollten gekochte Nudeln nicht länger als drei bis vier Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden, sagt Dirk Bockmühl, Mikrobiologe an der Hochschule Rhein-Waal, der Zeitung "Good Health". Gekochte Kartoffeln sind dem Experten zufolge nur drei Tage gekühlt haltbar, gekochter Reis sogar nur zwei.
Eine Kontamination mit B. cereus kann laut BfR nie vollständig vermieden werden. Damit aber so wenige Erreger wie möglich auf Lebensmitteln landen, raten Experten, sich vor der Zubereitung von Mahlzeiten die Hände zu waschen, stets saubere Utensilien zu benutzen und Kreuzkontaminationen von gekochten und rohen Lebensmitteln zu vermeiden. Zum Schluss die wichtigste Regel: Im Zweifelsfall lieber wegwerfen.
Quelle: ntv.de