Autoritäres Land an der Spitze Welcher Staat ist der "beste" der Welt?
30.06.2023, 20:59 Uhr Artikel anhören
Bunt, modern und hochfunktional: der asiatische Stadtstaat Singapur.
(Foto: picture alliance / Markus Mainka)
Im westlichen Verständnis werden gut funktionierende Staaten oft mit Demokratie und Bürgerrechten in Verbindung gebracht. Doch das muss nicht so sein: In einem aktuellen Staatlichkeits-Ranking landen auch Autokratien weit oben. Und wie schneidet Deutschland ab?
Wie kann man bewerten, ob ein Staat gut funktioniert oder nicht? Das habe nicht immer etwas mit Demokratie zu tun, sagt die Politologin Theresa Paola Stawski laut einer Mitteilung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). In den vergangenen Monaten hat Stawski ein Länder-Ranking erstellt: Welche Staaten auf der Welt funktionieren am besten, welche am schlechtesten? Aus hiesiger Sicht die gute Nachricht: Deutschland landet relativ weit oben.
Aber wie ist Staat in dem Ranking definiert? "Den Staat können wir in allem sehen, was uns umgibt, zum Beispiel in den Straßen, den Gerichten, in der Polizei oder in den Schulen", sagt Stawski. Dass ein Patient, der eine Röntgenuntersuchung benötigt, zeitnah einen Arzttermin erhält, dass es flächendeckend Schulen gibt und dass Tag und Nacht Strom fließt, all das mache einen gut funktionierenden Staat aus.
Meinungsfreiheit nicht entscheidend
In dem aktuellen "Stateness Index" (deutsch: "Staatlichkeits-Index") steht Deutschland 2022 an zehnter Stelle von 173 Staaten. Aktuell werde viel und laut über den deutschen Staat geklagt, doch das sollte Bürgerinnen und Bürger laut Stawski nicht irremachen. "Woanders gibt es Hungersnöte, Epidemien und schwere Krankheiten, aber fast keine ärztliche Versorgung", sagt sie. Sehr vieles, was für die deutsche Bevölkerung selbstverständlich ist, sei in etlichen Staaten dieser Welt überhaupt nicht oder nicht mehr vorhanden.
Platz eins in dem Ranking nimmt Singapur ein. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate befinden sich im Feld der hochfunktionalen Staaten. Beide Länder sind keine Demokratien, sondern autoritär regiert. Staatsforschung, betont Stawski, sei keine Demokratieforschung, sondern "noch viel grundlegender". In einem Land, in dem zum Beispiel keine Meinungsfreiheit herrsche, könnten die Menschen dennoch mit allem Lebenswichtigen bestens versorgt sein.
Die Vereinigten Staaten belegen lediglich Platz 23 innerhalb des Rankings. Vor den USA befinden sich unter anderem Malta, Spanien, Frankreich und Japan. Direkt hinter den Vereinigten Staaten liegen Tschechien, Österreich, Kanada und Barbados. Noch besser als Deutschland funktionieren Australien, Dänemark und die Niederlande. Aber auch vom baltischen Staat Estland kann Deutschland offenbar noch lernen.
Krisenländer auf hintersten Rängen
"Wir haben nicht nur den formalen Staat gemessen, sondern wir haben uns auch die informelle Seite angeschaut", so die Politologin. Diese informelle Seite betrifft zum Beispiel das Thema Korruption. In manchen Ländern muss man damit rechnen, dass die Ordnungsmacht bestochen ist. Es mag vielleicht genug Polizisten geben. Doch wenn Polizisten parteilich handeln, ist das für die Bürgerinnen und Bürger schlecht.
Auf den hinteren Rängen des Staatlichkeits-Rankings landen krisengeplagte Länder wie Südsudan, Jemen und Libyen. "Hierbei handelt es sich um kollabierte Staaten", erklärt Stawski. Faktisch existiert dort keine produktive staatliche Arbeit mehr. Wobei sich der Jemen zumindest minimal verbessert habe. Vor allem gut gemachte Reformen können die Staatlichkeit laut Theresa Paola Stawski aufwerten. Reine Regierungswechsel hingegen wirkten sich oft kaum aus.
Quelle: ntv.de, kst