Alte Liebe rostet doch Braucht Sydney eine neue Harbour Bridge?
31.07.2013, 02:16 Uhr
Ein Bogen, der den Australiern die Welt bedeutet: die Harbour Bridge in Sydney.
(Foto: picture alliance / dpa)
Sie ist das Wahrzeichen Sydneys. Jeder Australier kennt sie, jeder Tourist liebt sie: die Harbour Bridge. Doch die Brücke hat ihre Kapazitäten ausgeschöpft - und was noch schlimmer ist: Sie rostet. Ein Geschäftsmann wirbt für einen Neubau. Das sorgt für Wirbel.
Roboter entfernen die alte Bleifarbe von der Sydney Harbour Bridge, dem stählernen Wahrzeichen der Stadt. Ein 50-köpfiges Team ist damit beschäftigt, das freigelegte Metall mit einer Hightech-Beschichtung einzubalsamieren. Das soll den weltgrößten Stahlbogen besser als zuvor daran hindern, sich in den roten Staub zurückzuverwandeln, aus dem er vor mehr als 80 Jahren geschmiedet wurde. Eine echte Zeit- und Geldverschwendung, findet der Geschäftsmann Ross Cameron, nicht nur aufgrund der immensen Instandhaltungskosten.
Bei ihrer Eröffnung 1932 trug die Brücke nur einen Bruchteil der Verkehrslast, für die sie ausgelegt war. Heute, mit täglich 160.000 Fahrzeugen und 300.000 Fußgängern, ist ihre Kapazität ausgeschöpft. Und Sydney ist in der Zwischenzeit auf mehr als das Vierfache angewachsen.
Anders wäre besser
Das eigentlich Richtige wäre laut Cameron, den alten Bau aufzugeben. Seine Vision: eine in der Fabrik vorgefertigte, neue Brücke mit temporären Zufahrtsstraßen. Diese könnte auf Pontons auf dem Wasser schwimmen und schließlich auf die Fundamente der alten Brücke geschoben werden, sobald diese abgebaut ist.
Der ehemalige Politiker und Investmentbanker Cameron hat ein Konsortium gegründet, um 2 Mrd. Australische Dollar (ca. 1,38 Mrd. Euro) für eine Brücke zusammenzubekommen, die fast identisch wie die Harbour Bridge aussähe - nur, dass sich eine sechs- oder sogar achtgleisige Bahntrasse unter dem Bogen entlangzieht. Das würde den Bau eines zweiten Bahntunnels unnötig machen, den die Regierung derzeit für rund 10 Mrd. Dollar plant. Cameron ist überzeugt: Sein Entwurf löst Sydneys Verkehrsproblem.
Wahrzeichen Sydneys

Ein Bild erschafft ein Image: Feuerwerk in Sydney ist untrennbar mit der Harbour Bridge verbunden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Problem ist allerdings ein ganz anderes. Das weiß auch Cameron. "Das Bild der Menschen von Sydney ist untrennbar mit der Brücke verbunden", sagt er. Die Harbour Bridge ist der beliebteste Bau der Stadt, Teil der Seele Sydneys. Touristen stehen Schlange, um ganz nach oben auf den Stahlbogen zu steigen. Er bietet das Panorama, vor dem sich alljährlich das gewaltige Feuerwerk ausbreitet, mit dem die Australier das neue Jahr begrüßen. Und die Brücke gibt mit dem anderen Wahrzeichen Sydneys, dem wellenförmigen Opernhaus, ein perfektes Bild ab. Entsprechend schwer fällt den Einwohnern der Gedanke an eine andere Brücke am selben Ort.
Einen Hafen ohne den dominanten Stahlbogen kann sich auch Peter Mann, der für die Wartungsarbeiten an der Harbour Bridge zuständig ist, nicht vorstellen. "Die visuelle Erscheinung der Brücke ist Teil unserer Kultur", sagt Mann. "Wäre es ein anderer Typ Brücke gewesen, wäre es dann so eine Ikone? Nein." Ihr Ende werde eines Tages kommen, räumt Mann ein. "Die Brücke wird nicht so lange wie die Pyramiden halten, welche aus Stein gebaut sind, aber sie wird definitiv zu unseren Lebzeiten und den unserer Kinder in Betrieb sein."
Zukunftslösung Betonummantelung?
Er glaubt, dass eine Zukunftslösung eine Brücke wäre, bei welcher der Stahl mit Beton ummantelt wird. "Diese (Brücken) sind billig zu machen. Sehr effizient. Sie werden gebaut, um 100 Jahre zu halten und werden dann ersetzt. Und die Instandhaltung hält sich in Grenzen."
Die Chance, dass die Regierung doch den Plan für einen zweiten Hafentunnel verwirft und Camerons Konzept einer Ersatzbrücke übernimmt, ist hauchdünn. Die Macht des Originals zeigt sich auch darin, dass sich selbst Cameron nicht vorstellen kann, dass die Politiker etwas Anderes genehmigen könnten als ein Ebenbild der Harbour Bridge. Wie er selbst sagt: "Jede Generation kann dem unsterblichen Bogen treubleiben, während die Moleküle ausgetauscht werden, die ihn bilden."
Quelle: ntv.de, Sid Astbury, dpa