Tödlicher Einsatz über der Ostsee Hubschrauber versinkt im Meer
01.03.2014, 11:56 Uhr
Speziell für den Offshore-Einsatz ausgestattet: Zwei unabhängige Motoren treiben den Hauptrotor der BK-117 an (Archivbild).
(Foto: dpa)
Tragisches Unglück vor der deutschen Küste: Ein Helikopter mit vier Rettungsspezialisten an Bord stürzt ins vier Grad kalte Wasser. Nur einer der beiden Piloten überlebt. Der Notarzt und sein Bergungsassistent sterben an Bord der sinkenden Maschine.

Der Rettungshubschrauber "Christoph Offshore 2" auf dem Flugplatz von Güttin (Archivbild).
(Foto: picture alliance / dpa)
Beim Absturz eines Offshore-Rettungshubschraubers vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns sind ein Notarzt, ein Rettungsassistent und einer der beiden Piloten ums Leben gekommen.
Die Maschine war an einer Rettungsübung mit Schiffen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) beteiligt, als er am Abend gegen 18.40 Uhr aus zunächst unbekannter Ursache in Sichtweite seines Übungsziels abstürzte.
Die beiden Piloten konnten sich nach dem Aufschlag auf der Wasseroberfläche aus der sinkenden Maschine befreien. Sie wurden von den herbeieilenden Rettungskräften aus dem etwa vier Grad kalten Wasser geborgen. Einer der beiden Geretteten befand sich nach der Rettung in kritischem Zustand und erlag kurz darauf an Land seinen schweren Verletzungen.
Der zweite Pilot erlitt nach Angaben des Kreiswehrführers Gerd Scharmberg Unterkühlungen - obwohl er nur vergleichsweise kurz im Wasser war. Die beiden übrigen Crew-Mitglieder, die sich zum Unglückszeitpunkt im Arbeitsraum des Helikopters hinter den Piloten aufgehalten hatten, galten zunächst als vermisst. Nach ihnen wurde in einer intensiven Rettungsaktion noch Stunden nach dem Absturz gesucht.
Plötzlich an Höhe verloren
Die Absturzstelle liegt vor der deutschen Küste etwa vier Kilometer östlich von Darßer Ort auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst, in der Nähe des Windparks Baltic 1. Die Rettungsflieger waren nach Angaben von Petra Hentschel, Sprecherin der DRF Luftrettung, sehr erfahren und routiniert. "Das ist uns völlig unerklärlich", sagte Henschel. Das Team war eingespielt, der Hubschrauber sei "technisch einwandfrei" gewesen.

Notarztversorgung für Offshore-Mitarbeiter: Bei einem Übungsflug kommen drei Rettungskräfte ums Leben.
Der DRF-Hubschrauber war im Anflug auf einen Seenotrettungskreuzer, auf dem der Notarzt mit einer Rettungswinde abgeseilt werden sollte. Augenzeugenberichten zufolge war der Hubschrauber beim dritten Anflugversuch plötzlich abgesackt und in einer Entfernung von etwa einer Seemeile (rund 1,8 Kilometer) auf dem Wasser niedergangen. Der DGzRS-Seenotkreuzer sei sofort zur Unglücksstelle gefahren, hieß es. Die Besatzung konnte jedoch zunächst nur die beiden Piloten aus dem kalten Wasser holen.
An der umgehend eingeleiteten Rettungsaktion waren neben dem Seenotrettungskreuzer auch Schiffe der Feuerwehr, der Polizei, ein dänischer Suchhelikopter und Kräfte der deutschen Marine beteiligt. Ein Hubschrauber der Bundeswehr brachte noch am Abend Spezialtaucher zum Unglücksort, um in der gesunkenen Maschine nach den beiden vermissten Insassen zu suchen. Unterdessen suchten Helfer die Wasseroberfläche in der weiteren Umgebung ab.
Überlebensanzug als letzte Hoffnung
Da alle Crew-Mitglieder des abgestürzten Hubschraubers wie bei solchen Einsätzen üblich mit Überlebensanzügen ausgestattet waren, bestand zunächst noch die Hoffnung, die Vermissten doch noch lebend im Wasser treibend aufzufinden. Zumindest wollte keiner der an der Suchaktion beteiligten Spezialisten diese Chance am Abend ausschließen - obwohl sich der Absturz und das Versinken der Maschine in Sichtweite der Ersthelfer ereignete. "Alles konzentriert sich jetzt auf die Suche der Vermissten", hatte ein Sprecher der Rettungskräfte die Lage in den Stunden nach dem Absturz zunächst zusammengefasst.
Die letzte Hoffnung der Retter hat sich zerschlagen. Mit Hilfe von Sonargeräten konnte das Wrack schnell geortet worden. Bei der Absuche im Inneren der Maschine stießen die Marinetaucher schließlich auf die sterblichen Überreste der Vermissten. Gegen Mitternacht wurden die beiden Toten - der DRF-Notarzt und sein Rettungsassistent - von Tauchern aus dem versunkenen Hubschrauber geborgen.
Nach dem Absturz des Hubschraubers herrscht große Betroffenheit bei der DRF Luftrettung. "Wir sind völlig fassungslos", sagte DRF-Sprecherin Hentschel. "Es waren nicht nur Kollegen für uns, sondern Freunde."
Hinweise auf die Unglücksursache lagen zunächst nicht vor. Laut Polizei soll das Wrack im Laufe des Samstags gehoben werden. Nach Angaben der DRF werden das Luftfahrtbundesamt sowie das Bundesamt für Flugunfalluntersuchung die Ermittlungen zur Unglücksursache übernehmen.
Bewährter Rettungshubschrauber
Bei der Unglücksmaschine handelt es sich den Angaben zufolge um einen speziell für den Einsatz auf hoher See ausgerüsteten Rettungshubschrauber mit dem Rufnamen "Christoph Offshore 2". Der Helikopter vom Typ BK 117-C1 verfügt zum Beispiel über eine Außenwinde zum Abseilen eines Notarztes und zum Bergen von Verletzten. Der Typ BK-117 - eine Gemeinschaftsentwicklung des deutschen Hubschrauberhersteller MBB und des japanischen Kawasaki-Konzerns - gilt als bewährt und sehr zuverlässig.
Der Hubschrauber war erst im vergangenen Oktober am Flugplatz Güttin auf der Insel Rügen stationiert worden. Von dort war er auch zu jenem verhängnisvollen Unglücksflug gestartet. Nach Angaben des Betreibers DRF war der Helikopter auf einem Routine-Übungsflug, bei dem das Absetzen eines Notarztes auf einem Schiff geübt wurde. Einsätze dieser Art sind Teil der Aufgaben, die die DRF im Meer vor Rügen für Energiekonzerne mit Windkraftanlagen in der Ostsee übernimmt.
Beim Bau und im Betrieb der Offshore-Windparks in der Ostsee sind zeitweise mehrere hundert Menschen an und in den Anlagen vor der Küste tätig. In Notfällen benötigen sie rasch Hilfe, für die der Betreiber Vorsorge treffen muss.
Früheren DRF-Angaben zufolge fliegt die Maschine im Rahmen des Werksrettungsdienstes Einsätze für die 50Hertz Offshore GmbH und dem Windparkbetreiber EnBW Baltic 2 GmbH fliegen. Mit dieser Kooperation stellen die Energieunternehmen die notärztliche Versorgung ihrer Mitarbeiter in den Offshore-Anlage sicher.
Der Einsatz zwischen Windenergieanlagen auf hoher See stellt besondere Anforderungen an Personal und Technik. Um die oft winzigen Arbeitsplattformen von Steuer- und Windkraftanlagen im Notfall auch bei widrigen Witterungsbedingungen erreichen zu können, muss die Besatzung der medizinisch und technisch speziell ausgerüstete Hubschrauber regelmäßig den Anflug auf bewegliche Absetzpunkte wie etwa einen Rettungskreuzer trainieren. Der Hubschrauber "Christoph Offshore 2" verfügte über eine spezielle See-Aussstattung sollte angeblich noch bei Windstärken von bis zu 100 Kilometern pro Stunde zum Einsatz starten können.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa