Urne im Wohnzimmer Lockert Bremen den Friedhofszwang?
27.08.2013, 15:53 Uhr
Diese Urnen stehen noch im Regal eines Bestattungsinstituts.
(Foto: dpa)
Eine Urne im Bücherregal, die Asche eines Gestorbenen in einem Fluss? In Bremen könnte das künftig möglich sein, wenn das Landesparlament einer Gesetzesänderung zustimmt. Das kleinste Bundesland wäre damit dann Vorreiter in Deutschland.
In den USA dürfen Urnen mit den sterblichen Überresten von Angehörigen im Wohnzimmer stehen. In der Schweiz darf die Asche verstreut werden. In Deutschland ist das bislang nicht erlaubt. Doch in Bremen könnte sich das nun ändern. Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in der Bremischen Bürgerschaft haben einen Antrag eingebracht, der das Bremer Bestattungsrecht novellieren soll.
Fast überall auf der Welt sei es möglich, eine Urne zuhause aufzubewahren, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen in Bremen, Maike Schäfer. "Nur in Deutschland gilt der Friedhofszwang für Urnen." Es sei an der Zeit, das Feuerbestattungsgesetz von 1934 abzuschaffen.
Die Bestattungspflicht lasse sich sowieso umgehen - über eine Einäscherung im Ausland. "Im Kofferraum wird die Urne dann heimlich nach Hause gebracht", sagt Schäfer. Dies sei für die Betroffenen würdelos und treibe Angehörige in eine illegale Situation hinein. "Wir wollen das legalisieren, was ohnehin schon gemacht wird", sagt Schäfer.
"Sobald man stirbt, ist man Eigentum des Staates"
Das Online-Bestattungsunternehmen Anternia mit Sitz in Bornheim in Nordrhein-Westfalen bestätigt, dass sich viele Menschen individuelle Bestattungsformen wünschen. Anternia bietet beispielsweise Einäscherungen in der Schweiz an. "Der Trend ist steigend", sagt Unternehmenssprecher Markus Deutsch. Aus Gesprächen mit Angehörigen wisse er, dass sich viele vom Staat bevormundet fühlten: "Sobald man stirbt, ist man Eigentum des Staates."
Gunnar Grau, Chef der GDS Bestattungen im niedersächsischen Bad Fallingbostel, berichtet ebenfalls von stärkerer Nachfrage nach individuellen Bestattungsmöglichkeiten. Seit 2009 bietet er mit einem Kooperationspartner in der Schweiz Beisetzungsplätze an. Etwa 40 Prozent seiner Kunden entschieden sich für diesen Weg, sagt Grau.
Die Urne von einem gestorbenen Ehepartnern werde gerne mit nach Hause genommen. Innerhalb von zwei Jahren werde aber etwa die Hälfte dieser Urnen bestattet. Später ließen oft die Kinder die Urnen ihrer Eltern zusammen beisetzen, sagt Grau.
"Das hat für mich nichts mit Würde zu tun"
Dies könnte nun in Bremen legal werden. Nach dem Antrag von Rot-Grün sollen Angehörige eine Urne zwei Jahre lang zu Hause aufbewahren dürfen. Dafür müsse dies zu Lebzeiten bekundet und zeitgleich eine Urnengrabstelle reserviert und finanziert worden sein. Auf ausgewiesenen Friedhofsflächen soll die Asche ausgestreut werden dürfen. Zudem soll geprüft werden, auf welchen anderen Flächen dies gemacht werden kann. In Bremen könnte das in der Weser oder in Parks erlaubt werden, hofft Schäfer. Stimmt das Landesparlament dem Antrag zu, wird der Senat der Bürgerschaft einen Vorschlag für eine Reform des Bestattungsrechts vorlegen. "Damit wären wir Vorreiter in Deutschland", sagt die Abgeordnete.
Kritik kommt jedoch von der oppositionellen CDU und der Bremischen Evangelischen Kirche. Eine Urne im Wohnzimmer zu haben, ist für die Bürgerschaftsabgeordnete und Bremer CDU-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Elisabeth Motschmann, undenkbar. Es gebe zu viele ungeklärte Fragen.
Der stellvertretende Schriftführer der BEK, Pastor Bernd Kuschnerus, lehnt eine Aufhebung der Friedhofs- und Bestattungspflicht klar ab: "Es entspricht unserem christlichen Verständnis, die Totenwürde zu achten und die Hinterbliebenen zu trösten, indem wir sie bei Abschied und Trauer begleiten." Eine Urne im Wohnzimmer - auch nur für zwei Jahre - kommt für ihn nicht infrage. "Das hat für mich nichts mit Würde zu tun."
Quelle: ntv.de, dpa