Gericht entscheidet über Steuerpflicht Wie sinnlich darf Massage sein?
06.11.2013, 19:22 UhrWo sexuelles Vergnügen anfängt und wo es aufhört, das soll jeder selbst entscheiden, meint man. Nicht ganz, denn wenn der Spaß beim Körper-Kneten allzu groß wird, kann diese Frage sogar Gerichte beschäftigen. In Stuttgart prozessiert die Betreiberin eines Tantra-Salons.
Eine Anbieterin von Tantra-Massagen hat in Stuttgart gegen die von der baden-württembergischen Landeshauptstadt festgesetzten Vergnügungssteuern geklagt, wie sie etwa Bordelle, Laufhäuser oder Swingerclubs zu zahlen haben. Ihr waren 2012 für zwei Monate 840 Euro berechnet worden. Das Verwaltungsgericht muss nun entscheiden, ob es sich bei den Dienstleistungen der Klägerin um sinnliche Massagen oder doch um steuerpflichtiges sexuelles Vergnügen handelt.
Bei den Tantra-Massagen entkleiden sich Kunde und Masseurin und sind dann beide völlig nackt. "Wir sind mit den Klienten kleidungsmäßig immer auf der gleichen Stufe", sagte die Klägerin bei der Verhandlung. Bei der Massage werde der Intimbereich bewusst mit eingeschlossen, weil er eben zum "ganzen Körper" gehöre, betonte die 55-Jährige.
Orgasmus ja, Sex nein
Die Anwendung folge dann einem strikt einzuhaltenden Ritus. Ein Orgasmus sei dabei möglich. Hauptzweck sei aber nicht das sexuelle Vergnügen, sondern das ganzheitliche Wohlbefinden im Sinne der tantrischen Erkenntnislehre. Geschlechtsverkehr finde nicht statt.
Dass das Unternehmen der Klägerin "Gelegenheit zu sexueller Vergnügung" einräume, wie es in der Steuersatzung steht, stellt ihr Anwalt nicht in Frage. Allerdings sei dies nicht das Ziel. Und auf keinen Fall sei der kleine Massagesalon eine ähnliche Einrichtung wie Bordelle, Laufhäuser oder Swingerclubs.
Der Vorsitzende Richter sagte, dass der Vergleich mit bordellähnlichen Einrichtungen möglicherweise "nicht so ganz" passe. Gut wäre, sagte er, wenn die Stadt für Grenzfälle wie diesen einen eigenen Tatbestand definiert hätte. So aber gebe es nur Schwarz oder Weiß, und das Gericht müsse dazwischen wählen. Die Entscheidung soll am Donnerstag bekanntgegeben werden.
Nach Auskunft einer Gerichtssprecherin ist der Stuttgarter Prozess um die Tantra-Massagen der erste seiner Art. Eine sogenannte Sexsteuer gibt es neben Stuttgart in etlichen deutschen Städten, aber längst nicht in allen. Hamburg und Berlin etwa haben keine. Köln gehörte vor rund zehn Jahren zu den Vorreitern bei der Steuer.
Quelle: ntv.de, dpa