Politik

Fast eine Milliarde Menschen hungert Ein Brot kostet 30 Euro

Ein Marktstand in Berlin demonstriert die Lebensmittelpreise in manchen Regionen der Welt.

Ein Marktstand in Berlin demonstriert die Lebensmittelpreise in manchen Regionen der Welt.

(Foto: dapd)

70 Prozent ihres Einkommens müssen Menschen in manchen Teilen der Erde für ihre Nahrung ausgeben. In Deutschland würde Brot so 30 Euro, ein Beutel Kartoffeln 50 Euro kosten. Darauf verweist die Welthungerhilfe. An den Preissprüngen sei aber nicht nur der Klimawandel schuld, sondern auch Biosprit und Spekulationen. Allerdings gebe es auch Verbesserungen.

925 Millionen Menschen leiden weltweit unter Hunger, in 26 Ländern gilt die Situation als sehr ernst. Darauf hat die Welthungerhilfe in Berlin anlässlich des jüngsten Welthunger-Indexes (WHI) hingewiesen. Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel Dieckmann machte darauf aufmerksam, dass Preisschwankungen die Hungerproblematik verschärfen, selbst wenn es in manchen Weltregionen nachweislich Verbesserungen gibt.

In der Demokratischen Republik Kongo im Herzen Afrikas sind Hunger und Unterernährung im weltweiten Vergleich am weitesten verbreitet. Mit einem Wert von 39 ist dieses Land nach jahrelangem Bürgerkrieg nicht nur das Schlusslicht im Welthunger-Index 2011, vielmehr hat sich die Lage im Kongo seit 1990 (Wert von 24) gegen den weltweiten Trend drastisch verschlechtert. In anderen Weltregionen schneiden Haiti und Indien besonders schlecht ab.

Brot für 30 Euro, Kartoffeln für 50 Euro

"Die Familien schicken die Kinder nicht mehr in die Schule, sparen an den Gesundheitskosten und reduzieren die Mahlzeiten so weit, dass die Mangelernährung bei Kindern wieder steigt", beklagte Dieckmann unter Hinweis auf die bei Grundnahrungsmitteln in den vergangenen Jahren. Wenn ein deutscher Haushalt die Kosten in vergleichbarer Weise zu spüren bekommen sollte, müsste ein Brot laut Welthungerhilfe fast 30 Euro oder ein Beutel Kartoffeln 50 Euro kosten.

In Ländern wie Nigeria müssen viele Menschen mehr als 70 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben, in Deutschland sind es 12 Prozent. Die Organisation erklärte, dass neben dem Klimawandel und daraus folgenden schlechten Ernten und Viehsterben auch die Herstellung von Treibstoff aus Agrarprodukten zu den Engpässen beiträgt. Subventionen für diese Treibstoffe müssten abgeschafft und Beimischungsquoten flexibler geregelt werden. "Es muss immer gelten: Nahrung vor Agrartreibstoffen", betonte Dieckmann.

"Spekulationen auf Nahrungsmittel Einhalt gebieten"

Zudem verwies Dieckmann darauf, dass Preissprünge auch durch Spekulationen hervorgerufen würden. Händler hätten Lebensmittel als neue Geldquelle entdeckt. Es bedürfe dringend EU- und weltweiter Regelungen, um exzessiven Spekulationen auf Nahrungsmittel Einhalt zu gebieten, forderte Dieckmann. Der Welthunger-Index (WHI) ist ein Versuch der Welthungerhilfe, nicht nur den Anteil der Unterernährten, sondern insbesondere auch das Untergewicht von Kindern unter fünf Jahren und den Anteil der Kinder, die unter fünf Jahren sterben, zum Maßstab für die Hungerproblematik zu machen.

Welthungerhilfe-Präsidentin Dieckmann macht auch Spekulationen für die Preissprünge verantwortlich.

Welthungerhilfe-Präsidentin Dieckmann macht auch Spekulationen für die Preissprünge verantwortlich.

(Foto: dapd)

Unterernährung ist laut Welthungerhilfe zur Hälfte für Kindersterblichkeit verantwortlich. Weltweit ist dieser Index, der zusammen mit dem International Food Policy Research Institute (IFPRP) erstellt wird, zwischen 1990 (19,7) und 2011 (14,6) stetig zurückgegangen. Verlierer gegenüber der Situation von 1990 sind aber neben dem Kongo auch Burundi, Nordkorea, die Komoren, Swasiland und die Elfenbeinküste.

Insgesamt stehen Afrika südlich der Sahara und Südasien am schlechtesten da. Hohe WHI-Werte erhalten dort neben Bangladesch (24,5) und Indien (23,7) auch Nepal und Kambodscha (beide 19,9) sowie Nordkorea (19,0). Oft sind es militärische Konflikte, die die Situation verschärfen, wie etwa in Somalia. Das noch immer unter den Folgen des schweren Erdbebens von Anfang 2010 leidende Haiti zählt zu den Ländern, in denen sich der Index zwischen 2001 und 2011 erhöht hat (von 26 auf 28,2).

"Grundlegende Fortschritte nicht erzielt"

Überdurchschnittliche Verbesserungen schafften seit 1990 mehrere große Länder Lateinamerikas, etwa Mexiko (auf nunmehr weniger als fünf) und Peru (von 14,5 auf 5,9), aber auch der Iran (von 9,4 auf nunmehr unter fünf) und Saudi-Arabien (von 5,8 auf unter fünf).

"Grundlegende Fortschritte wurden jedoch nicht erzielt", betonte Klaus von Grebmer von dem am Welthunger-Index beteiligten internationalen Forschungsinstitut für Ernährungspolitik (IFPRI). Die jüngsten Bilder von ausgemergelten Menschen am Horn von Afrika hätten der Welt vor Augen geführt, dass das Hungerproblem ungelöst sei. Bis 2015 wollten die Vereinten Nationen die Zahl Hungernder halbieren. "Selbst dieses beschämend anspruchslose Ziel wird bis 2015 nicht erreicht werden", sagte von Grebmer.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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