Kommentar Matschie verbockt das Tor
01.10.2009, 15:20 Uhr
Matschie möchte jetzt gerne Kultusminister werden ...
(Foto: dpa)
Es ist wie verhext: Die SPD verpatzt jede Möglichkeit, einen klaren Kurs zu fahren. Diesmal ist es Christoph Matschie, der grandios eine "Groß-Chance" versiebt. Die CDU darf sich freuen.
Thüringens SPD-Chef sagt eine rot-rot-grüne Koalition ab – und macht den Weg frei für eine CDU-geführte Regierung. Und das, nachdem bei der Bundestagswahl am Sonntag klar wurde, dass sich die Genossen an der Seite der Konservativen inhaltlich aufreiben und massiv zusammenschrumpfen. Die CDU dürfte sich ins Fäustchen lachen über dieses Geschenk. Nun gibt es weder einen SPD- noch einen Linken-Ministerpräsidenten – dafür steht die bisherige Sozialministerin und CDU-Verhandlungsführerin Christine Lieberknecht bereit. Wie man sein Profil schärft, das hat die SPD also immer noch nicht begriffen. Es gelingt jedenfalls nicht, indem man der Union trotz deren starker Verluste den Steigbügel hält.
Ramelow hat umsonst verzichtet.
(Foto: AP)
Dabei hätte es Matschie so leicht gehabt: Die Bundes-SPD hat als Konsequenz aus der Niederlage im Bund die Türen für eine Zusammenarbeit mit Lafontaines Linker bis zum Anschlag aufgerissen. Doch die Eitelkeiten waren zu groß. Matschie kann den thüringischen Linken-Chef Bodo Ramelow nicht leiden - umgekehrt gilt das wohl auch. Da nützen auch die Stanzen nichts, die Matschie als Erklärungsversuche bemüht. Die Linke habe sich bis zuletzt geweigert, die Vorgabe von SPD und Grünen zu akzeptieren, dass sie nicht über das Amt des Regierungschefs bestimmen kann. "Dem einfachen Satz 'Die SPD stellt den Ministerpräsidenten' wollte die Linke nicht zustimmen", so Matschie. Dass diese Forderung der SPD aufgrund des Wählervotums im Falle eines rot-rot-grünen Bündnisses gar nicht zusteht, hat er bis heute nicht verstanden. Und sogar, dass Ramelow auf den Ministerpräsidenten-Posten verzichtet hatte, konnte an Matschies bockiger Einstellung nichts verändern. Matschie selbst will sich nun als Kultusminister versuchen.
Die Basis hat das Wort
Ob die Sozialdemokraten ihn allerdings auf diesen weichen Sessel lassen, ist noch offen. Denn Matschie sieht sich nun erheblicher Kritik ausgesetzt. Der frühere Landesvorsitzende der Thüringer SPD, Richard Dewes, hat Matschie bereits als "politischen Scharlatan" bezeichnet. Er sei "enttäuscht" über den Beschluss des SPD-Landesvorstandes. Dewes setzt auf die Basis, in der sich auch schon Unmut breitmacht. Dass der Parteitag den Weg der Führung mitgeht, ist längst nicht klar. Im Gegenteil: Die Konfrontation könnte eine bittere Stunde für Matschie werden.
Vielleicht ist es aber auch gut, dass alles so gekommen ist. Im Gegensatz zu Matschie und Ramelow verspricht eine weibliche Führung halbwegs sachliche Politik. Dieses testosteron-geschwängerte Hin und Her, diese egomane Rambo-Politik, diese unwürdige Intoleranz ist den Thüringern schließlich nicht zu wünschen. Vor allem Matschie hat in den letzten Wochen kein Reifezeugnis erworben – dieses ist für das Amt des Ministerpräsidenten jedoch zwingende Voraussetzung.
Quelle: ntv.de