Tebartz-van Elst, die Kirche und das Geld "Der geschmähte Oberhirte aus Limburg"
21.10.2013, 21:16 Uhr
Der Skandal um Tebartz-Van Elst rückt den Umgang der Kirche mit ihren Finanzen in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen machen neben dem Limburger Bischof auch marode Strukturen und eine Verweltlichung der Kurie für die Krise verantwortlich.
Die Tagespost aus Würzburg sieht die Ursache des Skandals in einer Verweltlichung kirchlicher Strukturen. Im Rahmen dieses Prozesses "werden Hirten zu Managern, Ordinariate zu Höfen, Laien zu Funktionären, der Glaube zum Politikum und die allgegenwärtige Selbstbespiegelung tritt an die Stelle der Frohbotschaft". Aus innerer Überzeugung und nicht von den Medien getrieben müsse die Kirche eine "Revolution" vollziehen: "Die theologische Grundlage dafür hat Benedikt XVI. mit seiner Entweltlichungs-Rede gelegt."
Die Neue Osnabrücker Zeitung verweist indes auf die Vorbildfunktion von Papst Franziskus, der durch sein vorbildliches Handeln "eine neue Identifikationsfigur" darstelle: "Dem eigenen Oberhaupt nachzueifern, ist eine echte Herausforderung für Funktionsträger und Gläubige. Geld an sich sei nicht schlecht, sondern könne auch Gutes bewirken, sofern es nicht das Herz angreife, predigte Franziskus. Das richtet sich nicht nur an einen Limburger Bischof, sondern an die gesamte Kirche. Die Katholiken dürfen stolz auf ihr Oberhaupt sein, das Perspektiven aufzeigt."
"Der Image-Schaden, der bis dato angerichtet wurde, ist immens", schreibt die Nürnberger Zeitung und sieht den Bischof allein, nicht die Medien, in der Verantwortung: "Tebartz hat durch sein unangemessenes Verhalten die Kirche in eine Verteidigungsposition gebracht, aus der sie nur schwer herausfindet." Der Skandal lenke die Kirche von ihren eigentlichen Aufgaben ab: "Statt Seelsorge zu betreiben und der Welt den Spiegel vorzuhalten, verzetteln sich die Bistümer zurzeit in Presseerklärungen über den Stand ihrer Finanzen. Kein Wunder, dass auch die meisten seiner Mitbischöfe Tebartz-van Elst gern in die Wüste schicken würden."
Ungeduldigen Kritikern des Bischofs entgegnet die Rhein-Neckar-Zeitung: "Die römische Kurie arbeitet für gewöhnlich gründlich, also langsam." Dies könne dazu führen, dass die Krise als Chance genutzt wird: "Wirklich revolutionär wäre es, wenn der Papst den Limburger Fall zum Anlass nähme, die Kurie Deutschland zu reformieren."
Das Delmenhorster Kreisblatt zeigt wenig Mitleid mit dem viel kritisierten Tebartz-van Elst: "Es ist nicht der geschmähte Oberhirte aus Limburg, der hier am meisten zu leiden hat. Auch wenn er das gern über die Medien verbreiten lässt. Nein, die Suppe auslöffeln müssen andere - nämlich all jene, die sich als Ehrenamtliche oder als unterdurchschnittlich bezahlte Beschäftigte für die vermeintlich arme Kirche einsetzen." Es seien diese Menschen, so die Zeitung weiter, die am stärksten spüren, wenn die Kirche hemmungslos kritisiert oder gar verspottet wird." Tebartz-van Elst müsse zurücktreten, das "ist mittlerweile eine Frage der Ehre", so die Zeitung abschließend.
Geht es nach der Märkischen Oderzeitung, reicht ein Rücktritt des Bischofs nicht aus. Dieser allein könne das Vertrauen in die Kirche nicht wieder herstellen: "Im Gegenteil. Mittlerweile werden immer mehr Dokumente bekannt, dass sowohl der Vatikan informiert war als auch der angeblich hinters Licht geführte Verwaltungsrat, der dem Bischof sogar einen Blankoscheck erteilte." Anhand der Ergebnisse der eingesetzten Prüfungskommission werde sich zeigen: "Hier hat ein System versagt." Umso wichtiger sei es, die Fehler offenzulegen. Außerdem gelte es zu beachten, dass "der umstrittene Tebartz-van Elst bei aller berechtigten Kritik an seiner Amtsführung (…) auch einen Anspruch auf ein faires Verfahren" hätte.
Zusammengestellt von Aljoscha Ilg
Quelle: ntv.de