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Isar 2 und Neckarwestheim Habeck: Stand heute wäre Winter-Einsatz von AKW nötig

Isar 2 ist eines der beiden süddeutschen AKWs, die weiter am Netz bleiben müssen, sagt Bundeswirtschaftsminister Habeck.

Isar 2 ist eines der beiden süddeutschen AKWs, die weiter am Netz bleiben müssen, sagt Bundeswirtschaftsminister Habeck.

(Foto: dpa)

Frankreich bekommt die Probleme mit seinen Atomkraftwerken wohl nicht mehr rechtzeitig bis zum Winter in den Griff. Deswegen werden deutsche AKW länger als geplant arbeiten müssen, um die Netze stabil zu halten und die Versorgung zu sichern. Minister Habeck und die Betreiber haben dazu Eckpunkte-Papier vereinbart.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erwartet, dass die beiden süddeutschen AKW Isar 2 und Neckarwestheim über das Jahresende hinaus am Netz bleiben. Wahrscheinlich sei ein AKW-Weiterbetrieb bis Mitte April 2023. Vor allem die fehlende französische Atom-Leistung würde den Einsatz als Reserve dann notwendig machen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck in Berlin. "Die Daten aus Frankreich haben sich in den letzten Wochen immer weiter nach unten entwickelt. Von ursprünglich angegebenen 50 GW an Leistung aus den dortigen Atomkraftwerken im Winter ist nicht mehr auszugehen", sagte Habeck weiter. Dies seien auch die Annahmen der französischen Regierung, weil viele AKW wegen Wartungsarbeiten nicht laufen können.

"Als für die Energiesicherheit verantwortlicher Minister muss ich daher sagen: Wenn diese Entwicklung nicht noch in ihr Gegenteil verkehrt wird, werden wir Isar 2 und Neckarwestheim im ersten Quartal 2023 am Netz lassen." Stand heute halte er das für "notwendig". Die Gespräche mit den Betreibern seien abgeschlossen, es sei ein Eckpunktepapier vereinbart worden.

Um die Reserve zu ermöglichen, würden die Betreiber "ab sofort alles Erforderliche in die Wege leiten", damit die Anlagen über den 31. Dezember hinaus bis spätestens zum 15. April 2023 weiter betrieben werden könnten. Die zwischen Habeck und den Betreibern vereinbarten Eckpunkte seien die Grundlage für die nächsten Schritte zur Umsetzung der Einsatzreserve. Dazu wolle die Bundesregierung gesetzliche Regelungsvorschläge erarbeiten. Bis Ende Oktober solle das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sein.

Eigentlich sollten im Rahmen des Atomausstiegs die letzten drei AKW am Jahresende abgeschaltet werden. Für den Reaktor Lingen im Emsland soll dies laut Wirtschaftsministerium in jedem Fall weiter gelten. Habeck hatte angesichts der Energiekrise bereits einen Plan für eine sogenannte Einsatzreserve vorgestellt: Danach sollten die beiden Reaktoren zwar grundsätzlich zum Jahresende vom Netz gehen. Im Fall von Netz-Problemen im Süden sollten sie dann aber wieder hochgefahren werden.

Grundlage für die Überlegungen war ein sogenannte Stresstest der Stromnetzbetreiber, der in verschiedenen Szenarien die Lage im Winter beleuchtete. Danach kann der AKW-Einsatz im Extremfall - den Habeck jetzt für wahrscheinlich hält - einen Beitrag zur Netzstabilität leisten. Jedoch werden in dem Szenario auch Abschaltungen etwa von Industriebetrieben genannt. Als kritisch wurde bereits damals die Lage in Frankreich eingestuft. Strom fließt daher in das Nachbarland ab - auch um das europäische Netz stabil zu halten. Habeck sprach von einer drohenden Überbeanspruchung der Exportkapazitäten.

Meiler laufen nicht mehr mit voller Kraft

Der Plan der Einsatzreserve hatte sich in den Einzelheiten aber bereits wegen eines Defekts an Isar 2 als nicht mehr umsetzbar erwiesen. Laut Betreiber PreussenElektra muss das AKW für die Reparatur noch im Oktober heruntergefahren werden, damit es dann wieder länger in Betrieb gehen kann. Ein weiterer Stopp danach sei nicht möglich. Bei Verzicht auf die Reparatur könne der Reaktor nur wie geplant bis Jahresende laufen und müsse dann endgültig stillgelegt werden.

Inzwischen haben sich das Ministerium sowie Eon und der Neckarwestheim-Betreiber EnBW auf Umsetzung und Konditionen eines möglichen Einsatzes 2023 verständigt. Beide Konzerne erklärten, das Konzept zu unterstützen. Wird die Reserve genutzt, würde das AKW Isar 2 seinen Betrieb bis Anfang März 2023 fortsetzen, erklärte das Ministerium. Dabei könnten zwischen anfänglich etwa 95 Prozent bis etwa 50 Prozent der Leistung zum Ende bereitgestellt und damit zwei Terawattstunden Strom produziert werden.

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Neckarwestheim könne nach einem technisch notwendigen Stillstand Anfang Januar 2023 zwischen etwa 70 Prozent bis etwa 55 Prozent der Leistung zum Ende bereitstellen und insgesamt 1,7 Terawattstunden Strom erzeugen. Entsprechende Verträge über den Einsatz werde man mit den Betreibern noch schließen.

Unter dem Strich will der Staat garantieren, dass die Unternehmen mit der Reserve keine Verluste erleiden. Mögliche Gewinne auch angesichts der hohen Strompreise würden die Betreiber dann in die Energiewende investieren. Parallel werde man bis Ende Oktober die gesetzlichen Regelungen abschließen. Dazu gehört vor allem eine Änderung des Atomgesetzes, das derzeit die Abschaltung aller Meiler zum Jahresende vorschreibt. Eckpunkte zu den nötigen Gesetzes-Änderungen sollten nächste Woche im Kabinett beschlossen werden.

Quelle: ntv.de, ysc/rts/dpa

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