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Kein Grund für Japan-Importverbot Aigner bei Radioaktivitäts-Check

Der Zollbeamte und Strahlenschutzbeauftragte Laurent von Hofe erklärt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner die Funktionsweise eines Dosimeter-Strahlenmessgeräts.

Der Zollbeamte und Strahlenschutzbeauftragte Laurent von Hofe erklärt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner die Funktionsweise eines Dosimeter-Strahlenmessgeräts.

(Foto: dapd)

Wurden nach der Fukushima-Katastrophe still und leise die EU-Strahlengrenzwerte für Lebensmittel aus Japan erhöht? Die EU-Kommission weist solche Vorwürfe zurück. Bundesverbraucherministerin Aigner sieht sich bei einem Radioaktivitäts-Chef am Frankfurter Flughafen um und konstatiert keine Strahlenbelastung bei Importen.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner sieht angesichts der Atomkatastrophe in Japan derzeit keinen Grund für ein Importverbot für Lebens- und Futtermittel aus Japan. In Deutschland sei bei den Kontrollen bisher keine Strahlung gemessen worden, sagte die CSU-Politikerin bei einem Besuch bei Strahlen-Kontrolleuren am Frankfurter Flughafen. Sollte sich das ändern, schloss Aigner ein Importverbot allerdings nicht aus.

Seit dem 26. März dürfen Lebens- und Futtermittel aus Japan nur noch mit einem Zertifikat importiert werden, das die Überprüfung auf Radioaktivität bescheinigt. Eine neue EU-Richtlinie schreibt eine zweite Kontrolle am Flughafen des Importlandes vor. "Wir arbeiten hier mit Netz und doppeltem Boden", sagte Aigner. Die EU-Regelung gilt nur für Flughäfen, die Direktflüge aus Japan erreichen. Daher ist laut Flughafenzoll neben Frankfurt nur noch München betroffen.

Wenig Importe aus Japan

Aigner betonte, nur sehr wenige Frachtflieger aus Japan landeten in Deutschland: "Japan ist ein Importland." Nicht einmal 0,1 Prozent aller Lebensmittel, die Deutschland importiert, kämen aus Japan. Sie sehe keinen Anlass zur Sorge für die deutsche Bevölkerung. Trotzdem: "Niemand kann eine Strahlenbelastung in bestimmten Einzelfällen ausschließen." Je länger in Fukushima Strahlung aus dem havarierten Kraftwerk austrete, umso höher sei die Wahrscheinlichkeit.

Für die Importkontrolle in Frankfurt umrundet bereits auf dem Rollfeld ein Zoll-Auto jede aus Japan eingeflogene Palette. Die an den Fensterscheiben des Wagens montierten Messfühler können auch sehr geringe Mengen Radioaktivität erfassen. Bei erhöhten Werten würde der Bereich um Flieger und Fracht abgesperrt. Die Feuerwehr müsste dann die Ergebnisse überprüfen. Stichprobenartig macht der Frankfurter Flughafen diese Tests an Fracht aus aller Welt bereits seit der Tschernobyl-Katastrophe.

EU: "Wir haben überhaupt nichts erhöht"

Die EU-Kommission wies inzwischen Berichte zurück, nach denen über eine Eilverordnung Strahlengrenzwerte für Lebensmittel aus Japan erhöht wurden. "Wir haben überhaupt nichts erhöht", sagte ein Sprecher in Brüssel. Am Wochenende seien lediglich Regelungen in Kraft getreten, auf die man sich bereits 1987 nach der Atomkatastrophe in Tschernobyl geeinigt habe. Ziel der Verordnung sei es, die Kontrollen nach dem Unglück von Fukushima zu verschärfen.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch und das Umweltinstitut München hatten zuvor kritisiert, dass Nahrungsmittel seit dem Wochenende deutlich höher radioaktiv belastet sein dürfen als im Normalfall. Sie gehen davon aus, dass vor der Eilverordnung eine andere Verordnung mit niedrigeren Grenzwerten galt.

Dies verneint die Europäische Kommission allerdings. Demnach gibt es zwar eine andere Verordnung mit alten, niedrigeren Grenzwerten. Diese gelte allerdings nur für Lebensmittel, die in Folge der Tschernobyl-Katastrophe verstrahlt wurden. Zudem seien die Werte direkt nach dem Unglück in der Ukraine "politisch" festgelegt worden, heißt es aus der Kommission. Die jetzt gültige Verordnung entspreche hingegen wissenschaftlichen Grundlagen.

Foodwatch fordert Importstopp aus Japan

Foodwatch und das Umweltinstitut München fordern einen Importstopp für Lebensmittel aus Japan. Es gebe in Europa zwar derzeit keinen Anlass zur Sorge über hochbelastete Produkte aus Japan, dennoch dürften Radioaktivitäts-Grenzwerte für japanische Lebensmittel nicht erhöht werden, hatte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode am Dienstag in Berlin gesagt. Die EU hält die Werte für angemessen. Sie berücksichtigten "in gebührender Weise die neuesten, zur Zeit auf internationaler Ebene verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse".

Unterdessen entdeckten die südkoreanischen Behörden geringe Spuren radioaktiver Substanzen in Lebensmitteln aus Japan. In 14 von 244 getesteten Produkten seien radioaktives Jod und Cäsium nachgewiesen worden, teilte die koreanische Nahrungs- und Arzneizulassungsbehörde (KFDA) in Seoul mit. Die gemessenen Werte in den 14 Produkten, darunter Melonen, Brot, Kekse und Vitamine, lägen jedoch weit unter der zulässigen Höchstgrenze für Cäsium und Jod. Für die Gesundheit der Verbraucher bestehe keine Gefahr.

Lebensmittellieferungen für die EU-Länder aus Japan werden derzeit an den Außenkontrollstellen streng überprüft. Aus Japan werden allerdings ohnehin nur wenige Lebensmittel nach Europa exportiert. Die EU erwägt derzeit auch verpflichtende Tests auf Plutonium. Diese gibt es bislang nicht, weil kein größerer Austritt des radioaktiven Stoffs nachgewiesen wurde.

Quelle: ntv.de, dpa

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