"Black Badge"-Edition Schwarzmalerei bei Rolls-Royce
24.03.2017, 17:52 Uhr
Black is beautiful: So will Rolls-Royce extravagante und leistungsorientierte Kunden gewinnen.
(Foto: Tim Adler/ Rolls Royce)
Dass sich Serienhersteller ihr eigenes Tuning-Unternehmen leisten, um die mannigfachen Verunstaltungen ihrer Autos zu verhindern, ist bekannt. Das aber auch Nobelkarossen davon betroffen sind scheint neu. Rolls-Royce kommt dem mit seiner "Black-Badge"-Edition zu vor.
Rolls Royce sieht schwarz. Natürlich nicht bei den Absatzchancen, die könnten besser kaum sein. Aber beim Styling. Mit einer "Black Badge"-Edition für die Modelle Ghost und Wraith sollen neue Kunden mit besonderen Ansprüchen bei Lifestyle und Leistung gewonnen werden. Englischer Auto-Adel als böser Bube? Einen solchen Spagat hat die Luxusmarke in ihrer 106-jährigen Geschichte noch nie hingelegt.
Exklusive Felgen aus Karbon, Alu und Titan kennzeichnen die Sondermodelle der schwarzen Serie.
(Foto: Tim Adler/ Rolls Royce)
Produktmanager Matt Butt hat nicht nur einen "großen Appetit bei den Kunden" festgestellt, ihre Autos zu individualisieren, sondern auch den Wunsch nach mehr Leistung. Zwar kann der Ghost mit seinen bislang 570 PS keinesfalls als untermotorisiert angesehen werden, doch für manchen Gangsta-Rapper war das wohl nicht genug. Die schwarze Magie von 612 PS dürfte auch diese Kunden zufrieden stellen, weil gleichzeitig das Drehmoment um 60 Newtonmeter auf 840 Newtonmeter angehoben wurde. Der Wraith als stärkster Rolls-Royce aller Zeiten bleibt auf seinem Niveau von 632 PS, bekommt aber eine Steigerung der Durchzugskraft auf 870 Newtonmeter.
Besser mit Chauffeur
Dass Rolls Royce die Schwarzmalerei entdeckt, hat gute Gründe. Die Kundschaft ist mit durchschnittlich 46 Jahren nicht die Allerjüngste und hat einen Hang zum chauffiert werden. An die gut betuchten jungen Selbstfahrer kommt man nur heran, wenn man etwas Lifestyliges mit sportlicher Attitüde im Sortiment hat. "Wir haben gesehen, dass gerade in Arabien und den USA einige Kunden nachträglich ihre Autos tiefschwarz eingekleidet haben", weiß Matt Butt, oft geschieht dies unter Inanspruchnahme kleiner Spezialausrüster, und nicht immer lässt das Ergebnis Geschmackssicherheit erkennen.
Auto-Hersteller versuchen immer wieder, luxuriösen Fahrkomfort und sportliche Dynamik in einem Fahrzeug zu vereinen und diesen Zielkonflikt einer überzeugenden Lösung näher zu bringen. Die schwarze Lackierung des Markensymbols Spirit of Ecstasy, besser bekannt als "Emily", für Trauerkleidung zu halten, würde der Wahrheit aber nicht gerecht. In früheren Jahrhunderten trug auch die Braut schwarz als Zeichen festlichster Hochzeits-Stimmung und heute ist Schwarz vielerorts das neue Gold geworden.
Der kann sogar die Reifen qualmen lassen
Das schwarze Abzeichen ("Black Badge") ist bei dem Viertürer Ghost und dem Coupé Wraith ein als Negativ abgebildetes Markenlogo, das die beiden ineinander verschränkten R-Buchstaben als silberne Ziffern auf schwarzem Grund zeigt. Weitere optische Merkmale sind exklusive 21-Zoll-Felgen, die aus Titan und Karbon gefertigt sind, schwarz lackierte Kühlerrahmen und Endrohre, großflächig verteilte Karbon-Applikationen im Innenraum und extravagante Farben für die Lederpolster.
Die Entdeckung der dunklen Seite der Edelmarke birgt außer technischen auch eine kulturelle Überraschung: Das sonst so traditionsbewusste Haus kann historische Vorbilder für die Schwarzmalerei nicht vorweisen. Mit der vergangenes Jahr auf dem Genfer Autosalon erstmals gezeigten Verdunkelung der Produktlinien betrat Rolls-Royce marketingtechnisches Neuland. Und wenn auch sonst die Maxime gilt, jeder Kundenwunsch könne erfüllt werden, soll es zum Beispiel die Felgen nur exklusiv für die Black-Badge-Modelle geben.
Die Modifikationen der Ausstattung und des 6,6-Liter-Zwölfzylinders werden ergänzt durch Feintuning an Gaspedal- und Getriebeabstimmung, die Achtgang-Automatik bekam einen "Low"-Modus, der bei Beschleunigung in niedrigen Gängen diesen länger hält und bis maximal 6000 Touren ausdreht. Und sollte es noch eines weiteren Beweises für die Sportlichkeit des Wraith bedürfen, berichtet Matt Butt vom "Festival of Speed" im englischen Goodwood. Beim Rolls-Royce-Heimspiel ließ das Coupé im traditionellen Bergauf-Rennen so prominente Konkurrenz wie Jaguar, Aston Martin oder McLaren mit qualmenden Reifen hinter sich.
Locker 17 Liter auf 100 Kilometer
Was für die potentiellen Kunden kaum von Belang ist, muss den Chronisten der Kfz-Welt durchaus interessieren: Verbrauch und Anschaffungspreis. Für beide Fahrzeuge gibt der Hersteller des Durchschnittsverbrauch nach EU-Norm mit 14,6 Litern je 100 Kilometer an, bei Testfahrten einschließlich gelegentlicher Vollgas-Intermezzi auf den beschränkungsfreien Teilen des Berliner Rings dürfen es gern auch mal 17 Liter sein. In Deutschland kostet die dunkle Seite eines Ghost 324.870 Euro, für den Wraith sind 339.150 Euro zu veranschlagen.
So wie ein Gewichtheber nur bedingt zum Bodenturner taugt, so wenig wird aus einem Rolls-Royce ein Rennwagen. Die Maßstäbe von souveräner Eleganz und kompromisslosem Komfort müssen markenkonform bleiben, so dass sich die Straffung von Fahrwerk oder die grimmige Akustik der Abgasanlage in Grenzen halten. Auch zu einer Steigerung der Höchstgeschwindigkeit über die Marke von 250 km/h hinaus konnte man sich nicht durchringen, obwohl es als sicher gelten kann, dass der Kundschaft dies sehr willkommen gewesen wäre.
Black-Badge bleibt einzigartig
Die Lenkung ist direkter ausgelegt, wobei der Wraith wegen des kürzeren Radstandes scharfe Kehren eine Idee williger nimmt. Das mit 41 Zentimetern Durchmesser gewohnt üppig dimensionierte Lenkrad meldet unverzüglich, wenn beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal die Regelsysteme alle Schaltkreise voll zu tun haben, den 2,5-Tonnen-Koloss in der Spur zu halten. Auf Allradantrieb für ihre Kostbarkeiten müssen die wilden Reichen noch etwas warten.
Auf einen Anteil von etwa 15 Prozent der Produktion sei die Planung von schwarzen Schafen in der Rolls-Herde ausgelegt, sagt Matt Butt. Das wären bei einer Kapazität von 2500 Ghost und Wraith jährlich etwa 375 Exemplare. Weder die herrschaftliche Chauffeurs-Limousine Phantom, noch das Cabriolet Dawn sind nach derzeitigem Stand für eine Black-Badge -Verkleidung vorgesehen.
Quelle: ntv.de