Fünf Jahre "Wir schaffen das" Christian Pfeiffer: "Beachtliche Erfolge bei der Integration"
31.08.2020, 13:43 UhrParallel zur starken Flüchtlingszuwanderung der Jahre 2015/2016 war es in Deutschland zunächst zu einem deutlichen Anstieg der Kriminalität gekommen. Nach zehn Jahren eines kontinuierlichen Rückgangs um 8,3 Prozent hatten die polizeilich registrierten Straftaten in den beiden folgenden Jahren plötzlich um 4,8 Prozent zugenommen. Ein noch bedrohlicheres Bild vermitteln die Daten zur Gewaltkriminalität. Nachdem solche Taten zwischen 2007 und 2014 noch um 17 Prozent zurückgegangen waren, verzeichnete die Polizei anschließend bis 2016 ein Plus um 7 Prozent. Am Beispiel Niedersachsens konnten wir (pdf) zudem etwas deutlich belegen: Diese Zunahme war zu über 90 Prozent den Flüchtlingen zuzurechnen und hier überproportional häufig solchen Migranten, die keinen gesicherten Aufenthaltsstatus erreicht hatten.
Doch für die drei folgenden Jahre vermitteln die Daten der polizeilichen Statistik ein völlig anderes Bild. Zwischen 2016 und 2019 ist die Gewaltkriminalität wieder auf das Niveau gesunken, das sie 2014 hatte. Die Zahl der insgesamt registrierten Straftaten hat 2019 sogar mit 5,44 Millionen den niedrigsten Stand seit 1992 erreicht. Sie liegt damit um 14,7 Prozent unter der des Jahres 2016. Zur Frage, welche Rolle hierbei die Flüchtlinge spielen, gibt das Bundeskriminalamt mit seinem hierzu alljährlich herausgegebenen Bundeslagebild zwei wichtige Antworten: Erstens hat die Zahl der pro Jahr registrierten tatverdächtigen Asylsuchenden seit 2016 um fast die Hälfte abgenommen - von 280.000 auf 147.000 im Jahr 2019. Zweitens gilt aber auch: Bei jedem dritten tatverdächtigen Asylbewerber handelte es sich 2019 um einen Mehrfachtäter.
Für den seit 2016 sehr starken Rückgang der tatverdächtigen Flüchtlinge bieten sich zwei Erklärungen an. Zum einen ist es der Politik dank mühsam errungener internationaler Vereinbarungen gelungen, die Zuwanderung von Asylbewerbern seit 2015 von zunächst 890.000 auf 147.000 im Jahr 2019 zu verringern. Zum anderen belegt eine gerade veröffentlichte Studie des DIW beachtliche Erfolge bei der Integration. Hierzu zwei Beispiele: gut die Hälfte der männlichen Geflüchteten hat inzwischen einen Job. 90 Prozent der Zwölfjährigen sprechen Deutsch mit ihren Freundinnen und Freunden. Und selbst für die vielen Asylsuchenden, die keine Bleibeperspektive haben und auch deshalb oft Schwarzarbeiter oder Mehrfachtäter werden, gäbe es einen konstruktiven Ansatz. Der für Entwicklungshilfe zuständige Minister Müller hat ein großes, auf Freiwilligkeit basierendes Rückkehrprogramm vorgelegt. Aber leider hat er hierfür bisher nicht die nötigen Haushaltsmittel erhalten.
Christian Pfeiffer war bis 2015 Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen.
Quelle: ntv.de