Kino-"Tatort" mit Til Schweiger Bang Boom Bang am Bosporus
07.07.2018, 17:47 Uhr
Um seine Tochter zu retten, reist Nick Tschiller nach Istanbul.
(Foto: Das Erste)
Von wegen "Off Duty": Als Lenny Tschiller verschüttgeht, macht sich Papa Nick erst nach Istanbul auf, von dort nach Moskau, um das verlorene Nesthäkchen wiederzufinden. Der "Tatort" in der Sommerpause? Nicht mit Til Schweigers Tschiller.
Ein "Tatort" im Kino? Was ist denn das für eine Idee, kann das denn wohl klappen? Es konnte, und wie: 2,7 Millionen Kinobesucher sprechen für sich, der Titelsong ein Top-10-Hit, selbst der zweite Teil lockte noch 1,5 Millionen Zuschauer in die Kinosäle, keine schlechte Bilanz eigentlich. "Zahn um Zahn" hieß 1985 das Kino-Abenteuer mit Götz George alias Schimmi, auch der Nachfolger "Zabou" geriet zwei Jahre später durchaus zu einer Erfolgsstory des "Tatort". Nun gut, nicht jeder hat die Strahlkraft von Horst Tschi …, Verzeihung, Schimanski, aber mit "Keinohrhasen" und "Honig im Kopf" auf der Haben-Seite ist Schweigers Til ja nun auch alles andere als ein unbeschriebenes Blatt in Sachen Blockbuster.
Dass das mit dem Transfer von der Couch in den Kinosaal dennoch nicht so einfach ist, die Erfahrung musste der Sonntagabend-Ableger "Off Duty" vor zweieinhalb Jahren machen. 280.000 Zuschauer waren ein nicht eben opulentes Ergebnis, die Kritiken reichten von mäßig bis okay.

Es knallt wie immer ordentlich beim Schweiger-"Tatort".
(Foto: Nik Konietzy/NDR/Warner Bros./ARD/dpa)
"Verfolgungsjagd im Maisfeld wie in Hitchchocks 'Der unsichtbare Dritte'. Bedrohliche Schnitte auf Deckenventilator samt phsh-phsh-phsh-Geräuschen wie in 'Apocalpyse Now'", resümierte "Der Spiegel" und fand das Ganze "süß irgendwie". "Große Action für kleines Budget. Wer Nick Tschiller mag, wird 'Off Duty' lieben", befand "TV Spielfilm". Nun gut, die Wahrheit liegt wohl, wie so oft, in der Mitte.
Zum einen biegt sich der Plot natürlich unter Tonnen von Kino-Klischees: Killer mit Hals-Tattoos, schmierige Geschäftsleute, hier "Fuck", da "Shit", die MPs sitzen locker, die Gummiknüppel erst recht, entweder sind Sonne und Neon viel zu hell oder die Latüchten im Puff, im Knast, im Keller zu dunkel - dazwischen gibt es nichts.
Waffen statt Worte
Immerzu gibt es auf die Fresse, in den Nacken. Es wird über Dächer und Mauern gesprungen, in Autos, auf Leute, in den Krankenwagen. Wer das Glück hat, sich an den letzten regulären TV-Tschiller zu erinnern, kommt dem polternden Plot möglicherweise auf die Spur, für alle anderen gilt: Wer ein paar Filme mit Bud Spencer und Terence Hill gesehen hat, dürfte sich auch hier wenig Sorgen darum machen, die Story nicht zu verstehen. In kurz: Tschillers Tochter verschwindet am Bosporus, Papa muss sie wiederfinden, koste es, was es wolle. Soll heißen: So um die 50.000 Euro.
Wie er das hinbekommt, dafür gönnt sich dann sogar Das Erste auf der Seite der Mediathek einen zart-ironischen Unterton Richtung Krimi-Held: "So muss er wieder das tun, was er am besten kann: Er greift zur Waffe." Das allerdings gerät dann durchaus temporeich und kurzweilig und eigentlich ist damit alles gesagt, wobei - gesagt wird hier unterm Strich nicht allzu viel. Entweder zischen die Leute Halbsätze zwischen den zusammengepressten Zähnen hervor, machen eindeutige Kopfbewegungen oder, man ahnt es bereits, hauen sich gegenseitig die Lippe dick, sodass an normales Sprechen eh nicht mehr zu denken ist.
Nachdem das mit der neuen "Tatort"-Melodie schon nicht geklappt hat, revolutioniert Til Schweiger nun also wenigstens die Sommerpause. Dort, wo sich sonst im Juli die Spinnenweben bilden, da sorgt Nick Tschiller zumindest zwei Stunden lang dafür, dass es staubt und kracht und ächzt, die Fetzen, die Zähne, die Blutspritzer fliegen. Wem das zu viel ist, der hat ja noch die zweite Hälfte der Sommerpause, um sich davon zu erholen und auf neue Abenteuer aus Münster oder Kiel vorzubereiten.
Quelle: ntv.de