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Tag 4 im Gil-Ofarim-Prozess Experte analysiert sämtliche Videoaufnahmen

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Gil Ofarim (l.) und sein Anwalt Alexander Stevens an Tag vier vor dem Landgericht Leipzig.

Gil Ofarim (l.) und sein Anwalt Alexander Stevens an Tag vier vor dem Landgericht Leipzig.

(Foto: picture alliance/dpa)

Zum vierten Mal steht Gil Ofarim in Leipzig vor Gericht. Hier wird ihm der Prozess wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung gemacht. Im Fokus stehen jetzt sämtliche Videos vom entsprechenden Abend, die von einem Digitalforensiker ganz genau unter die Lupe genommen werden.

Es war Tag vier im medienträchtigen Prozess gegen Gil Ofarim. Der Sänger muss sich wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung verantworten. Eigentlich war er es, der das Hotel "Westin" in Leipzig im Oktober vor zwei Jahren in den sozialen Medien wegen eines angeblichen Falls von Antisemitismus öffentlich anklagte. Weil Belege für diese Anschuldigungen fehlten, steht nun stattdessen der 41-Jährige vor dem Landgericht Leipzig.

Nachdem am Dienstag bereits mehrere Zeugen zu seinen Ungunsten aussagten, sieht es auch am Tag darauf nicht viel besser für Gil Ofarim und seine Glaubwürdigkeit aus. Wie der "Focus" berichtet, hat als erster Zeuge des Tages ein Techniker die Manipulation der Überwachungsvideos, die Ofarims Version der Ereignisse widersprechen, ausgeschlossen. Es geht dabei um die Frage, ob Gil Ofarim wie von ihm behauptet seinen Davidstern an jenem Abend offen und für alle sichtbar getragen hat.

Die Videoaufnahmen sollen bereits vor den Ermittlungen der Polizei bei hotelinternen Untersuchungen etwaigen Zeugen gezeigt worden sein, bemängelte Ofarims Verteidiger Alexander Stevens, wozu der Techniker jedoch keine Aussage machen konnte. Den Anwesenden wurden dann auch die fraglichen Aufnahmen gezeigt. Vorab verließ einer von Ofarims Anwälten den Saal aufgrund von extremen Rückenschmerzen.

In den Videos zu sehen war Ofarim dem Bericht nach von dem Moment an, in dem er auf das Hotel zuging, bis zu jenem, als er seine Gitarre nahm und wieder verschwand. In der Zwischenzeit vergingen etwa 15 Minuten, in denen er telefonierte oder mit seinem Handy in der Hand auf dem Bordstein vor dem Eingang saß.

Richter soll befangen sein

Im Anschluss an diesen Programmpunkt wurde völlig unerwartet seitens eines Anwalts von Ofarim ein Befangenheitsantrag gegen den Richter eingereicht. Grund dafür war ein Vortrag zum Thema Extremismus, den dieser im März beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz und für Demokratie gehalten hatte. Gut eineinhalb Stunden war die Verhandlung daraufhin unterbrochen, ehe es dann aber doch in der alten Besetzung weiterging.

Gehört wurde nun die zweite Zeugin des Tages. Es handelte sich um die Shuttle-Fahrerin, die Gil Ofarim an jenem Tag erst zum Sender und von dort später zum Hotel brachte. "Mir wurde vorher gesagt, dass er schon etwas getrunken hatte, was er mit einem Lächeln abgetan hat. Er setzte sich zu mir auf die Beifahrerseite, was ungewöhnlich war. Er war aber nicht betrunken", wird sie von "Focus" zitiert. Man habe sich nett unterhalten, er habe ihr dann auch noch ein Buch von sich geschenkt. Es folgte eine Umarmung, ehe Ofarim seine Sachen aus dem Kofferraum holte und sie wieder fuhr.

"Er hatte eine braune Lederkette um den Hals, für mich wirkte es wie eine Gebetskette", berichtete sie weiter. "An eine silberne Kette mit einem Davidstern kann ich mich nicht erinnern, die musste ich im Nachgang erstmal googeln. Aber an diese Gebetskette kann ich mich zu 100 Prozent erinnern." Sie gab auf Nachfrage auch noch an, Ofarim habe mit ihr geflirtet. "Ja, er fragte mich, was ich danach noch mache - ich antwortete, dass Corona-Pandemie sei, der Job lang gehe und man nicht mehr viel machen könne." Im Gespräch sei es wohl auch noch um seine Kinder und seine Ex-Frau gegangen.

Digitalforensiker im Zeugenstand

Mit einiger Verspätung wurde dann Digitalforensiker Dirk Labudde in den Zeugenstand gerufen, der ein Gutachten zu dem Material aller vorliegenden Videos angefertigt hat. Zunächst schob einer von Ofarims Anwälten aber noch ein neues Video dazwischen. Dieses stammte aus dem Barbereich des Hotels. Anhand eines Sprungs in der Aufnahme war demnach zu erkennen, dass zwei Sekunden in der Aufzeichnung fehlten. Damit sich Experte Labudde das genauer ansehen und es "analysieren" könne, folgte die nächste Unterbrechung.

Bezogen auf die ihm bereits vorliegenden elf Videodateien, darunter die Reels aus dem Instagram-Kanal von Ofarim, die den Stein ins Rollen brachten, sagte Labudde schließlich, es handele sich um "das bestmöglichste und originäre Beweismaterial". Die Rohdateien lagen ihm demnach nicht vor. Des Weiteren wurden die Aufzeichnungen dreier Überwachungskameras analysiert: die in der Lobby nahe dem Eingang, die seitlich der Rezeption und die außen am Eingang. Alle Wege, die Ofarim in dieser kurzen Zeit gegangen ist, sein gesamtes Verhalten, wurden zerlegt.

Kette ja, aber Davidstern?

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Anschließend folgte eine genaue Betrachtung von Kleidung und Schmuck. Ersteres stimmte mit den Zeugenaussagen wohl weitgehend überein. Dass er eine Kette sichtbar trug, war auf vielen Aufnahmen ebenfalls zu erkennen. Ob deren Anhänger aber ein Davidstern war, konnte Labuddes Analyse weder verifizieren noch ausschließen. "Wir gehen davon aus, dass es sich um ein reflektierendes Objekt im Brustbereich handelt - welches Objekt das ist, können wir nicht sagen", zitiert "Focus" den Experten.

Die Anhörungen dreier Hotelangestellter am Donnerstag wurden kurz vor Feierabend gestrichen, ihre Aussagen sollen am Donnerstag nur vorgelesen werden. Stattdessen wird Dirk Labudde noch einmal wiederkommen, um seine Ausführungen fortzusetzen und vermutlich auch zu einem Ende zu bringen. Laut "Focus" ist dieser vierte Verhandlungstag auf Drängen der Anwälte Ofarims beendet worden.

Quelle: ntv.de, nan

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