Nach Studie zur NS-VergangenheitHeinz Rühmann verliert posthum Ehrenmedaille

Zeitlebens zählt Heinz Rühmann zu Deutschlands beliebtesten Schauspielern, auch wenn er zur Nazi-Zeit nicht auf Distanz zum Regime gegangen war. Nun sorgt eine neue Studie dafür, dass ihm eine Auszeichnung posthum aberkannt wird. So wie 13 anderen Film-Größen auch.
Schauspieler Heinz Rühmann zählt zu insgesamt 14 Film-Größen, denen eine einst verliehene Ehrenmedaille nun wieder entzogen wird. Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (Spio) zieht damit Konsequenzen aus einer Studie zur NS-Vergangenheit ihres Führungspersonals und der Preisträger.
Neben Rühmann gehören auch die Nazi-Propaganda-Filmemacherin Leni Riefenstahl, der ehemalige Berlinale-Leiter Alfred Bauer, der Regisseur August Arnold, Filmdiva Olga Tschechowa und Filmemacher Ludwig Waldleitner zu den betroffenen Personen. Die 14 Film-Größen wurden demnach bei einer vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in München durchgeführten Untersuchung als "NS-belastet" oder "NS-konform" eingestuft.
In einem Ausnahmefall wurde laut der Spio entschieden, die Auszeichnung nicht abzuerkennen: Bei Hilmar Hoffmann, dem ehemaligen Kulturdezernenten von Frankfurt am Main, stellten die Wissenschaftler des IfZ demnach eine Besonderheit heraus. Hoffmann habe sich nach 1945 zeitlebens "wirksam für eine kritische Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit eingesetzt und Akzente für eine künstlerische Gegenposition zum nationalsozialistischen Filmerbe gesetzt." Das Spio-Präsidium wertete dies als Beleg dafür, dass Menschen sich ändern und kritisch-selbstreflektiert aus Verfehlungen lernen könnten. Im Fall Hoffmann habe man sich daher für eine differenzierte Beurteilung entschieden, heißt es.
Neuer Preis statt Ehrenmedaille
Die Spio hatte die Studie zur NS-Vergangenheit nach eigenen Angaben vor dem Hintergrund des 100-jährigen Bestehens der Organisation in Auftrag gegeben. Motivation für die Untersuchung war zudem das aktuelle Erstarken rechtsextremer Ansichten in der Gesellschaft.
"Die Spio hat aus einer tief empfundenen gesellschaftspolitischen Verantwortung heraus entschieden, die NS-Vergangenheit des Führungspersonals der Spio sowie der Preisträger*innen der Ehrenmedaille wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen", erklärte Präsident Peter Schauerte. "Uns war klar, dass wir mit Belastungen von Personen aus der Vergangenheit und eigenen Fehlern konfrontiert werden. Elementar war, mit der Studie eine wissenschaftlich fundierte Basis zu haben, um adäquate Konsequenzen ziehen zu können."
Als weitere Konsequenz werde die Spio-Ehrenmedaille in ihrer bisherigen Form nicht mehr vergeben, kündigte die Organisation an. Stattdessen rufe man einen neuen Preis ins Leben, dessen Kriterienkatalog derzeit erarbeitet werde. "Dieser Preis wird zukünftig nicht nur besondere Leistungen und Verdienste für die Filmwirtschaft würdigen, sondern explizit auch das gesellschaftspolitische Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit", heißt es.
Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft vertritt nach eigenen Angaben die Interessen der deutschen Filmwirtschaft in den Sparten Filmproduktion, Filmverleih, Filmtheater und Audiovisuelle Medien. Als Dachverband von 14 Berufsverbänden repräsentiert sie demnach mehr als 1400 Mitgliedsfirmen. Ziel der Spio sei es, den deutschen Film in seiner Vielfalt, Qualität und internationalen Wahrnehmung zu stärken und seine Wettbewerbsfähigkeit als Wirtschafts- und Kulturgut zu sichern.